erste Nähe

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Dieses Kapitel wird wieder etwas ruhiger und auf jedenfall ein wenig überraschend, was unseren sonst so gefühllskalten Einzelgänger, Daryl, angeht.

Viel Spaß


Das kann doch einfach nicht sein.
„Nein, nein, nein“, weine ich.
Der Wind streift durch meine Haare und sie fliegen wild umher. In meinem Gesicht kühlt die Tränenflüssigkeit meine heiße Haut.
Immer wieder schüttele ich den Kopf und bemerke langsam, wie er hinter mir steht und mich verständnislos anschaut.
„Wieso hast du das getan?“, wimmerte ich, mit gesenktem Blick, „Warum lässt du mich nicht entscheiden?“
„Weil das keine Option ist.“, antwortet er ruhig.
„Was willst du mir über eine Option erzählen?“, frage ich ihn vorwurfsvoll.
Ich stehe auf, drehe mich zu ihm und balle meine Hände zu Fäusten.
„Antworte mir! Wie soll ich weiter leben? Wie soll ich all das jemals vergessen? Ich fühle mich leer und dreckig. Benutzt wie ein Stück Vieh.“
„Du sollst nichts vergessen.“, gibt er zurück.
„Ich hasse alles und jeden um mich herum und am allermeisten hasse ich mich selbst. Dafür, dass er das tun konnte, dafür das ich mich nicht weiter gewehrt habe und dafür, dass ich dich jeden Tag sehe. Du machst mich schwach.“, schreie ich ihn nun an. Alle Bewohner schauen uns an und scheinen schockiert darüber zu sein, was sich ihnen bietet.
„Du bist Daryl Dixon. Du bist stark. Du hast Carol und deine Gruppe, du bist nicht allein du brauchst nichts weiter.“, schreie ich weinend.
„Das ist nicht wahr, ich habe nicht das, was ich will.“, sagt er nun mit ernstem Blick, „Aber genau weil ich nen Dixon bin, nehm ich mir was ich will und ich lass bestimmt nicht zu, das solche Drecksschweine mir das kaputt machen.“
„Was willst du denn dann von mir?“, schreie ich wütend.
„Raffst du es nicht?“, schreit er nun ebenfalls mit seiner tiefen und rauen Stimme, als er wütend die Arme in die Luft hebt.
Mir wird das alles zu viel und ich will davon laufen aber er lässt mich nicht.
„Maya, glaubst du im Ernst, ich lass dich nach der Aktion noch einmal aus den Augen?“, fragt er nun direkt vor meinem Gesicht?!
Ich schlucke kurz und Stelle klar,
„Keine Angst, ich falle dir nicht weiter zur Last.“
Dann laufe ich in die Richtung meines Hauses und renne auf mein Zimmer.
Morgan steht plötzlich vor mir und schaut mich an, wie ich zitternd und weinend zu Boden sinke.
Er setzt sich vor mich, schließt die Arme um mich und hält mich fest.
„Mach sowas nie wieder!“, bittet er ruhig.
Nach etlicher Zeit, hebt er mich hoch, legt mich auf mein Bett und deckt mich sorgfältig zu. Ich liege einfach nur da und starre in die Leere.
„Darf ich herein?“, fragt Daryl plötzlich.
Morgan nickt und geht zur Tür,
„Eskaliert das hier wieder, kriegst du eine. Sie hat sich eben erst beruhigt.“, flüstert er Daryl zu.
Dieser nickt und schließt die Tür hinter Morgan.
Daryl setzt sich hinter mich, aufs Bett und ist wieder einfach nur hier.
„Es war mein erstes Mal“, flüstere ich traurig.  
„ Nein.“, sagt er, „War es nicht.“
Ich weine immer weiter und bekomme schon das Gefühl,als hätte ich gar keine Tränen mehr übrig bis ich irgendwann einschlafe.
Als ich erwache, sitzt Daryl immer noch hinter mir und war eingenickt.
Ich richte mich ein Stück in die sitzende Position auf und betrachte ihn.
Warum tut er das alles nur? Es passt nicht zu ihm so anhänglich zu sein.
Er schlummert ganz friedlich und ich muss das erste Mal leicht lächeln als ich ihn betrachte.
