Wir setzen uns auf die Couch, die, zugegeben, ziemlich bequem ist.
„Ich hab gestern noch mit deinem Bruder geredet. Er hat mir erzählt, dass du Angst vor Spritzen hast, aber nicht immer vor Ärzten. Stimmt das?"
Ich nicke. „Ich weiß nicht genau, warum das so ist. Untersuchungen sind eigentlich ganz okay, nur bei Impfungen falle ich immer in Ohnmacht." Ich ziehe die Schultern hoch und sehe den Arzt an, der sich übers Kinn streicht.
„Hm. Und vor was hast du genau Angst? Nur vor den Spritzen oder auch vor dem Schmerz?"
„Vor allem eigentlich.", gebe ich zurück und lehne mich an die Sofalehne.
„Verstehe.", murmelt Jayden und überlegt kurz. „Hättest du was dagegen, dich auf die Liege zu legen?" Er sieht mich an und lächelt.
„Warum denn? Kann ich nicht hier sitzen bleiben?" Etwas ängstlich verschränke ich die Arme vor der Brust.
Er seufzt. „Ich hätte eine Idee, wie du die Impfung nicht richtig bemerken würdest."
„Ich dachte, du wolltest nur mit mir reden?" Panisch springe ich auf und weiche zurück, als Jayden ebenfalls aufsteht.
„Emma, vertrau mir. Wenn ich gesagt hätte, dass ich dich impfen werde, dann wärst du gar nicht erst aufgestanden und hättest dieses Zimmer betreten, hab ich Recht?" Seine Stimme ist sanft geworden, als er sieht, wie ich mit den Tränen kämpfe. Es macht mir selber zu schaffen, jedes Mal Angst zu haben, wenn es heißt, dass ich eine Spritze bekommen werde.
„Hey", flüstert er sanft, „wir bekommen das hin, okay?" Seine Finger fangen eine Träne auf, die über meine Wange rollt. „Wenn du mir vertraust, dann wirst du nichts merken, ja?"
Ich gucke ihn nur aus verweinten Augen an und zucke die Schultern. Wie oft habe ich mir schon angehört, dass es nicht wehtut und schnell vorbei ist. Wenn man allerdings, wie ich, Angst hat, dann können diese Sekunden, Stunden sein.
Jayden hält mir seine Hand hin, die ich zögerlich ergreife. Warum ich das jetzt mache, weiß ich auch nicht, aber ich glaube er hat eine Chance verdient, auch wenn es wahrscheinlich nichts an meiner Angst ändern wird.
Sanft setzt er mich auf die Liege und holt sich diesen typischen Arztstuhl, der Rollen hat.
„Gibst du mir einen Versuch, deine Angst erträglicher zu machen oder vielleicht sogar verschwinden zu lassen?"
Ich schließe kurz die Augen und nehme meinen ganzen Mut zusammen. Dann nicke ich und lege mich hin.
Der Arzt lächelt erfreut und legt seine Hände in den Schoß.
„Erzähl mir etwas von dir.", bittet er mich und lächelt.
Irritiert sehe ich ihn an und räuspere mich kurz. „Über mich gibt es nicht so viel, was ich erzählen könnte. Nur, dass ich früher in Deutschland gewohnt habe und dann hierher gezogen bin."
Er lächelt und fragt weiter:„Und was hast du in Deutschland so gemacht?"
„Ich hab unendlich gerne Fußball geguckt und war sogar im Stadion, aber nach dem Tod meiner Eltern habe ich kein Fußballfeld mehr betreten und auch kein Spiel mehr geschaut, weil es mich einfach zu sehr an diesen Tag erinnert."
Ich blinzel die Tränen weg, die sich in meinen Augen sammeln und versuche zu lächeln. „Es ist nicht einfach, so etwas aufzugeben, aber ich würde gerne mal reiten. Kennst du vielleicht jemanden, der ein Pferd hat?"
Schnell habe ich mich wieder gesammelt, trotzdem verschwindet der forschende Blick in Jaydens Augen nicht. Seine Hand streicht langsam über meinen Arm.
„In der Tat kenne ich jemanden. Mira. Sie ist die beste Freundin von Indiana und Björn,ihr Bruder, arbeitet hier. Miras Familie hat einen großen Hof und soweit ich das mitbekommen habe, nimmt Indiana bei ihr Reitstunden."
„Cool, ich kann sie ja mal anschreiben."
„Klar. Und sonst so? Was habt ihr so in Deutschland gemacht? Urlaub?", löchert er mich weiter.
„Wir haben sehr viele Urlaube gemacht.", schwärme ich und schließe die Augen. Sofort höre ich das Rauschen des Meeres in meinen Ohren und die salzige Luft, die immer am Strand ist, wenn man vor dem Wasser steht.
„Wir waren zum Beispiel an der Ostsee, an der Nordsee und auf einer Insel, Sylt. Von da aus sind wir mit einem Schiff nach Dänemark gefahren. Ich glaube das war der schönste Urlaub. Das Wetter war schön, es war nicht zu heiß und alle hatten gute Laune."
Lächelnd öffne ich meine Augen und sehe Jayden an. „Die gemeinsamen Urlaube werden immer das Schönste sein. Auch wenn diese jetzt ohne meine Eltern stattfinden, werde ich sie immer in Erinnerung behalten."
Jayden schaut mich lächelnd an und deutet auf meinen Oberarm, auf dem ein Pflaster klebt. „Ich hab die Methode gefunden, dich abzulenken.", freut er sich und strahlt mich an.
Erst jetzt wird mir bewusst, dass er mich extra ausgefragt hat und fange an zu strahlen. „Wow, ich hätte niemals gedacht, dass ich bei einer Impfung mal so entspannt bin.", meine ich und lache leicht.
Meine Brüder werden Augen machen, wenn ich denen das erzähle!
Plötzlich öffnet sich die Tür und Chris kommt herein, der sehr aus der Puste zu sein scheint.
„Nanu?", fragt er, als er auf uns zu kommt, „keine Tränen und kein Geschrei?"
Nickend strahle ich ihn an und schmeiße mich in seine Arme.
„Jayden hat es geschafft, eine Möglichkeit zu finden, wie ich mich entspanne und nichts mehr mitbekomme."
„Na, das ist doch super. Danke, Jay.", bedankt sich mein Bruder bei ihm, als wir ihm kurz alles zusammengefasst haben, „dann können wir dir ja endlich eine Spritze geben ohne das alle Angst haben, dass du gleich in Ohnmacht fällst."
Chris strahlt mich an, was ich glücklich erwidere. Jayden winkt jedoch nur ab und sagt:„Das habe ich doch gerne gemacht, ich kann nur nicht garantieren, dass das immer klappen wird."
„Egal!", sage ich und umarme ihn, „hauptsache es ist besser geworden."
Er drückt mich kurz an sich und streicht mir über den Rücken. „Bekomme ich dafür auch was?"
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Hi 👋🏻
Frohe Ostern nochmal 🐣🐣🐣
Ich hoffe, der Osterhase hat euch reich beschenkt 😃
Sorry, dass solange nichts kam, aber ich hatte einfach keine Kraft und auch keine Zeit dafür. Jetzt ist jedenfalls ein Kapitel da.
Wollt ihr mal wieder eine Lesenacht? Und was glaubt ihr, möchte Jayden von Emma? 😉
LG,
Plappermaul :)
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10 Brüder? Der Horror! (Abgebrochen)
General FictionEmmas Leben ist zerstört. Ihre Eltern sterben und sie muss, ganz allein, mit ihren 10 Brüdern umziehen. Ein neues Leben beginnt mit vielen Problemen, aber auch Momenten, die sie zum Lächeln bringen. #174 in aktuelle Literatur; 25.02.18 #96 in aktuel...