Kapitel 18

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Dieses Biest! Rasend vor Wut lief Amalie die Gänge auf und ab. Catherine stand neben ihr und versuchte sie etwas zu beruhigen. Sie und Amalie waren sich in den letzten Wochen nähergekommen. Was nicht zuletzt daran lag, dass Amalie in den letzten Tagen das Zimmer kaum verlassen hatte. Die Gerüchte würden makabrer und die Kommentare bissiger. Sie hatte keine Zeit gehabt mit Konstantin zu reden, was zusätzlich an ihren Nerven nagte. Außerdem hatte sie von Catherine erfahren, dass Thilo und Farah des Öfteren zusammen gesehen wurden. Wie konnten sie nur?! Beide bekamen nichts von der ganzen ungewollten und alles andere als schönen Aufmerksamkeit ab, obwohl sie die einzigen wären, die es verdienen würden. Sie seufzte, Eugen tat ihr wahrlich leid. Er würde sich auf ein schon beschmutztes Mädchen einlassen. Aber war sie nicht eigentlich genau so? Würde ihr späterer Mann nicht auch so denken, wenn er die Sache mit Konstantin herausfände?
Schnaufend streckte sie sich. „Dieses kleine Miststück, diese Biest, diese blöde Kuh, sie ist so eine Fot-" Eilig wurde sie von Catherine unterbrochen. „Amalie, woher kennst du solche Ausdrücke?! Das gehört sich nicht! So lass das doch bitte!" Amalie und Catherine waren sich zwar wirklich nähergekommen und auch schon beim Du angekommen, was nicht unbedingt ungewöhnlich war, wenn sich die Herrin mit ihrem Dienstmädchen gut verstand.
Allerdings nahm Catherine, trotz ihres jungen Alters, seit den letzten Tagen, eher die Aufgabe der Gouvernante oder gar die Rolle der Mutter ein. Es schien beiden nichts auszumachen. Catherine war schon immer sehr in der Rolle einer Frau aufgegangen. Ganz im Gegensatz zu Amalie, der das mal wieder zum Verhängnis geworden war.

Es klopfte vorsichtig an der Tür. Konstantin trat ein, was Catherine sogleich erröten ließ.
Es war mehr als nur unschicklich, dass sich ein junger Mann im Damentrakt aufhielt und dazu auch noch einfach eintrat. Wenn Catherine sich verplappern würde, gäbe es wieder wundervolle Gerüchte. Natürlich würden diese nicht zu Gunsten von Amalie ausfallen. Das taten sie nie. Vor allem nicht jetzt. Aber Catherine würde sich nicht verplappern. Dafür hatte sie ihre Herrin zu lieb gewonnen.

„Es tut mir leid, wenn ich gerade unpassend gekommen bin!" Er machte Anstalten zu gehen, doch Catherine zwang sich schnell an ihm vorbei und schloss die Tür hinter sich. Es ging sie nichts an, was da drinnen jetzt passieren würde. Auch wenn sie nicht glaubte, dass Amalie eine dieser Damen war.

Etwas verwirrt blickte Konstantin, der plötzlich aufbrechenden Zofe von Amalie, hinterher. Hoffentlich würde diese sich nicht verplappern. Das würde Amalies Ruf in der nächsten Zeit nur noch mehr runterziehen. Die Gerüchte waren nicht gut, aber vor allem nicht fair. Er sah auf eine aufgebrachte Amalie hinab. Sie war nicht wirklich klein, aber neben ihm sah einfach jeder mickrig aus. Auch wenn mickrig beileibe nicht angebracht wäre.

"Dieses Miststück war es! Izabelle hat die Gerüchte gestreute. Diese, wohl bemerkt, völlig absurden und überaus übertriebenen! Ha, diese widerliche Hexe!" Ohne Umschweife sah sie fordernd in sein Gesicht. Sie wollte Bestätigung und zwar eine ehrliche. Sie konnte nicht mehr mir Farah oder Gott behüte mit Thilo unterhalten. Nur diese beiden vermochten es, bis jetzt, ihr eine ehrliche Rückmeldung zu geben. Bei ihnen war sie sich eigentlich immer sicher gewesen, sie hinter sich stehend zu haben, um ihr den Rücken zu stärken. Jetzt fühlte es sich aber nur noch so an, als hätten diese ihr ein Messer in den Rücken gerammt. Besudelt mit ihrem Blut. "Und das schlimmste ist, Konstantin-" Sie sah ihm tief in die Augen und fasste seinen Arm. "Das schlimmste ist, dass ich völlig Machtlos bin und nichts machen kann. Rein gar nichts!" Dramatisch ließ sie sich in ihre Kissen sinken und seufzte. "Ich möchte sie einfach nur leiden sehen!" Ihre Worte wurden leiser und sie blickte gedankenverloren auf ihre Hände. Schelmisch grinste sie ihn an. "Und ich hab da auch schon eine Idee!" Das diabolische Lachen wurde immer breiter.

Sie schien sich wieder gefangen zu haben, denn plötzlich setzte sie sich geschäftig auf und blickte ihn an. "Aber um dir meine Plagen anzuhören, bist du sicher nicht gekommen." Es klang wie eine Aufforderung und so fing Konstantin an. "Hör mir bitte erst zu, bevor du urteilst und anfängst etwas zu erwidern. In Ordnung?" Fast flehentlich blickten seine schönen grünen Augen in ihre. Mit einem Nicken bat sie ihn darum fortzufahren. „Ich mag dich Amalie. Ich weiß nicht wie sehr, aber ich weiß, dass du besonders für mich bist, dass ich immer in deiner Nähe sein will, dass ich deine liebliche Stimme hören möchte und den süßen Geschmack deiner Lippen schmecken möchte. Auch weiß ich, dass ich noch nie so etwas gefühlt habe und es mit dir versuchen möchte. Ich will dich unter keinen Umständen zu etwas drängen, was du nicht möchtest oder nicht bist. Ich weiß sehr wohl, dass das sehr unkonventionell ist, aber ich kann einfach nicht anders als in deiner Nähe zu sein. Ich kann nicht anders als dich spüren zu wollen. Seelisch wie auch physisch. Und ich weiß auch, dass es dir genau so geht! All das weiß ich. Und trotz allem hab ich das Gefühl, ohne dich gar nichts mehr zu wissen.  Amalie," Er griff nach ihrer Hand und streichelte sanfte über ihre zarte Haut. "bitte teile mir deine Antwort mit, sobald sie dir bewusst geworden ist." Noch einmal drehte er sich um und blickte in ihr geweiteten Augen. Mit einem sanften Lächeln stellte er fest, dass sich so etwas wie ein verträumter Ausdruck auf ihr Gesicht geschlichen hatte.

AmalieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt