Als wir nach der vierten Tür, welche wir öffneten, Liam dahinter fanden, atmete ich hörbar aus. Ich war erleichtert.
Dieser lag zusammengerollt auf einem weichen Teppich und schlief. Liebevoll betrachtete ich ihn einen kurzen Moment, bis ich meine Wut wieder in den Vordergrund rückte.
»Was hast du dir nur dabei gedacht, Liam mit auf eine Hausparty zu nehmen? Er wäre überall besser aufgehoben gewesen als hier!« flüsterte ich Adam mit einem bedrohlichen Unterton zu und verpasste ihm einen Seitenhieb.
Er zuckte nur mit den Schultern und deutete auf Liam.
»Es geht ihm doch gut?!« erwiderte er verwirrt.
Ich stöhnte leise auf, über die Dummheit mancher Menschen, und ging langsam auf Liam zu. Als ich ihn am Arm berührte, schlug er schwerfällig seine kleinen Äugen auf. Er sah mich an, lächelte zaghaft und flüsterte dann herzlich, dass er mich vermisst hatte. Ich erwiderte seine lieben Worte und verließ kurze Zeit später mit den zwei Chaoten das große Haus voller betrunkener Menschen, Liam an der Hand und Adam am Ohr hinter mir her schleifend.
Von Adam erfuhr ich auf dem Heimweg noch, warum Eric so unnormal aggressiv auf mich gewesen war. Anscheinend hatte die Prinzessin, welche nun seine Freundin war, ihm Falschinformationen über mich gegeben. Ich sollte wohl mit ihrem Bruder etwas am Laufen gehabt haben. Auf Ideen musste man kommen.
Wie dumm konnte man eigentlich sein. Und Eric glaubte das natürlich und wollte deshalb Vergeltung an mir, der ach so schlimmen Schmuckdiebin. So hatte es mir Adam jedenfalls erzählt. In seinem jetzigen Zustand waren diese Information mehr als fragwürdig, aber ich konnte mir den Ablauf der Geschichte so wirklich gut vorstellen.
Als ich erschöpft in mein Bett fiel, riskierte ich noch einen Blick auf mein Handy. Ich scrollte meine Nachrichten durch und blieb an der Gruppe meiner Clique hängen. Die ganze Sache war so ein scheiß. Wieso war ich überhaupt ein Teil von solch einem Unsinn.
Ohne weiter zu zögern klickte ich auf „Gruppe verlassen" und schaltete mein Handy schnell aus. Die Folgen waren mir gerade ziemlich egal. Ich hatte genug andere Sorgen, da machte es diese eine nicht schlimmer.
Nach der heutigen Sache mit Eric wurden mir endgültig die Augen geöffnet. Ich habe kein Bock mehr auf all dieses fake Getue, als wäre alles gut und als wären wir die besten Freunde auf der ganzen weiten Welt. Ich kannte nicht mal mehr Informationen als irgendwelche Namen, von denen welche in dieser absurden Clique gesteckt hatten. Nichts tiefgründiges, keine Geheimnisse oder Vergangenheitserlebnisse, welche auch nur einer von ihnen mit mir geteilt hatte. Kennt man von Freunden nicht wenigstens die Interessen oder Hobbys? So ein scheiß.
Und mit diesen verwirrenden Gedanken schloss ich die Augen, in der Hoffnung sie nie wieder öffnen zu müssen. Der kleine Brustkorb Liams hob und senkte sich gleichmäßig neben mir, was mir ein wenig Ruhe gab, und damit auch die Möglichkeit auf ein bisschen Schlaf.
Als ich am späten Morgen die Augen aufschlug, wusste ich für einen kurzen Moment nicht, wo ich war. Dann fielen mit jedoch all die Ereignisse des gestrigen Abends wieder ein, und ich würde am liebsten meine Ahnungslosigkeit zurück erlangen. Ich drehte meinen Kopf herum. Ein Blick nach rechts, zu meinem Wecker, ließ mich fluchen. Es war Sonntag und ich hatte nichts Spezielles vor, jedoch zeigten die Zeiger bereits auf Mittagszeit und ich mochte es nicht, den halben Tag zu verschlafen.
Langsam schlich ich aus dem Bett, bedacht darauf, Liam nicht zu wecken. Er hatte den Schlaf auf jeden Fall nachzuholen, den er die letzte Nacht nicht gehabt hatte. Für seine Verhältnisse war er sehr spät ins Bett gegangen. Sein kurzes Nickerchen auf der Party bei all dem Lärm um ihn herum, änderte da auch nicht viel. Ich bewundere es wirklich, dass er es gestern so lange durch gehalten hatte.
Auch als wir auf dem Weg nach Hause waren, hatte er sich gut gehalten. Zwar schwankte er ab und zu und konnte sich nur gerade so vor Müdigkeit auf den Beinen halten, jedoch war er stark geblieben und hatte es bis heim geschafft; der kleine Löwe. Auch eine andere Person schwankte, welche ich hinter mir her ziehen musste. Und genau mit dieser Person würde ich jetzt noch ein Wort reden, egal ob sie noch schlief oder nicht.
Ich konnte es ihm nicht verübeln, dass er in seinem Alter auf eine Party gegangen war, jedoch war es die Sache mit Liam, welche mich Schwarz sehen ließ. Er hatte keine Verantwortung für den Kleinen gezeigt, obwohl er es hätte tun müssen.
Ich ging also mit schweren Schritten durch die Tür des Raumes, in welchem Adam laut schnarchend und in einer absurd verschlungenen Position, sabbernd und halb aus dem Bett fallend, lag und schlief. Mein Eintreten störte ihn nicht sonderlich - er schlief wie ein Stein. Der ganze Raum muffelte und ich öffnete erst einmal die Fenster.
Adam trug immer noch seine Kleidung von gestern, welche nach Schweiß und Bier stank. Ich musste schmunzeln und zückte mein Handy. Auch er hatte mich einmal so aufgefunden, und davon ein Foto gemacht. Jetzt gab es die Rache!
Als ich meine Selfies von mir und seiner schlafenden Fratze daneben zufrieden betrachtete, fasste ich endlich den Entschluss, ihn aufzuwecken. Also schlich ich grinsend ins Badezimmer und tunkte den erst besten Lappen, den ich finden konnte, in eiskaltes Wasser aus dem Wasserhahn. Mich allein fröstelte es schon allein bei der kurzen Berührung mit meinen Händen.
Freudig lief ich zurück in das Zimmer meines Bruders und schlug die Decke langsam zurück, welche achtlos auf ihm lag, und ebenso stank wie er. Seiner Hose hatte er sich anscheinend entledigt, denn er trug nur seine Boxer Shorts. Er lag auf dem Bauch und machte keine Anstalten aufzuwachen.
Schnell griff ich nach dem Bund seiner Boxer Shorts, zog ihn ein wenig hoch und schmiss den kalten Lappen mit einer geschickten Bewegung hinein. Auf die Folge dieser Tat war nicht lange zu warten.
Er schreckte auf, sobald die Kälte mit seiner Haut in Berührung gekommen war und stand fluchend auf. Er wollte los rennen und dabei den Lappen aus seiner Hose entfernen, jedoch stolperte er über seine eigenen Füße und machte somit Bekanntschaft mit dem Boden. Als er dann nach einem verzweifelten Kampf die Kälte aus seiner Hose verbannt hatte, prangte ein großer nasser Fleck an seinem Hintern, welcher mich auflachen ließ.
Adam ballte nur die Fäuste und schaute mich von unten her böse an. Dann stand er blitzschnell auf und schoss auf mich zu, hob mich hoch und warf mich auf sein versifftes Bett, um zu einer Kitzelattacke anzusetzen.
Ich wehrte mich mit allen Mitteln, doch er war eindeutig stärker. Er meinte immer, dass mein Bizeps konkav sei. Ich bin wirklich nicht die Stärkste, jedoch nervt mich seine Neckerei, denn seine Worte erinnern mich an meine Schwächen, welche ich so gut es geht versuche zu verdrängen und auszubessern.
Erschöpft vom vielen Lachen lag ich auf seinem Bett. Nun, da er mir so nah war, war sein Geruch noch stechender.
»Du brauchst dringend mal ne Dusche«, sagte ich grinsend, hielt mir spielerisch die Nase zu und verzog angewidert mein Gesicht, als wäre er gerade aus der Trommel eines Müllautos gestiegen.
Er gab mir einen Kuss auf die Wange und verschwand aus dem Zimmer.
Ich blieb allein zurück und lag noch eine kurze Weile auf seinem Bett. Dann schnappte ich mir seine Decke, um sie in die Wäsche zu tun, als sein Handy unter dieser erschien. Ich wollte ihm nicht nachspionieren, doch genau in dem Augenblick empfing er eine Nachricht und sein Bildschirm leuchtete grell auf.
Ein Mädchen hatte ihm geschrieben.
★? Danke!
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roses are slowly dying
Romance» 𝐥𝐢𝐞𝐛𝐞𝐬𝐫𝐨𝐦𝐚𝐧. „Frustriert schlief ich ein, die Kälte kaum wahrnehmend, und stetig nur die Kunst in meinen Augen, durch dort verweilende Tränen spiegelglatt schimmernd. Die Kunst ihres Körpers warm neben dem meinigen, gleichend einer ruhi...