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New York City, 13. April 1931
"Alles Gute zu deinem Geburtstag, Liebes!" Elias betrat die Küche und überreichte mir mit feierlicher Miene ein kleines Päckchen, das mit buntem Papier und einer riesigen Schleife verziert war. "Oh, vielen Dank, Elias!" Ich nahm es entgegen und begann sogleich, es auszuwickeln. Elias deckte derweil den Frühstückstisch fertig und nahm den brodelnden Topf mit den Eiern von der Herdplatte. Ich hatte das Papier vorsichtig entfernt. Darunter war eine Pappschachtel, etwa so groß wie eine Schmuckschatulle. Ich hob den Deckel und fand darin eine noch kleinere Schachtel, ebenfalls in buntem Papier. "Och, Elias!" Sagte ich gespielt vorwurfsvoll. "Bitte sag mir nicht, dass das jetzt unendlich viele Schachteln sind und in der Mitte ist ein Penny oder so etwas in der Art." Elias grinste diebisch. "Du wirst es schon sehen." Also ergab ich mich in mein Schicksal und packte noch drei weitere, immer kleiner werdende Schachteln aus, bis ich bei der letzten ankam, die eindeutig eine Ringschachtel war! "Oh Gott!" Entfuhr es mir. Ich hielt die kleine Schatulle von mir weg, als könnte sie jeden Augenblick explodieren und blickte verständnislos zu Elias. Er grinste verlegen und nickte mir aufmunternd zu. Ich atmete ein paar Mal tief durch, dann begann ich mit zitternden Fingern, den Deckel vorsichtig zu öffnen.
Ich wurde buchstäblich geblendet. Im Inneren befand sich doch tatsächlich ein Brillantring! Und er funkelte so sehr, dass ich blinzeln musste. Es war ein schmaler, schlichter Goldring mit einer schönen Fassung und einem absurd riesigen Brillanten! "Ach du meine Güte." Flüsterte ich und stellte die offene Schachtel so behutsam auf den Tisch, als sei es eine Bombe. "Elias, ich…" Begann ich, doch mir stockte der Atem, als er vor mir auf die Knie ging und meine Hand ergriff. "Liebste Lizzy…" Oh Gott, das war ein Albtraum! Es musste einer sein! "Elias!" Unterbrach ich ihn panisch, doch er ließ sich nicht aufhalten und starrte wie in Trance auf meine Hand, während er monoton vor sich hin plapperte. "Schon damals, als du noch Krankenschwester auf meiner Station warst…" Ich atmete heftig aus. "ELIAS!" Ich schrie ihn förmlich an. Endlich hielt er inne und sah überrascht zu mir auf. "Elias, bitte verzeih mir. Ich kann dich nicht heiraten…" Er blickte mich an, als hätte ich eine andere Sprache gesprochen. Um meinen Worten Nachdruck zu verleihen, schüttelte ich heftig den Kopf und drückte ihm die Schachtel mit dem Ring in die Hand. Er starrte verständnislos auf den kleinen Schatz in seiner Hand und ich folgte meinem Impuls und stürmte aus dem Zimmer. Ich griff im Flur nach meinem Mantel und rannte aus der Wohnung. Mit meinem mittlerweile gewaltigen Bauch war es gar nicht so einfach, die Treppen herunterzulaufen, ohne dabei zu stolpern, doch ich wollte trotzdem schnell ins Freie. Ich musste einfach hier heraus und mich wieder beruhigen.
Ich wusste eigentlich keinen wirklich handfesten Grund, warum ich Elias nicht heiraten sollte. Er war der einzige Vertraute, den ich hatte, ich wohnte bereits seit einigen Monaten bei ihm und eigentlich mochte ich ihn auch. Doch irgendwie war mir das nicht genug. Ich wollte mehr, ich fand, es reichte nicht aus, jemanden nur zu mögen, um ihn zu heiraten.
Ich watschelte die Straßen entlang und grübelte, als mir der kräftige Frühlingswind einen verschmutzten Fetzen Papier direkt ins Gesicht klatschte. Ich riss es mir vom Gesicht und wollte es schon wegwerfen, als mein Blick auf die Schlagzeile fiel. Es war eine Ausgabe der Times aus dem Januar. Oben stand in dicken, schwarzen Buchstaben "Bowery-Morde endlich aufgeklärt" Darunter war ein Verhaftungsfoto von einem jungen Indianer und als ich diese dunklen Augen sah, setzte mein Herz einen Schlag aus. Ich setzte mich damit auf die nächste Bank, um den Artikel komplett zu lesen.
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I see fire
Romance... Als ich vorsichtig den Kopf in die Dunkelheit streckte, dauerte es eine gefühlte Ewigkeit, bis sich meine Augen an das Zwielicht gewöhnt hatten und ich etwas erkennen konnte. Ich machte ein, zwei Schritte in die Gasse hinein und sah mich um. I...