Nachdem Amalie versuchte, möglichst unbemerkt, wieder in die Gemächer zu kommen, um sich frisch zu machen, klopfte es an der Tür. „Einen Moment bitte."
Sie warf sich schnell einen Mantel über ihr helles Kleid und öffnete die Tür.
Vor ihr stand Graf Konstantin, einen Arm an die Tür gelegt.
„Wie kann ich ihnen behilflich sein, Graf." Sie gab sich keine Mühe ihren Unmut zu verstecken. Er war ihr schon beim Essen unangenehm aufgefallen.
Er wirkte, ihrer Meinung nach, sehr selbstgefällig.
„Ich wollte eine kleine Unterredung bei Ihnen bewirken." Er hob abwehrend die Hände.
„Natürlich nicht in Ihren privaten Räumen. Das würde schließlich ein ganz falsches Licht auf Sie werfen. Oder liege ich da falsch?" Seine dunkle Augenbraue hob sich bei seinen Worten und sah sie abwartend an. „Wie Sie meinen. Wo sollten wir unser allzu vergnügliche Gespräch Ihrer Meinung nach fortführen?"
„Wieso sagen mir das nicht, Madame? Ich sah auf meinem Weg hier her einen etwas staubigen, wie es aber schien sehr privaten, Innenhof. Sagen Sie haben Sie vor Augen, welchen ich meine?"
„Hör ich da einen gewissen Unmut heraus oder irre ich mich da? Meine Absicht war es nämlich niemals, Ihren Unmut zu wecken."
„Gewiss nicht! Durch unser Arrangement würde ich mir nur gerne Gewissheit verschaffen, das Sie noch die gewissen Voraussetzungen für eine Vermählung besitzen."
„Wie können Sie es wagen, mir auch nur so etwas im Entferntesten zu unterstellen?
Wie kommen sie überhaupt zu dieser Annahme?" Ihr Blick ruhte verärgert auf ihm. Der sonst so feine Ausdruck um ihre Augen, hatte sich zu etwas Lauerndem gewandelt.
„Und welches Arrangement meinen Sie überhaupt? Gerade Sie müssen sich gewiss nicht um meine Zukunft kümmern. "
Er seufzte schwer. „Doch Madame, genau das muss ich. Lassen Sie uns bitte zu einem etwas ruhigeren Ort gehen, ich würde nur ungern dieses Gespräch vor einem Publikum fortführen." Er deutete auf einen der Diener, der wie fast zufällig an einem der Fenster stand. Eine leichte Röte schlich sich auf ihre Wangen und sie bedeutete ihm zu folgen. Die Bewegung beider war so fließend, dass man meinen könnte, sie glitten auf Eis durch die Gänge des Hauses.In einem etwas abgelegenem Salon, der mit fast schon erdrückend viel rotem Samt eingedeckt war, ließen sie sich nieder.
„Ich wünsche zu erfahren, warum diese Angelegenheit Sie etwas angehen sollte!" Sie hüstelte, die Luft fühlte sich erdrückend an. Sie legte sich wie eine schwere, schwüle Decke auf die beiden nieder.
„Diese Frage sollte Ihnen eigentlich Ihr lieber Herr Vater beantworten, aber dennoch ich bin gewillt Ihnen diese Frage, nach ein paar Antworten von Ihnen, zu beantworten."
Amalie deutete ein leichtes Nicken an und bedeutete ihm fortzufahren.
„Nun wie Sie es wahrscheinlich bereits heraus gehört haben, weiß ich von Ihrem kleinen Stelldichein im Innenhof." Sie sah ihn verständnislos an.
„Meinen Sie nicht ich wüsste von einer Affäre, wenn ich eine hätte."
Konstantin rieb sich müde über die Augen. „Bitte machen Sie es nicht noch schwerer, als es schon ist. Ich würde damit, ob Sie es mir nun glauben oder nicht, nur sehr ungern an Ihren Vater, oder gar an meinen Onkel gehen."
Sie sah ihn immer noch verständnislos an.
„Lieber Graf, wären Sie vielleicht so nett, mir vorher zu sagen, was ich falsch gemacht habe, bevor sie damit an irgendeinen anderen gehen."
Er streckte sich und unterdrückte ein Gähnen, das drohte aus ihm vor ihr heraus zu brechen. Sie zog eine Augenbraue hoch. „Sagen Sie Graf, langweile ich Sie?"
Er schüttelte den Kopf. „Nein, ganz gewiss nicht, Madame. Entschuldigen Sie bitte mein Verhalten. Ich hatte eine anstrengende Fahrt und sicher verstehen Sie, dass ich nach dem, was ich gesehen habe, mich auch nicht besser fühlte."
Sie stöhnte genervt. „Wenn Sie mir doch nur endlich sagen würden, was ich in Ihren Augen falsch gemacht habe!"
„Wenn ich mich recht entsinne, waren Sie es, die ich heute nach dem Galadiner, in dem staubigen Innenhof mit diesem einfachen Diener in wirklich unzüchtiger Kleidung, beinah aufeinander liegend, gesehen habe." Ihm war bewusst, dass er übertrieb, aber nachdem er gemerkt hatte, wie Sie ihn ansah, ohne sich diesem Fehler bewusst zu sein, wollte er das er auf gar keinen Fall als Spaß abtun lassen. Denn das war es nicht, eine Gräfin tat das einfach nicht.
„Wenn Sie, lieber Graf, richtig hingesehen hätten, wäre Ihnen sicher aufgefallen, dass ich Fechtkleidung anhatte, die Sie gewiss in sehr ähnlicher Art tragen. Außerdem ist dieser einfache Diener, wie Sie ihn nennen, ein sehr alter Freund von mir und es freut Sie sicher zu hören, dass er der beste Fechter dieses Landes ist und mich alleine deswegen unterrichtet!"
Er musste schmunzeln. „Wenn er der beste Fechter des Landes ist, Madame, warum habe ich dann noch nie etwas von ihm vorher gehört. Und außerdem: Sie sind eine Frau, eine Dame noch dazu. Sagen sie weiß ihr Vater davon?" Ihr Augen blitzten voller Zorn. „Sagen Sie was bilden Sie sich eigentlich ein. Sie kommen hier an und denken, dass Sie mein ganzes Leben durcheinander bringen können. Wer sind Sie, dass Sie es wagen, so mit mir umzugehen?" Ihre baldiger Ehemann, wollte er sagen, doch er brachte es nicht über die Lippen.
Diese Unterhaltung bereitete ihm augenscheinlich viel Vergnügen und so lehnte er sich zurück und betrachtete Amalie wie sie, in ihrer Tirade fortfuhr. Und plötzlich fühlte er sich gar nicht mehr so müde.

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Amalie
Historical FictionEr blickte sie an, doch Amalie erwiderte nichts. Sie versuchte sich mit versteinerter Miene auf die Ansprache, die ihr Vater gerade hielt, zu konzentrieren. Er beugte sich etwas zu ihr nach vorne, so dass sie einen zarten Duft von Zedernholz wahrnah...