„Du bist wach?“, fragt er plötzlich.
„Ja.“, sage ich knapp und drehe mich von ihm weg.
„Du hast mich angestarrt!“, sagt er amüsiert.
„Quatsch.“, sage ich lügend.
„Du siehst mich gar nicht mehr an. Wieso nicht?“, fragt er nun.
„Ich erkenne in deinen Augen Mitleid.“, sage ich.
Daryl kneift die Augen zusammen und schüttelt kurz den Kopf,
„Mitleid? Das erkennst du? Dann schau genauer hin!“, drängt er.
„Was meintest du damit, dass du nicht das hast was du willst?“, frage ich nun als er eine Hand hinter meinen Kopf legt und mein Gesicht an Seines zieht.
Mein Herz beginnt zu rasen und ich weiß gar nicht was das soll als er seine Lippen auf meine legt und mich das erste Mal küsst. Das ist mein erster richtiger Kuss und er fühlt sich, genau in diesem Moment, so belebend an. Unsere Zungen berühren sich vorsichtig als würde er sich langsam heran tasten und uns beiden ist bewusst, dass er die Zügel in der Hand hat.
Mein Herz klopft mir bis zum Hals und ich glaube zu verbrennen als ich bemerke wie sich sein Atem beschleunigt. Meine Finger ertasten seine raue Hand und streichen zart über sie.
Er stammelt beim Küssen die Worte,
„Nei….n…i..ch…..“ und bricht schließlich diesen Kuss ab.
„Es tut mit Leid. Ich hätt das nicht tun dürfen.“, erklärt er schwer atmend.
„Aber nun hast du deine Antwort. Mehr brauchen wir darüber nicht reden.“, sagt er.
Ich weiß keine Antwort auf das eben geschehene und schweigen liegt nun eine Weile zwischen uns, als er es bricht
„Du würdest eine perfekte Dixon abgeben.“, sagt er, sich am Hinterkopf kratzend.
Ich starre ihn nur ungläubig an.
„Ich bin schon echt nich gut mit dieser Gefühlsscheisse aber du bist noch sturer.“, sagt er plötzlich.
„Willst du mich verarschen?“, frage ich sauer.
„Maya, du willst kein Mitleid und ich werd dir auch keins geben. Aber dann sage ich auch das, was ich will.“, stellt er klar.
Er hat Recht. Das letzte , das ich will ich sein Mitleid. Er soll mich behandeln wie jeden anderen aber selbst das, geht nach diesem Kuss nicht mehr.
„In Ordnung also was willst du noch sagen?“, frage ich entgegen kommend.
„Keine Selbstmordversuche mehr! Ich bin jederzeit hier wenn du mich sehen willst aber  wenn du das nochmal machst, folge ich dir um dir in den Arsch zu treten.Klar soweit?“, will er wissen.
„Klar.“, verspreche ich.
Was ist los mit ihm? Daryl ist nicht der Typ für Gefühle und Nähe.
„Kann ich dich etwas fragen?“, sage ich vorsichtig.
Er nickt und hört gespannt zu.
„Wieso das alles? Wieso jetzt?“
„Wieso, weiß ich nicht. Gibt es für sowas Gründe? Was es ist weiß ich auch nicht. Ich kenn sowas bisher noch nich und es ist nicht erst jetzt so, sondern seit Anfang an frisst es mich fast auf..“, gesteht er.
„Was wird das jetzt in Zukunft?“, frage ich ihn.
„Keine Ahnung. Wenn es dir nicht so geht wie mir, dann sags einfach.“, fordert er.
„Kann ich nicht.“, erkläre ich ihm.
„Alles klar. Dacht ichs mir. Ich kann mich jedenfalls nich mehr von dir fernhalten. Ich habs versucht. Ich komm dagegen nicht an.“, sagt er ernst.
„Musst du nicht.“, sage ich
„Wir haben Zeit.“, sagt er schulterzuckend.
„Gut“, stimme ich ihm fast lächelnd zu.
Ich überwinde meine Sturheit und lege meinen Kopf an seine Schulter, was er mit einem Kuss auf meine pechschwarzen Haare, quittiert.  
Ich spüre wie sein Herz schlägt und sich sein Körper beim Atmen bewegt und irgendwie gibt er mir das Gefühl von Sicherheit.
