Herrliche Zweisamkeiten

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Aufgebracht eilte sie, ja fast rannte sie die Gänge entlang. Wo war Thilo, wenn man ihn einmal brauchte? Sofort fühlte sie sich schlecht, er konnte ja nichts für ihre Gefühlslage. Sie fand ihn schließlich in einem der vielen Lagerräume.
Sein welliges blondes Haar klebte ihm vor Anstrengung an der Stirn. Das wenige Licht reichte gerade mal aus, um seinen Arbeitsplatz zu beleuchten. Er war gerade dabei gewesen, die vielen Schwerter und Lanzen, und was es nicht alles gab, zu pflegen, als sie reingelaufen kam.
„Thilo, ich brauche Ablenkung, sonst sterbe ich."
Er blickte von seiner Arbeit auf und viel in ein lautes hallendes Lachen.
Der Anblick, der sich im bot, kam nicht all zu selten vor, allerdings war es immer wieder lustig. Amalie stand vor ihm die Hände in die Seiten gestemmt und immer darauf bedacht ruhig zu atmen. Ein paar Haare klebten an ihrer Schläfe, die andern waren vom Laufen zerzaust. Er fand es wirklich bewundernswert, wie sie in solchen Kleidern, immer wieder aufs Neue, schnell laufen konnte. Als beide jünger waren, hatte er es auch mal versucht und Amalie hatte ihn schon damals im Laufen geschlagen. Doch diesmal war ihr Blick verletzt und ein wenig wütend. Thilo fragte nicht nach. Er kannte Amalie nun schon lang genug, um zu wissen, dass, falls sie reden wollte, sie zu ihm kam.
Andernfalls stritt sie es meist einfach ab.   

Beide hatten sich darauf geeinigt rauszugehen. Sie gingen die Dienstbotentreppe nach unten in den Park. Sie ließen die herrlich duftenden Beete hinter sich und rannten schließlich zum eisernen Tor, was das Grundstück vom anliegenden Wald trennte.
Sie liefen die langen Trampelpfade entlang, schlugen Haken und fielen sich lachend in die Arme.

Derweil haben Konstantin und seine heutige Beute Izabelle auch den Speisesaal verlassen. Sie gehen Arm in Arm die Gänge entlang. Er wusste nicht, wo sie hingingen, da Izabelle ihn führte. Allerdings war ihm das gerade auch wirklich unwichtig geworden. Er war wieder bei seinem alten Muster angekommen und das war alles, was zählte. Sie waren viele verschlungene Wege im Park entlanggelaufen. Nach einer Weile gehen, die ihm wie eine Ewigkeit vorkam, waren sie an einer Lichtung angekommen. Es war schön hier, aber darum ging es ihm im Moment nicht. Sie setzten sich auf den Rasen, wobei Izabelle spielerisch ihre Hand auf dem Bein des Grafens ablegte. Er zog eine Augenbraue hoch. Er hätte erwartetet, dass sie für ihn eine größere Herausforderung sein würde. Aber es sollte ihm recht sein.
„Sagen Sie Graf, werden Sie auch an dem Ball teilnehmen?"
Er beugte sich zu ihrem Hals hinunter und war sich dem Schauer bewusst, den er auslöste. „Aber Gewiss meine Schöne. Wie könnte ich mir so etwas entgehen lassen."
Er hatte noch nichts von diesem Ball gehört, aber das war egal, er hatte die Frau, wo er sie haben wollte. Sie klatschte freudig in die Hände.
„Ich habe auch wirklich schon ein wahnsinnig teures Kleid gekauft. Es ist aus rosa Seide und hat ganz viel Taft." Er hörte ihr schon kaum noch zu. Wie kam diese Frau den so vom Weg ab? Sie hatte gerade in diesem Moment viel größere Freuden fühlen können. Doch dann hörte er wieder zu, als sie sagte: „Es ist ein wenig wie das von Amalie.." Sein Kiefer spannte sich an. Er war sich sicher, dass Izabelle Amalie nicht so ansprechen durfte, da sie nur eine Hofdame war. „.. Sie müssen wissen, Graf, dass ich das extra wegen ihnen so arrangiert habe, da ich gesehen habe, wie Sie.. gewiss das Kleid von Amalie bewundert haben." „Ja, gewiss das Kleid.", murmelte er. Seine ganzer Körper war angespannt. Jetzt spukte diese kleine nervige Göre auch noch hier herum. Seine Hand glitt in das Haar von Izabelle. Das Haar von Amalie war bestimmt weicher. Er stöhnte auf und ließ sich zurückfallen. Seine Handflächen drückte er gegen die Stirn. Wie kam es, dass er jetzt schon Haare verglich. Das musste aufhören!
Bevor sie noch etwas sagen konnte, drückte er seine Lippen auf ihre.
Ganz atemlos löste sie sich von ihm. „Gehen Sie mit mir zu diesem Ball?"
Gott hatte dieses Weib, kein anderes Thema im Kopf.
Er beugte sich mit einem Lächeln zu ihr runter. „Es soll uns eine Frau wie ein Buch Vergnügen: aber wer will denn schon dauernd über Büchern liegen?"
Sie brachte kein Wort mehr raus. Ob das daran lag, dass seinen Lippen auf ihren lagen oder daran, dass sie nichts von dem Gesagten verstanden hatte, konnte er nicht sagen. Auch wenn er zu geben musste, dass es nicht ganz passte.
Er löste sich kurz von ihr und raunte ihr ins Ohr: „Das hieß, dass ich deine wundervollen Lippen berühren wollte."

„Nein, neiiin!!", quietschte Amalie als Thilo sie gerade in einem kleinen Fluss absetzten wollte. Sie drückte sich mit ihrer ganzen Kraft an ihn und versuchte so möglichst nicht, mit ihren langen Kleidern das Wasser zu berühren. Thilo lachte aus vollem Hals und
Ließ sie noch ein kleines Stück näher an die Wasseroberfläche. Nun musste auch sie lachen. Als er sie ganz hineinfallen lassen wollte, biss sie ihm in den Arm, so dass er vor Schreck aufquietschte und mit ihr hineinstürzte. Nachdem sie sich vom vielen Lachen beruhigt hatten, kletterten sie hinaus.
„Sieh mich an Amalie, jetzt bin ich wegen dir ganz schmutzig und nass, das dauert ewig das alles hinauszubekommen!" Er machte eine Schnute und sah sie anklagend an. „Und den Geruch werde ich wahrscheinlich nie mehr los!" Sie lachte, doch bevor sie etwas erwidern konnte, räusperte sich jemand neben ihnen.

AmalieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt