16| Wut

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Kian

"Guten Tag, Mr. Warren", begrüßt mich die Krankenpflegerin.

"Hallo. Wie geht es ihr?" Ich mustere die junge Frau, die sich schon seit längeren Jahren, um sie kümmert.

"Sie hat gerade Schmerzmittel bekommen. Es kann also sein, dass sie etwas schläfrig ist", erklärt sie.

"Okay." Ich wende mich von ihr ab und mache mich auf den Weg zu ihrem Zimmer. Als ich eintrete, fällt mein Blick direkt auf sie. Ihre Haut ist noch blasser geworden, als das letzte Mal, wo ich zu Besuch war. Auch ihre blauen Augen verlieren immer mehr an Glanz. Sie streckt ihre zarte, knochige Hand nach mir aus. Ich gehe zu ihr, setze mich auf den Stuhl, der neben dem Bett steht und nehme zögernd ihre kalte Hand in meine.
"Ich habe dir Blumen mitgebracht." Ich zeige ihr den Blumenstrauß, den ich, bevor ich hergefahren bin, noch besorgt habe. Sie lächelt sanft und mustert den Strauß. Sie legt ihre Hand, die zittert, auf meine Wange. Ich schließe die Augen – nicht wissend, was ich über diese Berührung denken soll.

"Du bist so ein guter Junger", flüstert sie. "Und so schön!" Ich öffne wieder die Augen. Ihr Blick liegt liebevoll auf mir, aber ich weiß, dass sie mich niemals so geliebt hat, wie sie es tun soll. Trotzdem sitze ich jede Woche einmal hier und spende ihr Beisein, weil ich der Einzige bin, den sie noch hat. Und weil sie die Einzige ist, die ich noch habe. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch sie geht und ich endgültig ...
"Kian?", meint sie mit brüchiger Stimme. Ich blauen Augen mustern mich eingehend. "Er ... er ist hier." Ich sehe sie mit gerunzelter Stirn an.

"Wer ist hier?", frage ich sie verwirrt.

"Pass auf! ... E-er ist gefährlich." Ihr Druck in meiner Hand wird fester. Meine Anspannung steigt.

"Wer ist gefährlich? Sag mir, von wem du sprichst." Mein Herz beginnt kräftiger zu schlagen. Ich habe keine Ahnung, von wem sie redet.

"Dein ... Vater." Ich reiße meine Hand aus ihrer, lasse die Blumen achtlos auf den Boden fallen und wende mich von ihr ab. Am Fenster stütze ich mich mit den Händen ab, und blicke mit leerem Blick nach draußen.

"Ich habe keinen Vater", meine ich kühl. Wütend wende ich mich ihr wieder zu. Meine Fäuste sind geballt und sind kurz davor, auf etwas einzuschlagen. Ich sehe sie mit kaltem Blick an. Ihr Ausdruck ist regungslos und sie sagt nichts mehr. "Du kannst so etwas nicht sagen!" Immer mehr Wut, übernimmt meinen Körper. Ich trete wieder an ihr Bett. Ihr Blick ist verloren an mir vorbei gerichtet.

"Er war dein Vater", sagt sie leise. Ich balle die Fäuste noch fester zusammen. Sie hat keine Ahnung, was sie da sagt. Was haben die ihr verabreicht?

"NEIN!" Ich fahre mir durch das Haar. "Du hast immer gesagt, du wüsstest nicht, wer mein Vater ist!" Sie senkt den Kopf. Ich muss hier raus, bevor ich mich vergesse. "Wer ist er? Wie ist sein Name?" Wenn sie wirklich die Wahrheit erzählt, muss sie auch seinen Namen wissen. Sie reißt erschrocken auf meine Frage, die Augen auf.

"Nein! ... Kian. Halt dich fern von ihm!" Ihre Stimme ist mit Panik erfüllt. Fast würde ich denken, sie macht sich Sorgen um mich. Aber das hat sie noch nie getan.

"SAG MIR SEINEN NAMEN!", brülle ich. Sie zuckt zusammen. Die Tür wird aufgerissen und die Pflegerin erscheint mit besorgter Miene. Fuck! Die können ihre Besorgnis in den Arsch schieben!

"Mr. Warren, was ist hier los?", fragt sie mich.

"Wer hat sie außer mir, noch besucht?" Wütend wende ich mich nun an die Pflegerin.

"Kommen Sie bitte mit raus, Ihre ..."

"NEIN!", unterbreche ich sie sofort. "Ich möchte sofort wissen, wer sie besucht hat!"

FIGHT FOR YOU - Gefährliches VerlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt