„Hoppla!", sagt eine männliche Stimme. Die Person hält mich fest und stellt mich aufrecht hin.
Ich schaue nach oben und sehe... Jayden?! „Emma", ruft der Arzt freudig aus und umarmt mich. „Was machst du denn hier?" „Chris hat heute seinen ersten Tag."
„Stimmt, dass hatte er mir erzählt. Und du? Ist einer deiner Brüder Vater geworden oder warum bist du auf der Babystation?" Er lächelt mich freundlich an und zieht mich auf einen Plastikstuhl. „Musst du nicht arbeiten?", entgegne ich stattdessen, schließlich will ich ihn nicht aufhalten.
„Doch, aber gerade nicht. Aber jetzt du. Warum bist du hier?"
Ich ringe etwas mit mir selbst. Soll ich es ihm sagen? Er ist Arzt und würde mir natürlich sagen, dass das sehr wichtig ist. Ich rutsche tiefer in den Stuhl und verknote meine Finger.
„Spritze.", murmel ich nur und sehe ihn nicht an. Er seufzt. „Angst?"
Ein nicken meinerseits. Wieder ein Seufzen von ihm. „Guck mich bitte an.", sagt er etwas strenger, worauf mein Kopf sofort zu ihm fliegt.
Er nimmt mich in den Arm, als er merkt, dass mir gleich die Tränen kommen. Jayden drückt mich fest an sich. „Ich verspreche dir, dass es nur ganz kurz wehtut und dann nicht mehr." Doch ich schüttel nur den Kopf und löse mich von ihm.
Alle sagen immer, dass es nicht wehtut, aber sie wissen gar nicht, wie es ist, Angst vor jeder verdammten Impfung zu haben.
Der Arzt fährt sich kurz durch die Haare. „Ich muss dann mal wieder, die Arbeit ruft." Er streicht mir im Vorbeigehen sanft über die Haare und lächelt mir aufmunternd zu.
Als er weg ist, lasse ich mich gegen die harte Lehne des Stuhls fallen und vergrabe mein Gesicht in den Händen. Dass das passiert, ist mir irgendwie schon klar gewesen.
Irgendwann schaffe ich es, mich aufzuraffen und schlendere in den Gängen herum. Viel interessantes gibt es nicht zu sehen, außer einer Kreidetafel, auf der die Namen der Neugeborenen stehen. Dazu das Gewicht und die Uhrzeit. Eine süße Idee, denke ich.
Irgendwann bekomme ich Hunger. Ich hätte nicht gedacht, dass Krankenhäuser so langweilig sein können. Die Babystation war noch die schönste von allen.
In der Cafeteria gibt es heute Spaghetti Bolognese. Nicht mein Lieblingsessen, es sei denn, Michael kocht, aber besser als gar nichts.
Mit meinem Essen bewaffnet, setze ich mich an einen freien Tisch. Ich schiebe mir eine Portion Nudeln in den Mund und ziehe mein Handy aus der Hosentasche.
Niklas hat mir eine Nachricht geschrieben:
Na? Spritze überstanden?
Nein, kommt noch, schreibe ich zurück und wende mich meinem Essen zu.
„Hey Kleines." Ein übermotivierter Chris setzt sich neben mich. Er trägt einen weißen Arztkittel, an dem ein Namensschild befestigt ist.
„Hi.", entgegne ich und nicke Jayden zu, der sich gegenüber von uns hingesetzt hat.
Beide haben eine Schüssel mit Salat und Pudding vor sich stehen. Da ich schon fertig bin, schnappe ich mir Chris' Pudding. Diesen löffel ich genüsslich, was Jayden zum Lachen bringt.
„Du erinnerst mich an eine bestimmte Person. Sie ist auch eine kleine Naschkatze." Er zwinkert mir zu und schiebt sich eine Gabel Salat in den Mund.
Nachdem die beiden fertig sind, muss Jayden kurz weg. „Wir sehen uns bestimmt nochmal und sei tapfer, du schaffst das." Er verabschiedet sich mit einem aufmunterndem Lächeln und geht.
„Na komm.", sagt mein Bruder zu mir, „bringen wir das Geschirr weg."
Nachdem auch das erledigt ist, zeigt mir Chris sein Büro. „Das ist mein Arbeitszimmer. Allerdings werde ich es nicht oft benutzen, es sei denn, ich muss etwas sehr wichtiges beenden, dann bietet es sich natürlich an, dass hier zu machen und nicht zu Hause." Ich nicke und betrachte den Raum.
Sonderlich groß ist das Büro nicht. Ein Schreibtisch mit Stuhl steht an der Wand, davor zwei Stühle. Die Wände sind leer, nur ein kleines Regal hängt an der Seite des Schreibtisches. Die Fenster sind nicht allzu groß, jedoch ausreichend, dass genügend Licht hereinfällt.
„Nichts besonderes, aber mit ein paar Bildern sieht das Ganze bestimmt etwas freundlicher aus.", meint mein Bruder, der sich hinter mich gestellt hat und die Arme um mich legt.
„Es ist alles fertig für die Impfung. Bist du bereit?", fragt er neben meinem Ohr. Ein leichtes Zittern durchschüttelt mich und das flaue Gefühl in meinem Bauch taucht wieder auf. Dazu dreht sich alles, als ich daran denke, wie mein Herz rasen wird, wenn ich auf der Liege sitze.
„Hey! Emma! Kein Grund, gleich umzukippen." Chris legt mich vorsichtig auf den Boden und hält meine Beine hoch.
„Geht's wieder?", fragt er besorgt und schaut mir in die Augen. „I-ich g-glaube schon.", bringe ich stotternd hervor und setze mich langsam mit der Hilfe meines Bruders auf.
Dieser reibt sich nachdenklich das Kinn. „Vielleicht sollten wir das doch verschieben. Wenn Jayden da ist, damit dich jemand beruhigen kann." Er streicht mir eine lose Haarsträhne hinters Ohr. „Bleib hier sitzen, ich hol dir schnell etwas zu trinken."
Als Chris aus der Tür ist, lehne ich mich seufzend an die Wand. Also so etwas ist mir noch nie passiert, ich glaube ich gehe bald in die Geschichte ein, wenn das ab jetzt jedes Mal so sein wird.
Ein Plastikbecher taucht vor meiner Nase auf, den ich sofort entgegen nehme und gierig darauf trinke. Chris schüttelt nur den Kopf. „Ich muss gleich jemanden behandeln. Willst du solange hier bleiben? Ich sag der Schwester Bescheid, dass sie regelmäßig nach dir gucken soll, okay?"
Er hilft mir auf seinen übertrieben gemütlichen Stuhl und drückt mir einen Kuss auf die Stirn. „Falls irgendwas ist, ich bin in Zimmer 12. Das ist beim Süßigkeitenautomaten um die Ecke." Chris winkt kurz und verschwindet.
Etwas erleichtert sinke ich in den Stuhl und mache es mir gemütlich. Nachdem mir die Schwester noch zwei Wasserflaschen gebracht hat, ist mir langweilig. Ich spiele sogar schon Kegeln. Mit zwei Flaschen. Ja gut, Langeweile is da, würde ich sagen.
Irgendwann wird es mir zu blöd. Ich stehe auf und halte Ausschau nach einem Automaten. Als ich einen erblicke, freue ich mich wie ein kleines Kind und hüpfe los.
Ich gehe um die Ecke und ein kleiner Wirbelwind kommt auf mich zu, knallt jedoch vor mir auf den harten Boden. Autsch, denke ich und strecke ihr meine Hand entgegen. „Alles okay?" Sie nicht und stürmt weiter, wird allerdings von meinem Bruder aufgefangen, der als nächstes um die Ecke geschlittert kommt.
Das Mädchen wird unter großem Protest zum Behandlungszimmer geschoben, vor dem Jayden und drei weitere Ärzte stehen. Einer von ihnen, tupft sich mit einem Tuch den Arm ab.
Als alles so weit geklärt ist, fragt mein Bruder, ob ich mit ins Zimmer kommen könnte. Warum er das tut weiß ich nicht, doch Indiana- so heißt sie- hat nichts dagegen.
Mein Bruder untersucht sie, was sie widerstrebend über sich ergehen lässt und erzählt mir, dass sie sich die Rippen bei einem Unfall mit ihren Brüdern gebrochen hat. Luke, ihr Bruder, steht neben ihr und hält ihre Hand. Die beiden sind wirklich süß!
Ich erzähle, dass ich zehn ältere Brüder habe und das in manchen Situationen nicht so toll ist. Außerdem finde ich heraus, dass ich auf ihre Schule komme. Total cool!
Wir tauschen Nummern aus und verabschieden uns, als Chris fertig ist. Dieser bespricht noch irgendwas mit Luke, der sich dann ebenfalls verabschiedet.
„Puh.", macht Chris, „der Tag war nicht ohne." Er schlüpft aus seinem Kittel und legt einen Arm um mich. „Die Impfung machen wir morgen, da kann mir Jayden helfen, dich zu beruhigen."
Ich brumme nur und schließe erschöpft die Augen, nachdem Chris' seinen Kittel weggehängt hat und wir schlussendlich im Auto sitzen.
Ab nach Hause!
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Darauf hat vermutlich jeder gewartet. Ich hoffe es entspricht euren Vorstellungen 😊 Ich hab mir wirklich sehr viel Mühe gegeben 😜
Plappermaul :)
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10 Brüder? Der Horror! (Abgebrochen)
Fiction généraleEmmas Leben ist zerstört. Ihre Eltern sterben und sie muss, ganz allein, mit ihren 10 Brüdern umziehen. Ein neues Leben beginnt mit vielen Problemen, aber auch Momenten, die sie zum Lächeln bringen. #174 in aktuelle Literatur; 25.02.18 #96 in aktuel...