38| Eine Lektion

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Kian

"Kian!", brummt Jason sofort, als ich sein Büro betrete. "Hast du überhaupt eine Ahnung, wie knapp du an einer Anzeige vorbeigekommen bist?" Ich gebe einen genervten Laut von mir. Ja, ich habe tatsächlich Glück gehabt, dass mich das Arschloch nicht angezeigt hat oder dergleichen. Jason starrt mich ernst an, bevor er einen tiefen Zug von seiner Zigarette nimmt. "Was läuft da zwischen dir und Ela? Und lüge mich bitte nicht an. Ich habe schon längst bemerkt, dass da was zwischen euch läuft." Ich schnaube auf.

"Was willst du hören? Das ich sie ficke?" Jason wendet den Blick ab.

"Ich bin dein bester Freund, Kian. Du kannst mir die Wahrheit sagen. Ich werde dich nicht verurteilen."

"Na schön ... Ja, es stimmt. Zwischen Estrela und mir läuft etwas." Jetzt grinst mich Jason breit an, dass es mir fast schon Sorgen bereitet.

"Ich kann es nicht glauben, dass du dich verliebt hast!" Jason steht auf und klopft mir brüderlich auf die Schulter.

"Alter, was soll das?"

"Was das soll? Ich freue mich einfach für dich. Endlich hat es eine Frau geschafft, dass du dich in sie verliebst. Zwar hätte ich nicht damit gerechnet, dass es ausgerechnet Ela ist, aber Glückwunsch ... Ich hab' das Gefühl, sie bringt deine gute Seite zum Vorschein."

"Ich habe keine gute Seite", antworte ich nüchtern. Jason schüttelt den Kopf.

"Die hast du. Du musst dich nur mehr anstrengen, sie zu zeigen. Bleib nicht in der Vergangenheit stecken, Kian. Estrela ist eine kluge und nette Frau. Und du kannst sie schneller verlieren, als du denkst, wenn du immer nur in der Vergangenheit lebst."

"Ich lebe nicht in der Vergangenheit – meine Vergangenheit verfolgt mich und ich habe das Gefühl, sie holt mich jeden Moment ein." Fuck! Ich fahre mich durchs Haar und atme einmal tief durch.

"Dann versuche ihr zu entkommen." Wenn das nur so einfach wäre ...

X X X

"Kian!", begrüßt mich Harrison, als ich ins Studio komme. "Nächste Woche wird es ernst für dich. Ich hoffe, du fühlst dich bereit genug, um Kayden den Arsch aufzureißen." Ich lache.

"Klar, Boss." Ich schnappe mir die Bandagen und wickle sie um meine Hände, bevor ich ein paar Aufwärmübungen am Boxsack mache. Genug aufgewärmt, schaue ich mich im Studio um. "Wer ist mein Kontrahent?", frage ich meinen Trainer, da ich niemanden anderen im Studio sehen kann, was komisch ist, denn sonst treibt sich immer jemand hier um.

"Ich", sagt er. Ich schaue ihn überrascht an. Ich habe noch nie gegen ihn gekämpft und ich kann nicht sagen, ob ich mir Gedanken machen sollte oder es cool finden soll, das ich gegen meinen eigenen Trainer kämpfen darf. Immerhin war Harrison Clark ein erfolgreicher Boxer und staubte zahlreiche Preise ab. Obwohl er schon etwas älter ist und wegen seiner Verletzung, nicht mehr so fit ist, glaube ich dennoch, er hat noch einiges drauf. Ja, ich habe Respekt – und den sollte man auch haben – gegen ihn zu kämpfen.

"Okay." Ich verkneife mir ein Grinsen. Harrison schaut mich einen Moment an, bevor er sich, sein Shirt auszieht und sich Boxhandschuhe überzieht, bevor er mit mir in den Ring steigt. Okay, anscheinend braucht er keine Aufwärmung.

"Für mich kam einiges unerwartet", meint er und ich runzle verwirrt die Stirn und habe keine Ahnung was er damit meint. Aber ich denke nicht weiter darüber nach und konzentriere mich auf den bevorstehenden Kampf. Wir stellen uns auf Position und schauen uns an. Es ist ein merkwürdiges Gefühl, mit meinem Trainer gemeinsam im Ring zu stehen und gegen ihn jetzt zu kämpfen. Mal sehen, wie viel der alte Mann noch drauf hat. Der erste Schlag kommt überrascht, aber ich weiche geschickt zur Seite. Harrison zieht überrascht die Augenbrauen hoch. Tja, was hat er denn erwartet? Er weiß, dass sich sein bester Boxer bin. Den nächste Schlag, will ich verpassen, aber auch er weiß, wie er auszuweichen hat. Dabei bekommt er eine Chance und erwischt mich unvorbereitet, aber nicht hart genug, dennoch eins zu null für ihn. Ich sammle mich aber wieder schnell und lege diesmal zum Schlag aus, leider nur knapp daneben. "Und ich dachte, du hättest vom besten gelernt", grinst er und ich schüttele lachend den Kopf. Es folgen weitere, leider von mir daneben gehende, Schläge. Fuck! "Komm schon, Kian. Ich habe dich nicht jahrelang dafür trainiert, dass ich dich heute auf den Boden lege!" Angriffslustige kommt er auf mich zu. Ich beiße den Kiefer zusammen und setze zum Schlag aus, direkt gegen seine Rippen, was eine gute Stelle ist, um dem Gegner kurz aus der Puste zu bringen. Tatsächlich scheint er kurz außer Gefecht zu sein, aber er sammelt sich schneller, als gedacht "Das war gut, aber nicht gut genug!" Ein nächster Schlag trifft mich direkt in meinen Magen, was mich kurz krümmen lässt. "Kian, was ist los mit dir?", spottet Harrison. Ich stelle mich aufrecht hin, nur diesmal bekomme ich einen Schlag direkt ins Gesicht, bemerke daraufhin das Blut, das mir aus der Nase läuft. Fuck, ich habe nicht erwartet, dass es so schwer sein wird, gegen den Alten zu kämpfen. Ich wische mir das Blut von der Nase und setze einen kräftigen Schlag gegen seinen Kiefer. Der hat vermutlich gesessen, den er taumelt ein wenig zurück. Aber auch das scheint ihn nicht lange zu hindern. Er lacht, kommt auf mich zu und will mich ein weiteres Mal im Gesicht treffen, aber ich halte den Schlag ab, kassiere dafür einen gegen meinen rechten Arm. "Wenn du so weiter machst, schlafe ich ja noch ein." Ich schüttele den Kopf. Okay, er will also wirklich das ich aus mir herauskomme. Soll er haben! Diesmal treffe ich einen Schlag, der gesessen haben muss. "Gut", lobt er mich und knackst seinen Nacken.

FIGHT FOR YOU - Gefährliches VerlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt