Zart wie eine Rose und lieblich wie ihr Duft

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Die Tafel war gefüllt mit den feinsten Speisen. Es gab Fasan, Weißbrot, Reis, Gämse und Hering. Und auch sonst war das Galadiner recht hübsch anzusehen. Trotzdem langweilte es ihn. Die Tür wurde geöffnet und ein zierliches Mädchen trat ein. Sie war vielleicht um die 19 Jahre alt und hatte seidiges dunkles Haar. Die anwesenden Herren erhoben sich und deuteten eine Verbeugung an. Alle setzten sich wieder. Die junge, eben eingetroffene Frau setzte sich neben den Grafen und beugte sich zu ihm hinüber, so dass sie ihm etwas zuflüstern konnte. Der alte Graf seufzte, aber dennoch war die Liebe in seinen Augen nicht zu übersehen. Er hob seine Hand und winkte einen der Bediensteten herbei. Dieser eilte mit seinem Auftrag davon. Der alte Graf August von Weißenstedt-Bourseen richtete sich auf seine stattliche Größe von gerade mal eins fünfundsiebzig auf und lächelte sein einnehmendes Lächeln, mit dem er schon so vielen Geschäftspartnern das Blaue vom Himmel versprochen hatte. Aber diesmal war es anders, diesmal ging es nicht um Stoffe, Besitztümer oder Gerste. Nein, es ging um Konstantin von Paschow und Amalie von Bourseen.

Der Diener, der vorhin noch mit dem Auftrag des Grafen davon geeilt war, kam wieder und unterbrach die Unterhaltung zwischen dem Grafen und Urban Degenau, dem Vormund von Konstantin von Paschow. Er sah aus wie vom Winde zerpflückt und hatte auch solche Atemprobleme. So war aus seinen Worten nur schwer ein Sinn herauszuhören. Doch der Graf verstand und schickte den Diener wieder fort. „Mein liebster Graf Paschow, ich kann Ihnen gar nicht sagen wie leid mir das doch tut. Sie ist sonst so eine pünktliches Persönchen. Sie würde sich so einen feinen Anlass niemals entgehen lassen." Die Schwester, der ihm baldig Angetrauten versteckte ihre lachenden Augen hinter einem Tuch. Wobei sie sich vermeintlich den Mund abtupfte. Doch das hielt den Grafen nicht davon ab, mit seiner Lobeshymne über seine jüngste Tochter fortzufahren. „Meine liebe Tochter mag Ihnen gar gefallen. Sie ist von so zarter Schönheit, dass ihnen vielleicht der Appetit vergehen mag. So bitte ich sie doch alle esst, esst und lasst es euch gut gehen." Und so ging es auch weiter, alle langten tüchtig zu, bis sie unterbrochen wurden, da die Tür erneut geöffnet wurde. Wieder erhoben sich alle von ihren Sitzgelegenheiten und deuteten eine Verbeugung an. Das Mädchen, was eintrat,
war wahrlich wunderschön und hatte die selben glänzenden Haare wie ihre Schwester Farah. Sie war zart wie eine Rose und lieblich wie ihr Duft. Sie setzte sich neben ihren Vater nieder. Und so wurde die schöne Amalie sogleich dem jungen Graf Konstantin vorgestellt. Sie neigte den Kopf zur Begrüßung, wandte sich danach aber ihrer Schwester zu, was dem alten Grafen zu missfallen schien und so kam es, dass er die Aufmerksamkeit der Runde auf das späte Erscheinen seiner Tochter zog. „Wohl an Graf Konstantin. Ich möchte mich wahrlich bei Ihnen für das späte Erscheinen meiner Tochter entschuldigen." Jedoch sagte er das zu Amalie gewandt und nicht zu Graf Konstantin, dem diese Entschuldigung eigentlich gelten sollte. Trotz dieses fragwürdigen Umstandes antwortete dieser. „Ich versichere Ihnen, ich habe keinen Grund Groll gegen sie zu erheben. Ich fürchtete nur, dass die Dame gar nicht mehr erscheinen wollte." Amalie erhob den Kopf und wandte sich dem ihr fast fremden Manne zu. „Wenn ich Ihre Gefühle durch mein spätes Erscheinen gekränkt oder gar verletzt haben könnte, tut es mir aufrichtig leid." Ihre Stimme sagte etwas anderes, genau wie die erschreckt auflachende Schwester. Graf Konstantin hob überrascht durch diesen Ausbruch eine Augenbraue just in dem Moment begann der Vater der beiden Töchter sich mit einem Wortschwall tausender liebenswürdiger Worte zu entschuldigen.
Dann wandte er sich an seine Tochter. „Amalie, geh bitte." Und das tat sie auch. Sie blickte mit einem reumütigen Blick auf den Boden und eilte aus dem Raum. Graf Konrad war verwirrt über diesen Ablauf der Geschehnisse. Doch ihm entging trotz dieser absurden Situation nicht das Schmunzeln der Schwester Farah, als Amalie reumütig zu Boden blickte. Das Abendessen verlief nach diesem Vorfall ruhig, aber trotz allem nicht ermüdend.
Aber dennoch, für ihn war es spät, er hatte einen lange Anfahrt gehabt und wollte sich nun zur Ruhe legen. Er ließ sich also entschuldigen und wurde von einem der Diener zu seinem Zimmer begleitet. Auf dem Weg dahin blickte er immer mal wieder aus dem Fenster, da er bei seiner Anfahrt nicht viel der Landschaft erkennen konnte.

Als er an einem kleinen Fenster einen Blick in einen kleinen Innenhof erhaschen konnte, sah er dort Amalie. Der Innenhof war klein und staubig. Es gab kaum Fenster, die dich einen Blick hineinwerfen ließen und wenn waren sie so klein, dass man sich wirklich anstrengen musste, um etwas erkennen zu können. Auch für ihn war es schwer etwas erkennen zu können. Als der Diener merkte, dass der junge Graf ihm nicht mehr folgte, dreht er sich fragend um. Man sah ihm seine Unsicherheit an und so beschloss Konstantin, sich den Weg beschreiben zu lassen, um so noch einen Blick auf Amalie erhaschen zu können.

AmalieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt