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Kian

Mein Mädchen heute Morgen früh zu verlassen, ist mir nicht leicht gefallen. Ich hasse es. Vor nicht mal 24 Stunden hat Costello sie noch in seiner Gewalt gehalten und jetzt muss ich sie wieder alleine lassen. Aber solange Domenico Costello noch am Leben ist, kann ich keinesfalls ruhig bleiben. Ich muss dem endlich ein Ende machen. Dann ist da natürlich auch noch seine Tochter – meine verdammte Halbschwester.

"Du bist gekommen", sagt Gabe, als ich in den kühlen, kahlen Eingang trete, der zu verschiedenen Zellen im Dark Palace führen.

"Ich will dem ein Ende machen", knurre ich und sehe ihm starr in die Augen, um meinen Worten Nachdruck zu verleihen.

"Ich weiß, Kian ... Ich auch" Er seufzt und ich sehe das große Aber schon. "Julien." Natürlich! "Er gibt nicht auf, Informationen über seine Geschäfte heraus zu bekommen."

"Er ist im Weg", erwidere ich kühl. Julien Torros war ja am Anfang ganz hilfreich gewesen, aber jetzt nervt er gewaltig. Ich weiß, dass Gabriel ihm einiges Schuldig ist und dabei ist die Befragung an Costello mit eingeschlossen. Aber ich meine, jeder Idiot weiß, dass Costello lieber sterben würde, als jemals über seine geheimen Geschäfte etwas Preis zu geben. Schließlich ist sein Tod, nicht das Ende, seiner dreckigen Drogengeschäfte. Gabriel fährt sich durch das Gesicht. Ich weiß gar nicht, was er so am überlegen ist. Er will doch Costello genauso gern umbringen, wie ich es will. Schließlich hat Costello seine Eltern umgebracht.

Ich mustere ihn, bevor ich tief und genervt aufseufze. "Wir geben ihm noch ein bisschen Zeit. Bring mich stattdessen zu ihr. Ich habe ihr einiges zu sagen."

"Na gut. Aber nimm dich in Acht, das ist da drin eine kleine Kratzbürste."

"Keine Sorgen. Mit ihr komme ich schon klar."

"Das sagst du jetzt", murmelt Gabe noch, bevor ich einen von Gabes Männern folge, der mich zu ihr führt.

Die Metalltür geht mit einem lauten knarrenden Geräusch auf. Wie jeder Raum ist dieser auch nur mit einem Stuhl in der Mitte und einem Tisch an der Seite ausgestattet. Heaven sitz auf dem Stuhl, ihre Hände hinter dem Rücken zusammengebunden. Sie trägt ein weites Shirt, das ihr über eine Schulter hängt und eine schwarze Lederhose, die einige Dreckspuren hat, dazu Stiefel mit hohen Absätzen, die zur Sicherheit auch am Stuhl befestigt sind. Ich habe gehört, sie hat diese Hacken schon in die Weicheier einer von Gabes Handlanger, getreten.

"Hallo, Bruder", spuckt sie das Wort heraus, als ihr Blick auf mich fällt. Sie regt das Kinn.

"Ich bin nicht dein Bruder", sage ich nüchtern. Ihre Augen verrenken sich zu Schlitzen.

"Was ist mit meinem Vater? Habt ihr ihn getötet? ... Ich schwöre euch, wenn ihr das getan habt, bringe ich euch alle um, ihr verdammten Wichser!", faucht sie aufgebracht und rüttelt an den Fesseln.

"Wusstest du von mir?", frage ich nüchtern, verschränke die Arme vor der Brust, ignoriere bewusst, ihre vorherige Aussage. Ich mustere sie eindringlich, nur um zu sehen, ob wir Ähnlichkeiten zueinander haben. Wir haben zwar nicht die gleiche Mutter, dafür leider den gleichen fucking Vater. Sie ist ganz hübsch, wenn ich das so beurteile. Ihre dunkelbraunen Haare langen ihr bis zu den Schultern. Ihre Gesichtszüge sind ausgeprägt und sie hat volle Lippen und eine spitze Nase. Ihre Augen sind genauso so grau wie meine mit einem Tick blau darin, je nach Lichteinfall.

"Was starrst du mich so an, hijo de puta!" Ich hatte nie das Verlangen eine Frau zu schlagen und auch jetzt verspüre ich es nicht. Sie kann mich beleidigen so viel sie möchte. Ich werde keine Frau schlagen. Niemals. "Ich weiß das du der Sohn einer Hure bist. Ja, ich wusste von dir. Schon sehr lange." Ich presse den Kiefer aufeinander. Sie hat keine Ahnung, wer ihr Vater wirklich ist. Was er getan hat. Was er mit ihrer Mutter getan hat.

FIGHT FOR YOU - Gefährliches VerlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt