Kapitel 12

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Die Hand, die ihren Ellenbogen umfasste, war warm und jagte ihr einen kleinen Schauer über den Rücken. Als sie sich umdrehte, wich sie einen Schritt zurück.
Vor ihr stand der Graf. Mit dem schummerigen Licht, was von den Öllampen ausging, sah sie nur Teile seines schönen Gesichts. Sie wollte seinen Arm abschütteln, was ihr allerdings nicht gelang. Sein Griff schloss sich noch fester um ihren Arm. Er beugte sich etwas zu ihr runter. Dabei raunte er ihr ins Ohr. "Laufen Sie nie wieder einfach davon, Amalie. Nicht vor mir." Sie schluckte schwer, sein warmer Atem traf noch immer auf ihr Gesicht. Zwischen zusammengepressten Zähnen brachte sie ein "Was wollen sie von mir?" hervor.

Es war ihr wahrlich hoch anzurechnen, dass sie dies ohne ein Erzittern in ihrer Stimme schaffte. Diese Kraft war nicht vielen Damen vergönnt, die sonst etwas mit Konstantin zu tun hatten. Sie war unbestreitbar eine außergewöhnlichen Dame. Wie konnte ein so wunderschönes Wesen, wie sie es war, noch nicht ihm gehören? Ein Lächeln der unbestimmten Art gelang, ohne sein Zutun, auf sein Gesicht. Ihr Augen wanderten verunsichert über sein Gesicht. Mit ihrer feinen Hand versuchte sie ihre Hand aus seinem Griff zu lösen. Wie war es ihr möglich schon mit der kleinsten Bewegung schon eine solche Welle von Gefühlen über ihn schwemmen zu lassen? Sie war wie das Meer und er der Ertrinkende. Mit einer Bewegung wie dieser konnte sie ihm den Atem rauben.

"Warum hast du mich beim Essen kaum beachtet? Du bist mir ausgewichen." Ihr Atem ging schnell. Zu schnell, um normal zu wirken.

"Ich hab das gar nicht gemerkt. Ich.. ich wurde ganz von Farah eingenommen. Verzeih mir!" Sie wendete ihr Gesicht ab.

"Bist du dir da sicher?" Mit seiner, in ihrer Hand, drückte er sie zur Wand und als er sich sicher war, dass sie nicht wegkonnte, ließ er ihre Hand los, um so gleich ihr Kinn zu umschließen. Seine Lippen waren nur noch wenige Zentimeter von ihren entfernt.

"Ja.." Seine linke Augenbraue hob sich und ein amüsiertes Zucken zierte seine Lippen.

"Ich möchte einfach nicht von dir geküsst werden. Ich bin nicht eins deiner..." Ein passendes Wort wollte ihr einfach nicht über die Lippen gehen. ".. ich bin eben keins deiner leichten Mädchen." Ein raues Lachen ertönte und Zornesröte gelangte in ihr sonst so reines silbernes Gesicht. Sie imitierte seine vorherige Geste und hob abwartend ihre Augenbraue. Sie war so atemberaubend anziehend, wenn sie wütend war. Diese Röte stand ihr außerordentlich gut! Er räusperte sich und versuchte ernst zu bleiben.

"Ich würde dich niemals wie ein leichtes Mädchen behandeln, denn das bist du gewiss nicht."
Sein Blick wanderte an ihr herunter und er hob bedeutungsvoll seine Augenbrauen. Empört zog sie die Luft ein. Mit all ihrer Kraft schupste sie ihn von sich weg. "Das hätte ich schon längst tun sollen." Ein arroganter Ausdruck schlich sich auf sein Gesicht. "Aber du hast es nicht, weil du mich willst.." Sie schnaubte entrüstet. Ohne etwas zu sagen, drehte sie sich um. Sie hatte sich fest vorgenommen, sich nicht auf das Niveau solcher Menschen einzulassen. Ein wenig Ehrgefühl besaß sie noch in sich.

Wieder einmal wurde sie von ihm aufgehalten. "Ich.. es tut mir leid.."

"Ne, ist klar, jetzt lass mich los, verdammt." Aus ihren Augen sprühte förmlich die Wut und kaum einer hätte es ihr in dieser Situation übelnehmen können.

"Ich-" Sie ließ ihn gar nicht aussprechen. "Was? Was willst du mir jetzt sagen? Willst du mir erzählen, dass du es nicht so gemeint hast und du nicht so bist wie alle sagen? Dass du dich wegen mir geändert hast und ich was Besonderes bin? Du dich, nachdem ich mich dir hingegeben habe, du mich fallen lässt? Keine Sorge, das weiß ich schon! Das musst du mir nicht erst erklären. Ich weiß mehr, als du denkst, also lass das, was du vor hast, einfach und wende dich einer deiner Dirnen zu." Amalie hatte ihn und seine Spielchen so satt.

"Nein, Amalie das wollte ich nicht sagen!" Eine enthaltende Leere erfüllte den Korridor. Bevor sie sich zum Gehen wenden konnte, fuhr er fort. "Ich bin wirklich mehr als das. Ich möchte nur dich! Kein anderes Mädchen!"

"Es reicht nicht aus, gute Eigenschaften zu besitzen. Man muss sie auch gut ausnutzen."

"Warte, das hab ich schon einmal gehört!"

"Das Zitat schrieb ja auch keine Frau, also haben Sie es gewiss gelesen!" Die Kälte, die in ihrer Stimme lag, spiegelte nur zu gut ihre Gemütslage wieder.

AmalieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt