58| Stille

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Kian

Es ist still. Zu still. Stille die ich nicht gewohnt bin. Ich höre nicht mal meinen eigenen Atem. Es ist, als wäre ich in einem Raum. Es ist alles weiß. So weiß, dass es mich blendet. Ich schließe die Augen. Versuche etwas zu empfinden, etwas zu spüren. Aber da ist nichts. Ich fühle nichts.
Ich öffne meine Augen, sehe auf meine Hände. Sie sind dunkelrot. Dunkelrot wie Blut. Mein Oberkörper ist nackt. Keine Verletzungen, kann ich an mir aus machen. Wo kommt das verdammte Blut her? Es läuft an meinen Händen regelrecht herunter. Das Weiß unter mir wird rot, verschluckt regelrecht die helle Farbe, als würde sie das Weiß auffressen. Meine Augen schließen sich wieder.
Es ist so verdammt still. Ich halte es nicht aus. Es erdrückt mich.
Diese Stille, ist wie die verdammte Hölle.

X X X

Ich schlage auf den Boxsack immer und immer wieder ein. Es sind jetzt genau zwei Tage vergangen, seit Costello mit seiner Tochter weg ist und bis jetzt, ist es still. Aber dies ist sicher nur die Ruhe vor dem Sturm.
Ich habe gedacht, mein Leben würde endlich etwas Licht bekommen, als Estrela in dieses getreten ist. Es war auch für einen Moment hell und ich habe mich mit ihr glücklich gesehen und gefühlt – das tue ich natürlich immer noch. Ich bin verdammt nochmal glücklich, dass ich sie habe und weil sie das Beste ist, was mir je passieren konnte. Aber in diesem Leben, das, was mich verfolgt, passt sie nicht hinein. Wenn ich könnte, würde ich sie loslassen, damit sie die ganze Scheiße nicht ertragen muss. Doch das kann ich nicht, weil genau sie die ist, die mir die ganze Kraft gibt, das durchzustehen. Es ist egoistisch, ich weiß. Doch ich habe ihr bereits gesagt, dass ich sie mit meinem Leben schützen werde. Ich würde mir eine Kugel für sie einfangen.

Meine Bewegungen werden langsamer, bis ich nur noch mit schwerem Atem auf den Boxsack starre. Der Schweiß läuft mir über den nackten Oberkörper und meine Muskeln brennen höllisch.
„Hey", höre ich ihre sanfte Stimme hinter mir. Ich drehe mich zu ihr um. Sie lehnt am Türrahmen meines Fitnessraumes. Ihr Ausdruck ist nachdenklich und besorgt, als ihr Blick auf meinen Körper fällt. Sie betrachtet die Wunde, die von dem Messer stammt, das mir Costellos Männer in den Körper gerammt haben. Ich versuche meine Atmung wieder unter Kontrolle zu bringen, als ich daran zurückdenke. Das Boxen hilft mir eigentlich, runter zu kommen. Aber diesmal hat es nur das Gegenteil bewirkt und den Wunsch in mir hervorgerufen, meine Hände um Costellos Kehle zu legen und zuzudrücken, bis das Leben aus seinen Augen weicht.

Estrela kommt auf mich zu. Mein Puls beruhigt sich ein wenig. Obwohl ich verschwitzt bin, legt sie ihre Hände auf meine Brust. Es ist unglaublich, wie mein Körper dabei abebbt, als sie mich berührt. Ich habe mich getäuscht. Nicht das Boxen ist es, das mich entspannt, sie ist es. Sie war es immer. "Ich liebe dich", flüstert sie. Ich lächele sie breit an, dann schließe ich sie in eine innige Umarmung. Sie kreischt auf. "Ewww ... du bist völlig durchgeschwitzt!", schimpfst sie und entlockt mir ein weiteres Grinsen. Sie ist so süß.

"Dann müssen wir wohl duschen gehen!", lache ich.

"Du. Du musst duschen gehen!", meint sie ernst, aber sie trägt ein Lächeln auf ihren schönen Lippen.

"Wirklich?" Ich sehe auf sie herab und werfe sie dann über meine Schulter.

"Kian!", kreischt sie wieder. Ein Schlag auf ihren Hintern, lässt sie augenblicklich verstummen. Sie schnappt erschrocken nach Luft.

"Oh, das hast du nicht getan!" Ich grinse und führe uns hoch ins Badezimmer.
Sie zappelt und ihre süßen Schläge auf meinen Rücken, halten mich nicht davon ab, uns gemeinsam in die Dusche zu stellen.
Ich lasse sie herunter, drehe das Wasser auf und ... Shit! Eiskaltes Wasser strömt über unsere beiden Körper und lässt uns aufkeuchen. Schnell drehe ich auf eine angenehmere Temperatur zurück.
„Kian! Meine Sachen!" Ich versuche mein Lachen zurück zu halten, aber es gelingt mir nicht. Sie greift nach dem Duschstrahl und hält ihn mir direkt in das Gesicht. Ich schließe die Augen und greife blind nach ihrer Hand. Danach gegriffen, sehe ich sie gespielt böse an.

FIGHT FOR YOU - Gefährliches VerlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt