Kapitel 49

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Wenig später lag ich an ihn gekuschelt auf meinem Bett. An meinem Freund. Es fühlte sich neu und ungewohnt, aber gleichzeitig schön an, es nur zu denken. Was wäre dann erst, wenn ich ihn irgendjemandem als meinen Freund vorstellen würde?

Bei dem ganzen Gedanken an Freund und Freundin, fiel mir eine nicht unwichtige Frage ein. "Kann ich dich was fragen?", sagte ich und hob meinen Kopf von seiner muskulösen Brust, um ihn kurz anzusehen. Er nickte. "Natürlich."

Ich hatte Angst er würde das kindisch finden, aber meine Neugierde siegte. "Wie viele Freundinnen hattest du schon?" Er blieb kurz still und sagte dann mit fester Stimme: "Drei."

Ich schluckte, aber ich war sowieso davon ausgegangen, dass er schon welche hatte. Drei waren im Vergleich zu meinen Vorstellungen noch wenig. "Warum hat es nicht geklappt?", fragte ich weiter. Er erzählte mir von seiner ersten Freundin, mit der es nicht funktioniert hatte und von seiner zweiten, die nach einem Jahr Beziehung umgezogen war. "Wir haben es zwar versucht mit der Fernbeziehung, aber es hat nicht geklappt."

"Und die dritte?", fragte ich unsicher. Sein Gesicht bekam bittere Züge. "Sie hat sich einen besseren gesucht." Mehr als ein "Oh....", könnte ich nicht sagen. Dann schob ich noch schnell ein "Das ist scheiße." hinterher. Er nickte, und fing dann urplötzlich an zu lächeln. "Die Beste ist sowieso die Vierte!" Zwei Sekunden später realisierte ich, dass ich gemeint war und konnte nicht anders, als ihn anzulächeln. Ging es noch süßer?

Sein "Und du?", brachte mich dann aber doch etwas aus der Fassung. Ich konnte ihm nichts erzählen. Die einzigen, die die Geschichte kannten, waren meine Mum, mein Dad, Sophie und Hadley. Sonst niemand.

"Nur einen.", sagte ich leise, und auch von ihm kam nichts, als wartete

er auf noch mehr Infos. "Ich rede nicht gerne darüber." Er schwieg kurz, und legte dann seinen Arm um

mich, um mich noch näher an ihn zu ziehen. "Du musst mir nichts erzählen, wenn du nicht willst." Ich hatte gehofft, dass er so etwas sagen würde, und war dankbar dafür. Es ging nicht. Ich konnte es ihm noch nicht sagen. Irgendwann vielleicht, denn was Robert mir angetan hatte, würde ich nicht vergessen.

"Es war..." Ich musste schlucken, aber die kleine Information hatte er verdient zu wissen. "..keine schöne Trennung. Eher eine furchtbare." Mehr ging nicht.

"Erzähl es mir einfach, wenn du soweit bist, okay?" Seine Stimme klang nachdenklich, aber sanft. Ich nickte an seine Brust und fuhr vorsichtig mit der Hand über seinen Bauch. Seine Bauchmuskeln spannten sich sofort an, was mich beeindruckte. Ich spürte deutlich den Ansatz eines Sixpacks, das ich beim Schwimmen schon gesehen hatte. War das beabsichtigt oder eine Reaktion auf meine Hand? Ich fing an kleine Kreise auf seinen Bauch zu malen, es war irgendwie beruhigend. Beide in Gedanken versunken lagen wir da, in gemeinsamer Stille.

Irgendwann fing ich an müde zu werden, aber ich wollte auf keinen Fall einschlafen, also setzte ich mich vorsichtig auf und fuhr mir durch die Haare. Ethan's Augen beobachteten mich aufmerksam. "Alles klar?", fragte er. Ich nickte. Ich war wirklich glücklich, ihn zu haben. Er war wie eine zweite Hälfte, und ich hatte nicht vor, ihn so bald wieder abzugeben. "Hast du Lust einen Film zu schauen?", fragte ich ihn. Er stimmte zu, und wir gingen ins Wohnzimmer, um dort fernzusehen.

"Such du einen Film aus, ich gehe uns Popcorn machen.", wies ich ihn an und zeigte auf die Schublade mit den DVDs. Dann ging ich in die Küche, um dort das Popcorn in die Mikrowelle zu schieben und mit zwei Gläsern und einer Flasche Cola zurück zu ihm zu gehen.

Als ich diese abgestellt hatte und wieder in die Küche wollte, zog Ethan ruckartig an meinem Arm, so dass ich auf ihn aufs Sofa fiel. "Hey!", protestierte ich lachend. Er schlang seine Arme um meine Taille und zog mich auf seinen Schoß, sodass ich auf ihm saß. "Hab ich dir schon gesagt, wie hübsch du heute aussiehst?", flüsterte er und zog meinen Kopf langsam zu sich. Die Schmetterlinge in meinem Bauch flatterten fröhlich. "Nein, aber du kannst es ruhig noch ein paar mal sagen.", erwiderte ich und sah noch sein Grinsen, bevor er seine Lippen an meine legte. Würde ich mich irgendwann an das Gefühl seiner Lippen gewöhnen? Die Explosion in meinem Bauch stimmte eindeutig für nein. Es würde sich immer unglaublich berauschend anfühlen Ethan zu küssen.

Das Piepen der Mikrowelle holte mich wieder in die Gegenwart zurück. "Ethan, verdammt, das Popcorn!" Ich riss mich von ihm los und sah ihn von oben herab böse an. "Wenn es jetzt verbrannt ist, bist du Schuld!"

"Warum ich denn?", fragte er unschuldig, aber ich sah sein verstecktes Grinsen. "Weil du mich abgelenkt hast!", sagte ich und drehte mich dann um, um nach dem Popcorn zu schauen. "Jederzeit wieder Darling!", rief er mir noch hinterher, und ich konnte nicht anders als zu lachen.

Als ich mit dem glücklicherweise nicht verbrannten Popcorn zurück ins Wohnzimmer ging, lief schon der Fernseher. Ethan hatte die DVD eingelegt und das Licht ausgemacht. Er lag jetzt auf dem Sofa. "Legst du dich zu mir?", fragte er und so einem Angebot konnte ich natürlich nicht widerstehen.

"Was schauen wir?", fragte ich und bekam prompt die DVD Hülle in die Hand gedrückt. "White House Down", ein Actionfilm mit Channing Tatum und Jamie Foxx.

"Oh mein Gott, ich liebe Channing Tatum! Er ist so heiß!" Mein Mund hatte schneller gesprochen, als ich denken konnte. Scheiße, hoffentlich war Ethan nicht sauer deswegen. Aber er lachte, was ich als gutes Zeichen sah. "Aber ich bin heißer, oder?", fragte er und grinste versaut. "Hmm, ein bisschen.", antwortete ich.

Er baute sich über mir auf, und drückte seinen Körper an mich. Ich war unter ihm gefangen. "Ein bisschen?", knurrte er. Ich war mir sicher, er würde mich wieder küssen, aber stattdessen fing er an mich zu kitzeln. Ich kreischte los und hatte bald Tränen in den Augen vor Lachen. "Aufhören!", japste ich zwischendurch, als ich zwei Sekunden Luft bekam.

Er hörte kurz auf und hielt meine Arme fest. "Sag es!", verlangte er. Ich stellte mich dumm und fragte: "Was denn?", doch mit meinem Grinsen verriet ich mich und er startete die nächste Kitzelattacke. "Ist ja gut, ist ja gut. Ich gebe auf!", rief ich lachend. Er hob fragend die Augenbraue. Ich seufzte und verdrehte die Augen. "Du bist viiiiel heißer als Channing Tatum!"

"Na geht doch, braves Mädchen!", grinste er. "Ich wusste gar nicht, dass du kitzelig bist." Ich blickte ihn böse an, und wusste, er würde es jederzeit wieder nutzen, um mich zu ärgern. "Ach komm schon her!", sagte er dann und zog mich wieder an sich, um dann endlich den Film zu starten.

Der Film war zwar sehr spannend, aber ich kannte ihn schon, und zusätzlich ging von Ethan eine Wärme aus, die mich ganz schläfrig machte. Irgendwann konnte ich nicht mehr verhindern, dass mir die Augen zu fielen.

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Von leisen Stimmen, die aus dem Treppenhaus kamen, wurde ich wach. Ich lag in meinem Bett, stellte ich fest. Oh nein, ich war wirklich eingeschlafen. Wo war Ethan? Ich stand auf, und lief die Treppe runter, um dort im Flur meine Eltern und Ethan vorzufinden. Heilige Scheiße, meine Eltern und Ethan. Auf einen Schlag war meine Müdigkeit verschwunden und ich polterte die letzten Stufen hinunter.

"Ähm Hallo!", unterbrach ich meinen Dad, der gerade auf Ethan einredete. "Ihr seid aber früh da! Ähm, also Mum, Dad, das ist Ethan. Ethan, das sind meine Eltern. Wir sind jetzt...zusammen.", sagte ich leise und kleinlaut, denn so hatte ich mir das erste Zusammentreffen nicht vorgestellt. Ich sah zu Ethan, der bestätigend nickte, und wie zum Beweis meine Hand in seine nahm.

"Das wissen wir schon, Ethan hat sich uns vorgestellt und wir haben uns ein wenig unterhalten.", sagte meine Mum lächelnd. Wenn Sie lächelte, hoffte ich, mochte sie Ethan. "Genau." mischte sich mein Dad noch mit ein. "Ethan, hättest du nicht mal Lust zu uns zum Grillen zu kommen?" Ethan lächelte und nickte. "Sehr gerne, aber jetzt muss ich leider gehen."

"Ich bring ihn noch zur Tür.", sagte ich schnell und zog Ethan zur Haustüre. Er verabschiedete sich jedoch noch bei meinen Eltern. Trotzdem war ich froh, als wir draußen waren. Es war weniger schlimm gelaufen als erwartet.

"Tut mir leid, ich hätte dir sagen müssen, wann sie kommen. Warum bin ich auch eingeschlafen?", ärgerte ich mich über mich selbst.

"Das macht doch nichts. Deine Eltern sind echt nett." Ich nahm seine Hand und wir liefen die Einfahrt runter zu seinem Auto. Als ich mein Spiegelbild in der dunklen Scheibe sah, erschrak ich. "Ich sehe furchtbar aus!" Meine Haare standen in alle Richtungen ab und ich sah total müde aus. Ich versuchte sie mit den Händen zu glätten, jedoch ohne Erfolg. Ethan lachte und schüttelte den Kopf. "Ich finde, du siehst süß aus." Natürlich wurde ich bei seinen Worten sofort rot und sah auf den Boden.

Eine sanfte Hand hob sachte mein Kinn hoch und zwang mich, Ethan in die Augen zu sehen. "Bis morgen.", flüsterte ich und streckte mich nach oben, um ihn kurz zu küssen. Er küsste mich zurück und öffnete dann die Tür, um einzusteigen. "Bis morgen, Liv. Und vergiss nicht, du schuldest mir immer noch einen Kuss in der Schule."

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