"Erzähl!", forderte Sophie aufgeregt. "Nein, du zuerst!", wollte ich. Sie gab nach und grinste mich frech an.
"Also, erst mal: es war toll! Bei dir auch?" Ich nickte. "Jetzt lenk nicht ab!"
"Jaja", erwiderte sie augenverdrehend. "Du bekommst die Kurzfassung, es klingelt nämlich gleich. Also, er hat mich zu Hause abgeholt und sogar über die schrägen Witze meiner Mum gelacht, die dummerweise die Tür geöffnet hat."
Ich musste lachen. Wenn Sophies Mum versuchte witzig zu sein, war ihr Lachen meistens so ansteckend, dass man über den schlechten Witz trotzdem lachte. "Du hättest es ahnen und schon früher fertig sein müssen, um an der Tür zu warten!" Mein nachträglicher Rat brachte ihr jetzt zwar auch nichts mehr, aber ich wusste genau wie man vermied, dass seine Mutter den Typen sah. Hätte ich gewusst, dass Ethan mich abholt, hätte ich draußen gewartet. Allerdings hätte meine Mum dann vermutlich trotzdem aus dem Küchenfenster gespannt.
"Ich musste aber noch passende Schuhe suchen!", verteidigte sie sich. Sophie war, was Pünktlichkeit anbelangte auch nicht immer so gut. Vielleicht färbte ich ja ab? Sie fuhr fort: "Tja, nachdem ich das überlebt hatte, sind wir ins Kino gefahren, und er hat mir die Tür aufgehalten! Total gentlemanlike, oder? Und dann durfte ich den Film aussuchen und er hat mich eingeladen. Und er hat einen Megabecher Popcorn gekauft, weil ich ihm erzählt hab, wie sehr ich Popcorn liebe. Ist das nicht süß?" Das war tatsächlich total süß, musste ich zugeben. "Und dann? Habt ihr euch geküsst?" Ich platzte vor Neugierde.
"Nein, aber ich schätze, das war besser so.", sagte sie und klang dabei trotzdem enttäuscht. "Aber er hat irgendwann im Kino den Arm um mich gelegt und er hat am Ende gesagt, wie toll er das Treffen fand, und wie toll er mich findet." Zum Ende hin wurde ihre Stimme quietschend. Ich kreischte leise auf, und umarmte sie dann. "Das ist super!"
Der Gong unterbrach unser Gespräch. "Ich muss los!" Sophie kam plötzlich total in Hektik. "Ich erzähl dir in der Pause die neusten Gerüchte über dich und Ethan, ok? Und du schuldest mir noch eine Geschichte!", rief sie im Weggehen und die Leute sahen sie komisch an, aber ich musste nur grinsen.
Hadley ließ sich erst zum Ende der nächsten Pause wieder blicken, und tauchte bei Sophie und mir auf, als wir schon beinah fertig mit Erzählen waren. Ich kannte zusätzlich zu der Grundfassung noch mehr Details von Sophies Treffen, was hauptsächlich Schwärmereien waren, wie heiß und süß und alles mögliche Colin doch wäre. Ich hörte mir alles an und erzählte dann von meinem Date und wie großartig es war. Ich konnte nicht verhindern, anschließend ein fettes Grinsen auf dem Gesicht zu haben.
Es waren zwar meinerseits noch einige Fragen offen, wie zum Beispiel zur Party, aber ich würde sie schon noch stellen und nicht vergessen. Außerdem hatten wir nicht besprochen, was wir in der Schule machen würden. War seine Anspielung von meinem Kuss an ihn auf hinter der Schule oder auf einen öffentlichen Kuss bezogen? Und waren wir dann offiziell zusammen? Trotz allen Fragen konnte ich nicht anders, als Hadley ein riesiges Lächeln zu zu werfen, als sie sich zu uns setzte. Und das, obwohl sie letztes Mal rumgezickt hatte und wir seitdem nicht mehr geredet hatten. Das war wahrscheinlich ein Beweis für mein Schweben auf Wolke sieben. Aber es gefiel mir auf der Ethan- Wolke. Dort wollte ich bleiben.
Da Hadley nicht vorhatte mehr als ein "Hey" rauszurücken, wandte ich mich wieder Sophie zu. "Und was war das mit den Gerüchten über mich?"
"Es gibt eine Menge Spekulationen. Aber ihr wurdet zweimal gesehen, vor der Schule und als er dich zum Klassenzimmer begleitet hat. Manche sagen, ihr seid zusammen, manche sagen nur Freunde, aber die meisten glauben es gar nicht, dass ihr zusammen gesehen wurdet. Das ist das Beste. Melisa Jones aus meinem Englischkurs hat mir heute Morgen allen Ernstes weiß machen wollen, du selbst hättest in die Welt gesetzt, dass er dich begleitet hat, damit du besser da stehst und beliebter wirst. So eine Schlampe, ihr glaubt gar nicht wie blöd sie geschaut hat, als ich ihr erzählt hab, ich hätte euch mit eigenen Augen beim rummachen gesehen." Sie fing an zu kichern und bekam sich fast nicht mehr ein. Ich musste auch mitlachen. Melisa und ich hatten noch nie einen guten Draht miteinander gehabt.
"Ich hab auch davon gehört.", mischte sich Had ein. "Allerdings hat man mir erzählt, er würde dich nur ausnutzen wollen." Ich schluckte. Das war gemeiner, aber ich war mir sicher, dass es nicht stimmte. Aber allein der Gedanke gab mir einen Stich und ich fing an Ethan zu vermissen. Ich hatte ihn heute noch nicht mal gesehen, wusste aber auch nicht, wie ich mich verhalten sollte, wenn ich ihn sah. Sophie und Hadley fingen ein Gespräch über Sophies Date an, und Had war wie immer. Ich musste dringend mit ihr reden, so konnte es nicht weitergehen. Allerdings hatte sie mir erzählt, dass Ethan da war, sie hatte ihn im Bus gesehen. Ich beschloss, ihm eine SMS zu schreiben.
Ich:
Wo bist du?
Eine Minute später vibrierte mein Handy mit seiner Antwort, und ich musste schmunzeln, als ich auf den Absender sah. Nicht rangehen. Tja, meine Einstellung hatte sich diesbezüglich radikal geändert. Ich würde sofort rangehen, wenn er anrufen würde.
Nicht rangehen:
Nicht weit von dir, wie immer. Du siehst hübsch aus heute. Bereit es öffentlich zu machen oder nicht?
Ich erwägte kurz aufzukreischen und es meinen Freundinnen zu erzählen, lies es dann aber bleiben. So war die Überraschung später auch für sie größer. Allerdings hatte ich noch einen Zweifel.
Ich:
Können wir zuerst noch reden?
Es war möglicherweise lächerlich, zuerst reden zu wollen, aber es waren noch so viele Dinge ungeklärt und ich wollte auch nichts überstürzen. Ob er böse war? Sicherheitshalber schickte ich eine SMS hinterher, um zu zeigen, dass ich es ernst meinte.
Ich:
Hast du Lust heute zu mir zu kommen?
Er war noch nie bei mir, und zusätzlich hatte ich heute Nachmittags sturmfrei. Perfekt. Mit halbem Ohr lauschte ich dem Gespräch meiner Freundinnen, aber mit wenig Konzentration. Ich musste wissen, ob er sauer war, oder ob es für ihn in Ordnung war.
Als es endlich vibrierte, zuckte ich zusammen und das bemerkte Sophie sofort. "Was ist los?" Ihr Blick war misstrauisch und skeptisch. Ich erwiderte diesen Blick mit einem unschuldigen Grinsen. "Ethan hat mir geschrieben.", gab ich zu. Sophie musterte mich und lächelte dann mit. Hoffentlich sah ich gut aus, denn es bestand die Hoffnung, dass Ethan herkäme. Seit wann machte ich mir um so etwas Gedanken? Ich sollte die Hormone dringend abstellen und stattdessen die SMS lesen.
Nicht rangehen:
Alles klar, ich komme gern. Um wie viel Uhr?
Ich war total erleichtert, auch wenn ich es selbst nicht zugeben würde. Es morgen öffentlich zu machen, reichte mir völlig. Ich schrieb ihm noch kurz die Uhrzeit und wandte mich dann wieder meinen Freundinnen zu.
"Naa, wieder bei uns?", fragte Sophie neckend und ich streckte ihr die Zunge raus. "Was schreibt er?", wollte Had wissen, und ich erzählte ihnen, dass ich ihn für heute Mittag eingeladen hatte. Dabei strahlte ich, was in letzter Zeit öfter der Fall war, und Sophie freute sich auch, das sah ich ihr an. Nur Hadley schien in Gedanken versunken, und hörte mir nur halb zu.
Das erinnerte mich wieder an meine Gedanken von vorhin. Ich musste mit Hadley reden, sie musste eine Erklärung für ihr merkwürdiges Verhalten vorlegen, sonst würde ich noch verzweifeln. Eine böse Stimme in meinem Kopf raunte mir zu, dass sie eifersüchtig war. Aber auf was? Auf meine Dates? Etwa auf Ethan? Ich dachte sie hat einen Freund, den sie liebt. Was war mit Nate? Oder gönnte sie mir mein Glück nicht? War sie der Meinung, Ethan hätte keine zweite Chance verdient? Ich brauchte Antworten auf meine Fragen, und zwar sowohl von Ethan, als auch von Hadley.
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Closer to you
Teen FictionEigentlich führt Olivia Winter ein ganz normales Leben. Neben guten Noten in der Schule hat sie zwei beste Freundinnen und ihre Familie und lebt so glücklich ihren gewohnten Alltag. Das ändert sich, als auf einmal ein neuer Schüler in ihre Jahrgangs...