Hat dieser Eisklotz mir gerade seine Gefühle gestanden? Für mich? Ich dummes Ding ohne Erfahrungen und mit völlig kaputter Seele?
Ich gestehe mir ein, dass er sich wirklich bemüht, in der letzten Zeit auch wenn ich es mir nicht erklären kann, weil ich mich selbst einfach zu sehr hasse im Moment. Ich war auch noch nie, das engelsgleiche Wesen aus der Nachbarschaft und wenn ich ihn betrachte kann ich es eben einfach nicht glauben. Er sieht unfassbar gut aus, wenn man nicht gerade auf den typischen Milchbubi steht. Diese Art ist allerdings in dieser Welt sowieso ausgestorben, denke ich und muss etwas grinsen. Daryl ist einzigartig, würde ich behaupten. Ok, ich kenne nicht viele Redneks, genau genommen nur diesen Einen aber er ist irgendwie völlig perfekt. Von innen wie von außen. Es ist das erste Mal, seit damals, dass ich so intensiv über ihn nach denken muss. Ich kann das nicht zu ordnen aber es fühlt sich angenehm an.
„Daryl?“, spreche ich ihn nun an und er blickt fragend in meine Richtung.
„Ich würde gern raus. Also so richtig meine ich.“.
„Denkst du, es ist schon an der Zeit dafür?“, fragt er mich.
„Ja, denn ich fühle mich irgendwie eingesperrt. Ich war die letzten Jahre immer unterwegs. Mir fehlt das.“, erkläre ich.
„Also gut.“, nickt er, „ Pack deinen Kram. Wir fahren in zwanzig Minuten los um Besorgungen zu machen.“
Ich lächele ihn dankbar an und er verlässt das Haus.
Ich flitze ins Bad um mich frisch zu machen und mir fallen sofort die Verletzungen auf. Ich habe irgendwie ein Camouflagemuster auf der Wange. Drücke ich dagegen tut es noch ziemlich weh aber ich versuche,  Daryl zu Liebe, für diesen Tag die Gedanken etwas bei Seite zu schieben. Ich wasche also mein Gesicht, kämme meine Haare und schlüpfe in eine blaue Jeans, ein schwarzes, enges Shirt und steige in meine Chucks.
Meinen Beutel werfe ich über die Schultern. Wenigstens meine Messer sind noch in ihm enthalten denn, meine Waffe hat Daryl an sich genommen.
Als ich die Haustür hinter mich schließe, steht plötzlich Carol vor mir und mustert mich mit einem bösen Blick.
„Carol, kann ich dir Helfen?“, frage ich sie trotzdem freundlich und streiche mit der Hand meine Haare hinter mein Ohr.
„Du?“, lacht sie auf, „Du konntest ja nicht mal dir selbst, gestern Abend, helfen.“
Ich schaue sie verwirrt an und schnalle endlich, dass sie böse Gedanken hegt und mir gerade mitgeteilt hat, das ich mich am besten hätte umbringen sollen.
„Glaub mir, ich habe Hilfe bekommen.“, rutscht es mir heraus und ich schwöre, ich sagte es ohne bösen Hintergedanken als ihre flache Hand auch schon meine verletzte Wange trifft. Ein Ruck durchzieht mein Gesicht und ich schüttele mich ganz kurz um wieder bei Sinnen zu sein.
„Da ging bisher jeder Schlag daneben.“* keift sie nun als Daryl ihren Arm packt und sie bei Seite nimmt. Maggie und Glenn laufen auf mich zu.
„Maya, ist alles ok?“, fragt Glenn nun besorgt aber ich winke nur ab und versichere, dass es mir gut geht.
„Was ist denn hier los Carol?“, fragt auch Maggie nun.
„Sie ist los. Alles wird sie zerstören. Sie hätte Daryl beinahe auf dem Gewissen.“, schreit Carol nun mit großen Augen.
„Sei still! Das ist nicht wahr.“, greift Daryl nun in das Gespräch ein, „Ich erkenne dich nicht wieder. Fass sie niemals wieder an!“, droht er ihr nun, packt mich am Arm und zerrt mich Richtung Motorrad.
„Es tut mir leid.“, sagt er zu mir, „Carol meint es nicht so.“
„Oh doch, das tut sie. Daryl, sie liebt dich.“, sage ich.
„Steig auf.“, antwortet er nur knapp und ich bemerke, dass er davon nichts hören will.
Der Motor springt an, Glenn öffnet das Tor und wir fahren davon.
Unterwegs streifen überall Beißer an den Straßenrändern herum und strecken die Arme nach uns aus aber natürlich sind wir zu schnell.
Ich klammere mich an ihm fest und lege mein Gesicht in seinen Nacken als ich spüre, wie er den Kopf leicht nach hinten drückt um mir zu zeigen, dass er es erwidert.
Kurze Zeit später biegen wir nach links in eine Straße ein und gelangen in eine kleine Siedlung. Es wirkt fast wie in Alexandria, nur ohne Mauern. Ein kleines Häuschen reiht sich an das andere und zu jedem gehört eine Garage und ein kleiner Vorgarten. Hier hatten die Menschen sicher ein schönes Leben.
Wir halten an dem ersten Haus und Daryl stellt sein Bike genau in der Einfahrt ab.
„Wir haben diese Häuser bisher noch nicht kontrolliert, weil es nicht wichtig war aber ich denke, wir beide können schon mal aufräumen.“, grinst er nun voller Vorfreude, sich abzureagieren.
Daryl, nimmt eine Machete in die Hand und geht langsam auf den Eingang des Hauses zu. Seine Armbrust ist in der Tankstelle abhanden gekommen. Es wirkt fast als hätte man ihm einen Arm oder so genommen.
Ich halte eins meiner Kampfmesser in meiner rechten Hand und bin jederzeit bereit für diese Biester.
Raum für Raum kontrollieren wir ordentlich aber es ist nur ein Beißer im Badezimmer eingesperrt und den darf wenigstens ich erledigen. Langsam öffne ich die Tür einen kleinen Spalt, bis der Untote, seinen Kopf hindurch steckt. Dann drücke ich mich mit aller Körperkraft gegen die Tür und ramme ihm, mit einem Ruck mein Messer in die Schädeldecke. Es knackt kurz und der Beißer fällt nun, endgültig tod, zu Boden.
Daryl zündet sich erstmal eine Zigarette an, als wenige Minuten später ein ohrenbetäubendes Geräusch durch meinen ganzen Körper zieht. Ich halte mir panisch meine Ohren zu und renne zu einem der Fenster im Wohnzimmer.
„Verdammte Scheiße.“, brüllt er wütend.
„Daryl, schalt den Dreck aus. Sie werden alle angelockt.“ ,schreie ich panisch denn die ersten Beißer überqueren gerade die Straße zu uns.
Ich erkenne wie er sein Jagdmesser aus dem Gürtel zieht und sich auf den kleinen Tisch stellt. Das Messer rammt er unter den Feuermelder und löst ihn endlich ringsherum ab. Das Teil fällt zu Boden und er springt noch einmal rauf bis es endlich zerbricht.
Ruhe haben wir schon mal aber die Viecher kommen nun von allen Seiten auf das Haus zu.
„Musste das sein, Dixon?“, schimpfe ich.
„Ich sag ja immer, dass mich die Kippen eines Tages umbringen.“, amüsiert er sich.
„Wir müssen uns erstmal verbarrikadieren oder so.“, schlage ich vor als Daryl mich die Treppen hoch zerrt und eine Leiter aus der Decke zieht.
„Klasse, der Dachboden.“, sage ich beruhigt und klettere die Leiter nach oben.
Die Luft ist rein , Daryl kommt hinterher und zieht die Leiter hinter sich wieder ein. Hier kommen sie wenigstens nicht rauf.
Das wird wohl unser Nachtlager, obwohl bis zum Sonnenuntergang noch viele Stunden vor uns liegen.
Wir finden sofort einige alte Klamotten und Decken um uns warm zu halten in der Nacht und suchen uns eine kleine Ecke in der wir uns erstmal niederlassen.
„Jetzt können wir nicht wegrennen.“, stellt er mit ruhiger Stimme fest.
„Ja, es sind einfach zu viele von ihnen.“, sage ich als er mich ernst ansieht.
„Ich meinte nicht die Beißer.“, erklärt er.

Die letzte Rose Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt