Teil 2 Der Ring

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Als Jaselaya ihre Augen aufschlug glaubte sie, sich übergeben zu müssen, doch jede noch so kleine Bewegung fühlte sich an, als wolle ein Dämon aus ihrer Haut entfliehen. Kein Dämon, bloß der mächtigste Ring der Welt...
„Wie?" fragte Jaselaya und ließ sich von Tauriel aufhelfen.
„Shhh..."
„Bitte i-ich weiß nicht was, wie...?"
„Es ist alles gut."
„Nein, ist es nicht. Was ist los mit mir? Was ist in mir, was versucht aus meinem Körper zu brechen, was ist stärker als alles was ich jemals fühlte? Warum ist der Abgrund näher als je zuvor?"
Tauriel fand, nun könne sie Jaselaya alles erzählen, ohnehin würde sie es herausfinden, wenn sie es nicht schon ahnte.
„Das ist der Ring Jaselaya. Das ist warum Du diejenige bist, die alle hassen, die alle fürchten. Das ist es, was du bist."
Jaselaya sah sie unter glasigen Augen an, bis ihr Blick leer und kühl wurde.
„In dieser Nacht verband sich der Ring mit mir. Er hat mich genommen um zu überleben. Er hat diesen Körper gewählt, weil es das erste war, was er fand. Es war das Stärkste was er fand."
Jaselaya fragte sich wie sie all das so schnell begreifen konnte, es war überwältigend.
Der Ring hatte sie gewählt und sich mit ihr verbunden. Sie war der Ring! In diesem Moment der Finsternis hatte der Ring sich mit der reinen Seele Jaselayas verbunden. In dem einen Moment indem der Ring noch nicht vollständig in der Lava versank, in den einen Moment, indem der Ring niemals seinen Träger wechselte, nur seine Form und Gestalt. In dem einen Moment indem Jaselaya das erste Mal die Augen aufschlug und indem Dunkle sah.
Der eine Moment, der alles entschiedenen Stunde.
„Ihr habt es alle gewusst," sagte Jaselaya und schaute mit leerem Blick zu Tauriel. Sie hatten es alle gewusst und sie angelogen. Sie hatten ihr verschwiegen, wer sie wirklich war!
Tauriel fehlten die Worte, um sie vom Gegenteil zu überzeugen und sie wollte sie nicht anlügen, nicht noch mehr.
Jaselaya jedoch lächelte und sagte mit traurigem Unterton: „Und was werdet ihr tun?"
„Wir haben bereits die Gefährten gerufen, sie werden kommen um über alles weitere zu entscheiden..."
„Du meinst wohl eher über mein Schicksal und meinen Tod!"
Tauriel nickte stumm. Jaselaya sog geräuschvoll die Luft ein.
Jaselaya stand auf und schaute zu Tauriel, die noch immer an der Bettkante saß und sie anschaute.
Jaselaya wäre jetzt gerne allein, um zu weinen. Sie würde es nicht tun, wenn sie hier war. Doch sie verstand ihre unausgesprochene Frage nicht, deshalb sprang Jaselaya kurzerhand aus dem Fenster um etwas zu rennen. Der Ring!
Das war ihre Mordlust! Das war ihr Gefühl, wenn sie es mochte, wenn jemand litt! Das war ihre größte Angst und Stärke. Das war, was sie liebte und hasste. Jaselaya jedoch hatte nicht vor, in Selbstmitleid zu ertrinken, deshalb beschloss sie einfach das alles zu überstehen, bis ihr Schicksal bestimmt. Sie würde alles ohne Widerspruch über sich ergehen lassen, doch was wenn sie sterben sollte? Würden sie über ihren Tod reden? Mit Sicherheit, doch was viel eher der Fall war, war, dass sie nun verstand, warum der König Rohans sie so dringend mitnehmen wollte. Er wollte ihre Macht, ebenso der Unbekannte Herr der Orks. Sauron war tot, er musste es sein! Schließlich war der Ring nun eine Elbe, Jaselaya hoffte inständig, nicht auch noch vom Hexenkönig begehrt zu werden, das würde alles nur viel schlimmer machen. Stundenlang grübelte sie so und fragte sich, wie lange es dauern möge, bis alle Gefährten eintrudeln und bereit wären all das zu entscheiden. Wenn sie sich nicht irrte, dachte sie, Legolas gehöre auch zu den Gefährten, ebenso Aragorn und Gandalf, der Zauberer. Wobei sie sich nicht vorstellen könnte, dass er kommen würde. Legolas würde also auch über ihren Tod bestimmen. Wie scheußlich! Die Hobbits... sie würden doch nicht tatsächlich die Hobbits einladen, oder? Und was war mit Gondor? So viele unbeantwortete Fragen. Zu den Hobbits gehörte auch Frodo... nein, welch ein dummer Gedanke, Jaselaya schüttelte den Kopf, er war doch in den unsterblichen Landen, weit weg von alledem. Das sollte er auch. Er sollte frei von all dem sein und glücklich. Nein, er durfte nie wissen, dass der Ring wieder da war, das er nie zerstört ward.
Bitte lasst ihm aus all dem raus! Zieht ihn nicht mit herein!
Schrie Jaselayas innere Stumme, doch ein anderer Part in ihr freute sich darauf, denn schließlich war er ihr Held, der stärkste Held, den sie aus all den Geschichten kannte. Und sie kannte viele. Ihre eigene, so mickrige, in Selbstmitleid und Verrücktheit getränkte Geschichte war so unbedeutend und schrecklich. Das mit dem Ring würde ihr bereits so chaotisches Leben um noch so vieles chaotischer machen. Sie würde niemals aufhören, das war ihr klar. Obwohl sie sagen musste, dass sich das Wasser viel stärker anfühlte, seitdem sie den Ring aus dem Siegel gebrochen hatte. Ein Siegel, welches ohnehin irgendwann geplatzt wäre. 

Nach 2 Wochen begann sie wieder mit dem Training. Man hatte ihr verboten, von der Macht des Ringes Gebrauch zu machen, da der dunkle Herr das spüren würde, doch so einfach war das nicht. Mit kleinen Wutanfällen und impulsivem Verhalten kamen sie in der nächsten Zeit immer besser aus, vor allem, da so einige Teller an den Wänden landeten. Beim trainieren war es das Wasser und der Ring und ihre Macht geriet oft außer Kontrolle. Beinahe hätte sie einen Berg gesprengt. Dann aber lernte sie schnell und konnte ihre Macht gezielt einsetzen. Sowohl die des Ringes, als das unterdrücken dieses. Wobei es ein befreiendes Gefühl war, wenn das Wasser aus ihr schoss und die Macht des Ringes ein paar viele Bäume in der Umgebung mit sich riss. Trotzdem, Jaselaya war gut darin, es zu unterdrücken. 

Er schaute auf das glitzernde Gewässer. In blauen wunderschönen Tönen, genau wie seine Augen, in der selben Farbe strahlend. Also war er wirklich wieder da! Es war als bräche eine Welt zusammen. Er hatte es gewusst, all die Zeit.
„Es ist nicht deine Schuld!" hörte er die tiefe Stimme des Zauberers hinter ihm.
„Ach ja? Ich glaube das war sie. Und selbst wenn nicht, fühle ich mich schuldig, schuldig für dieses Mädchen, welche nun auch die Last tragen muss, welche ich mein ganzes Leben lang trage."
„Willst du sie sehen?" Er wusste, es würde ihm nicht gut tun, doch es war, was ihm womöglich sehr wichtig.
„Ja! Das ist mein Verlangen, ich will sie sehen!"
Seine Augen strahlten noch heller als zuvor. Ja, er wollte sie sehen und ihr helfen.
„Aber vergiss nicht. Sie ist nicht nur der Ring, sie ist auch die Elbe, die Tochter Galadriels."
„Ja, wie könnte vergessen?"
„Das tun die Meisten."
„Ich nicht."
Der Zauberer nickte und lächelte freundlich. Denn er wusste was er sah. Er sah nicht bloß das Wasser, er sah die Elbe, ihr langes lockiges Haar, ihre Augen, die so strahlten, ihr zartes Gesicht und ihre langen Beine. Sie lag auf einem Bett, mit weißen Decken und eine durchsichtige, kaum erkennbare Träne floss ihre Wange herab. Wie schön sie war, dachte der Junge. Er stand auf einer geschwungenen Brücke.
Wie jung er aussah, der Junge mit den blauen Augen und der braunen Latzhose. Wie schön seine Stimme war und wie rein sein Verlangen. Sein flattriges, milchig-weißes, legeres Oberteil wehte im warmen Wind und seine braunen, welligen Haare ebenso. Dann drehte er sich zu dem Zauberer mit dem weißen Bart um und lächelte glücklich: „Ja, ich will sie sehen!"
Es war der Ringträger Frodo.

Lith Asche

Die Elbe des Wassers ___Meine größte SehnsuchtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt