Kapitel 10

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Amalie war zum heutigen Dinner nicht erschienen. Es herrschte sowieso eine kaum merkliche, aber dennoch greifbare angespannte Stimmung im Raum.
Das lag zum einen daran, dass Farah sehr unausgeglichen war und kaum ruhig sitzen konnte. Dies machte ihren Vater wütend. Er schien erst besorgt, was sich dann aber schnell änderte, da Farah nicht verriet, warum sie sich so verhielt.
Und zum andern lag es daran, dass Izabelle versuchte, die gesamte Aufmerksamkeit des Grafen aufsichzuziehen. Jedoch schien dieser mit seinen Gedanken ganz wo anders zu sein. Sehr zum Ärgernis von Izabelle.
Seine Gedanken waren wirklich wo anders, sie waren bei Amalie.
Er dachte an ihr befreites Lachen. Daran wie sie sich bewegte und wie ihre Augen anfingen zu glitzern, wenn sie eine Idee hatte. Wenn man ihr in die Augen sah, war es als würde die Zeit stehen bleiben, als würde neben ihr nichts anderes mehr existieren.
Er seufzte. Neben ihm regte sich Izabelle, es schien, als hätte sie nur auf ein Lebenszeichen von ihm gewartet. „Mein Lieber, geht es dir nicht gut? Kann ich dir irgendwas Gutes tun?" Er presste kaum merklich die Lippen zusammen.
Wie konnte eine einzige Person seine Nerven so strapazieren?
Sie hatten sich doch nur geküsst. Er rückte ein Stück von ihr ab. Izabelle war wohl nicht klar, dass das kein langlebiges Arrangement war. Es war einmalig und er würde es gewiss nicht wiederholen. Zumindest nicht mit ihr. Schon waren seine Gedanken wieder wo anders.
Graf Weißenstedt räusperte sich. „Mein Lieber Graf Konstantin, sie sehen mir doch ein wenig blass und kränkelnde aus. Fühlen sie sich nicht wohl?"
Er wollte gerade etwas bissiges erwidern, als er echte Sorge in den Augen vom Grafen sah. „Sie haben recht. Es wäre wohl besser, wenn ich mich eine Weile hinlegen würde." Izabelle sah ihn an, als hätte er ihr gerade eröffnet, dass sie die hässlichste Frau auf Erden sei. Bevor sie noch etwas sagen konnte, verließ er den Raum.

Zielstrebig ging er zu Amalies Gemächern. Er war nervös, doch warum konnte er nicht genau sagen. Seine Atmung ging immer schneller und als er vor ihrer Tür stand, fühlte er sich, als wäre er schon Kilometer weit gelaufen. Er verzehrte sich nach ihr, wie ein Verdurstender nach Wasser. Sein Hand hob sich wie von selbst und klopfte gegen die Tür. Erst hörte er nichts und sein Puls wurde wieder etwas ruhiger, doch dann öffnete sich die Tür mit einem leisen Schnarren und Amalie stand vor ihm.
Sie hatte bereits ein zartes seidenes Nachthemd an. Darüber trug sie einen Morgenrock, der ihr locker über die zarten Schultern fiel. Ihr Haar viel ihr in leichten Wellen über den Rücken. Sie sah müde aus und bevor er etwas sagen konnte, trat sie einen Schritt zur Seite und ließ in rein. Er war froh über die Zeit, die er dadurch gewann. Denn er hatte auf dem Weg hierher nicht darüber nachgedacht, was er ihr überhaupt sagen wollte. Sie sah müde aus. Sein Blick glitt durchs Zimmer. Es war ein schöner Raum mit einem breiten Himmelbett aus hellem Blau. Bei dem Gedanken daran, wie sie in diesem Bett seins werden würde, lief ihm ein Schauer über den Rücken.
Doch sie sah in nur verständnislos an. Ihre Augen waren klein und die Wangen gerötet.
Er riss seinen Blick von ihr los und räusperte sich.
„Ich wollte mich bei ihnen wegen neulich entschuldigen. Sie sind gewiss keine männliche Frau." Ihre Augenbraue wanderte in die Höhe.

Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. Schon wieder spürte sie diese kalte Wut in sich aufkommen. „Und das ist das einzige, was Ihnen zu diesem Gespräch einfällt?"
Sie sah zwar, dass es ihm leid tat, aber dennoch, es ging nicht um sie, es ging um Thilo. Auch er schien es zu bemerken, doch bevor er etwas sagen konnte, fing sie an zu reden. Erst sprach sie leise und dann mit der Zeit wurde sie immer lauter. „Wie kann man nur so arrogant sein. Bemerkst du denn gar nicht, worum es hier geht?! Du bist beleidigend, arrogant und gefühlskalt. Du denkst nur an dich selber und versuchst durch Beleidigungen, die anderen unter dich zu stellen.
Du beleidigst mich, meine Familie mit deiner puren Anwesenheit, ich habe das Gefühl, für dich ist das hier alles nur ein Spiel! Aber das was du hier durcheinanderbringst ist, mein Leben. Das bin ich!" Sie schrie nun fast. Bevor sie noch etwas sagen konnte. Schloss er die Lücke zwischen ihnen und drückte seine Lippen auf ihre.
Sie riss ihre Augen auf, als er seine Arme um ihre Taille legte und sie näher zu sich zog.

AmalieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt