35| Die Wahrheit

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Estrela

Dieser Tag kann nur die reinste Hölle werden. Die Tür zu öffnen und dann direkt in das Gesicht meiner Mutter zu blicken, ist nicht gerade das, was ich mir heimlich wünsche. Würde mein Verhältnis zu ihr anders aussehen, wäre ich ihr vermutlich freudestrahlend in die Arme gesprungen und hätte mich gefreut, dass sie extra von Louisiana nach Nevada geflogen ist, um mich zu besuchen. Aber ich kann mich nicht freuen. Meine Mutter ist der Hinsicht kein schlechter Mensch, aber sie ist schon lange nicht mehr die Mutter, die mich aufgezogen hat. An dem Tag, an dem wir aus Nevada weggezogen sind, ist sie ein komplett anderer Mensch geworden. Sie hat mir nur noch vorgehalten, was ich tun soll und was das Richtige für mich wäre. Aber all die Dinge, wollte ich nicht. Mir war klar, dass ich mich vor ihr nicht ewig verstecken kann – sie ist und bleibt immer meine Mutter. Aber ich hätte nicht gedacht, dass ich ihr bereits so früh, wieder vor die Augen treten muss. Es macht sich Besorgnis und Wut in mir breit. Denn sie ist sicherlich nicht den weiten Weg gekommen, weil sie mich vermisst. Oh nein! So ist sie nicht. Sie wird versuchen mich zu überzeugen zurückzukehren – zu ihr, damit ich mein Studium fortführen kann, und zurück zu ... Matthew. Doch das werde ich nicht zulassen!

"Hallo, ich bin Kian Warren, ein Freund von Estrela. Und Sie müssen ihre bezaubernde Mutter sein." Bezaubernde Mutter?! Das ich nicht lache. Außerdem ist Kian ist viel zu höflich für seine Art. Aber es ist gut, denn wenn er sich jetzt wie ein Arschloch verhält, zerrt mich meine Mutter mit eigenen Händen, von hier weg.

"Ein Freund?", War klar, dass dies das Einzige ist, was bei ihr hängen blieb. Keine Begrüßung, rein gar nichts. Sie fragt sich nur, was so ein Typ, wie Kian, bei mir zu suchen hat. Auch wenn ich es ein wenig verstehe, warum sie verwirrt ist. Kian ist vom ersten Eindruck der typische Bad Boy und schreit nach Ärger, während ich das liebe Mädchen bin. Doch das bin ich nicht – nicht mehr zumindest. Ich blicke zu meiner Mutter, ihre Aufmerksamkeit gilt ganz allein bei Kian. Sie mustert ihn kritisch. Die Tattoos auf seinen Arm, das noch nasse Haar und dann ausgiebig sein Gesicht. "Sind Sie Boxer?", fragt sie, nachdem sie ihn ausgiebig betrachtet hat. Ich frage mich, wie sie jetzt auf so eine Frage kommt.

"Ja, Miss", antworte Kian ihr ehrlich.

"Habe ich mir schon gedacht. Ich erkenne einen Boxer schon von Meilen." Verwirrt runzelt Kian die Stirn. Ich blicke meine Mutter entsetzt an. "Schauen Sie nicht so, ich war über 30 Jahre, mit einem verheiratet. Außerdem hat Ihre Narbe in Ihrem Gesicht, Sie verraten." Ich schlucke. Meine scharfsinnige Mutter wendet sich zu mir. "Kannst du mir erklären, was dieser Mann hier bei dir macht?" Ich antworte ihr nicht, denn was sollte ich darauf erwidern? Mir fällt nicht mal eine logische Lüge ein, die sie mir abkaufen wird. Aber wenn meine Mutter mit meinem Vater spricht – was ich zwar sehr Bezweifle – und ihm sagen wird, dass Kian hier bei mir war, wird mein Vater Verdacht schöpfen und ich weiß, was er davon hält, wenn Kian und ich etwas miteinander haben.

"Meine Dusche ist kaputt, Miss. Ihre Tochter hat mir angeboten, ihre zu benützen." Die Lüge ist nicht schlecht, aber nicht so gut, dass sie es glauben wird.

"Soweit ich weiß, gibt es doch sicherlich Duschen in Ihrem Boxstudio." Und da haben wir es, sie hat die Lüge durchschaut. Kian schluckt und wirkt jetzt unsicher. Es ist nett von ihm, dass er mir helfen will, aber meine Mutter ist leider Gottes, zu schlau und merkt, wenn sie jemand anlügt.

"Ja, aber ich war hier in der Nähe und ... "

"Woher kennen Sie meine Tochter?", unterbricht sie ihn streng.

"Wir haben uns im Boxstudio kennengelernt. Kian ist ein Schüler von Dad. Aber ich sehe keinen Grund, mich vor dir jetzt rechtfertigen zu müssen, mit wem ich meine Zeit verbringe. Es ist viel passiert die letzten Wochen, Mutter. Du kannst hier jetzt nicht einfach auftauchen und dich so in mein neues Leben einmischen. Lass Kian aus der Sache raus und sag mir, warum du hier bist. Danach will ich, dass du gehst, und zwar nicht nur aus meiner Wohnung, sondern wieder zurück nach Louisiana!" Sie schaut mich zynisch an und scheint wie erwartet, mit der Antwort nicht zufrieden zu sein.

FIGHT FOR YOU - Gefährliches VerlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt