kupferrot

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Leise stand ich in der dunklen Gasse und benebelte meinen Geist mit einer der letzten Zigaretten aus meinem Repertoire. Meine Haut wurde von der Kälte der Luft ein wenig gereizt. Kleine Härchen stellten sich an meinen Armen auf und meine frisch rasierten Beine verkrampften sich etwas.

Als ich meine Zigarette zu Ende geraucht hatte, holte ich ein kleines durchsichtiges Päckchen hinaus, welches ich an diesem Abend unter die Leute bringen musste. Insgesamt schlummerten darin sieben kleine Pillen, welche den heutigen Abend für die Adressanten unglaublich gestalten würden.

Doch diese Nacht war anders als meine sonstigen Erlebnisse in der Dunkelheit. Normalerweise hantierte ich mit Gras und brachte illegale Stoffe an Süchtige ohne Leben und Zukunft. Heute jedoch hatte ich lediglich eine Zielperson, und diese Person war ein steinreiches Raubtier, so wie es mir erzählt wurde.

Wenn diese Übergabe tatsächlich von Erfolg sein würde, ohne, dass eine Menschenseele etwas bemerken würde, dann würde es gutes Geld dafür geben. Das einzige, was mir Sorgen bereitete, waren die Clubaufseher, sowie die Polizei. Zu meinem Pech waren sie heute Abend besonders flächendeckend vertreten. Mehr Leute als sonst hielten in aller Öffentlichkeit deren Präsenz ankündigend, sowie heimlich still im Dunkeln, ihre Augen offen.

Genau in diesem Moment hörte ich Schritte, welche sich in meine Richtung zu bewegen schienen. Hecktisch steckte ich die Pillen zurück in die Tasche meiner alten Lederjacke, welche mich schon Jahre lang begleitete.

Ich setzte mich in Bewegung, um hier nicht auffällig ohne eine Beschäftigung rum zu stehen. So lief ich den Schrittgeräuschen, welche hallend aus der undurchlässigen Dunkelheit zu kommen schienen, und der nicht allzu weit entfernten Hintertür des Clubs entgegen. Meinen Blick hielt ich gesenkt.

Kurz bevor ich die Türe, und somit mein Ziel und die Flucht ins Innere heraus aus dieser Einsamkeit, erreicht hatte, packte mich jemand unsanft am Arm und zerrte meinen gesamten Körper gewaltsam herum, sodass ich dieser Person von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand.

Mein Blick blieb missbilligend und verriet keinerlei Emotion. Ein muffiger Mann stand vor mir. Zwar sah er klein und unscheinbar aus, mit seiner Kapuze über die ungewaschenen Haare gezogen und der verdreckten Hose, jedoch fürchtete ich mich vor seinen durchbohrenden Augen und jener Geste, sich geheimnisvoll die Lippen zu lecken. Er stank außerdem fürchterlich nach Alkohol und hatte in dieser Nacht allem Anschein nach mehr als genug von diesem Tropfen intus. Wahrscheinlich suchte er sich nun eine Dame, mit welcher er den krönenden Abschluss dieses Besäufnisses stöhnend durchleben konnte.

Zu oft schon war ich auf solche Männer gestoßen. Solche Vorfälle hatten mich geprägt und waren der Grund dafür, dass der Wille wuchs, meine körperliche Stärke zu fördern.

In alten Tagen hatte ich wohl weder den Mut noch die Kraft dazu gehabt, mit solch einer Bedrohung fertig zu werden, doch in diesen Stunden ließ ich mir das nicht gefallen. Auch nicht für einen guten Preis. Außerdem hatte ich meinen Auftrag zu Ende zu bringen, damit ich mich ebenfalls abschießen konnte und die Sorgen, welche meinen Kopf plagten, endlich loswurde.

Der Mann beugte sich zu mir vor, sodass unsere Gesichter nicht mehr allzu weit voneinander entfernt waren. Dann blickte er mir erneut tief in die Augen und entblößte ein schiefes Grinsen, da er die Annahme traf, ich wäre nicht im Stande, mich zu wehren. Innerlich feierte er bereits den Erfolg, solch einen Fang gemacht zu haben.

Gleich würde es ihm noch leidtun, sich an wehrlosen Frauen zu vergreifen.

Genau in diesem Moment, als er genug gegafft hatte und nun versuchte, nach meinem engen Top zu greifen, um die dahinter verweilende Oberweite weiter zu enthüllen, als diese eh bereits war, wurde er von der Seite gepackt und auf den Boden geworfen. Wie aus dem Nichts hatte sich ein Mann in schwarzer Kleidung aus der Dunkelheit heraus angeschlichen, und meinen Widersacher einfach so überwältigt.

Mich packte die Verwirrung, sowie ebenfalls sehr viel Wut, da mir nun das Spiel mit diesem Mann verdorben wurde. Ich war diejenige gewesen, welcher es zu stand, ihn mit herzlicher Gewalt und einem sadistischen Spiel des Rollentausches zu Boden zu bringen. Aufgrund diesem Zwischenfall hatte mir der ach so heldenhafte Mann meine Show gestohlen, sowie ebenfalls die Befriedigung, welche ich bei dem Schlag in sein Genital verspürt hätte. Nun gut, Glück für ihn, dann würde die Kastration eben warten müssen.

Ich räusperte mich harsch, während der große Mann meinen eben neu dazu gewonnenen Freund, welcher sich wild unter ihm wandte, versuchte still zu stellen sowie bewegungslos zu machen.

»Was soll n das werden, hm? Ich hatte die Situation voll und ganz unter Kontrolle!«, schimpfte ich als Nebenstehende des sich windenden Bündels aus zweier erwachsener Männer.

Nun hatte ich endgültig die Aufmerksamkeit der Beiden.

»Miss, ein Danke wäre wohl angemessener in diesem Moment, da ich Sie vor einem Übergriff bewahrt habe, aber ich gehe mal davon aus, ihre Bemerkung war nicht allzu schroff gemeint, wie sie rüber kam.«

Gerade wollte ich erneut ansetzen und dieser eitlen Aussage entgegenwirken, bis ich die Handschellen an den Handgelenken des Mannes sah, welcher sich an mir vergreifen wollte. In diesem Moment setzten meine Gedanken aus und in meinem Kopf wurde ein grell blinkendes Karussell gestartet, welches meinen Blutdruck und die Warnung symbolisierte. Dann verstand ich endlich, und verhielt mich ruhig, grübelnd nach einem Fluchtplan aus dieser Situation mit der Polizei.

In meiner Panik drehte ich mich um und eilte mit auffällig großen Schritten zu der Tür, welche mich endlich ins Innere des Clubs geleiten würde. Doch bevor ich mich versah, war auch schon ein Kollege des Polizisten aufgekreuzt und mein soeben ausgeführter und kläglich gescheiterter Fluchtversuch verwandelte mich schnurstracks von dem Opfer in eine Verdächtige.

Natürlich war ich verdächtig, da ich niemals die Unterlegene gewesen war, und wären diese Polizisten nur ein paar Minuten später eingetroffen, dann hätten sie mich womöglich wegen Körperverletzung weg gesperrt. Doch nun würden sie bei meinem Unglück auch noch die Pillen finden. Meine Zukunft hing von dieser Übergabe ab. Wenn ich das vermasselte, dann würde das Konsequenzen haben. Ich musste einfach nur fliehen, aber wie?

Der eine Polizist hielt mich nun an meinem schmerzenden Handgelenk fest, zwar nicht allzu streng, aber sehr fordernd, den Tatort nicht zu verlassen.

Was hatten alle nur mit diesem Handgelenkgriff, das kotzte mich sowas von an.

Doch bevor ich's mich versah, saß ich tatsächlich neben dem pädophilen Mann auf der Rückbank eines Polizeiautos. Ich hatte die Durchsuchung meiner Kleidungsstücke mit aller Macht abgestritten, und somit hatten sie die Pillen noch nicht gefunden. Ich fuhr also mehr oder weniger als Zeugin nun zu einem Polizeirevier, um mich dort von einer ausgebildeten Fachkraft abtasten zu lassen, da sie hier vor Ort als männliche Person nicht das Recht dazu hatten, meinen weiblichen Körper auch nur schief anzusehen.

Sie würden schlussendlich die Pillen finden, mich einsperren und mir mein Leben nur noch mehr vermiesen. Dankeschön.

★? Danke!

roses are slowly dyingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt