«Wie ist das möglich?» Loki fand endlich Zeit zum Gespräch mit Thor während ihres erneuten Fluges nach Europa. «Wieso habe ich meine Magie auf einmal zurück? Ist das nur... temporär?»
Thor setzte sich auf die bequeme Liege in Lokis Kammer im Privatjet von Stark und schlug die Beine übereinander. «Weisst du noch, aus welchem Grund ich damals meine Kraft zurückerhalten habe?»
Lokis Augen weiteten sich. «Aber Odin sagte doch, bei mir wäre das nicht möglich...»
«Das sagte er.» Thor schmunzelte leicht. «Aber gemeint hatte er was anderes.»
«Dann... bleibt es also wie es ist?» Loki musste sicher sein. Er musste wissen, ob er eine permanente Hilfe für die Avengers sein konnte – oder ob sich das wieder ändern würde. Aber Thors nächste Worte beruhigten ihn. «Natürlich bleibt das. Einmal gebrochen, lässt sich das Siegel deiner Kräfte nicht wieder schliessen. Einzig duch unseren Vater... aber erstens ginge das nur, wenn du ihm gegenüberstehst, und zweitens hätte er keinen Grund dazu. Denn die Tatsache, dass du deine Kräfte zurückerhalten hast, bedeutet, dass du dich wirklich verändert hast.»
«Habe ich das?» fragte Loki nachdenklich. Jetzt, da er sozusagen wieder der Alte war, fürchtete er plötzlich, dass er sich wieder in den widerlichen Kerl verwandeln würde, der er einst gewesen war. Als habe Thor seine Gedanken erraten, sagte er: «Loki, ich glaube an dich. Du bist anders. Ganz anders. Vielleicht hast du es selbst noch gar nicht richtig gemerkt, aber der Mann, den ich das letzte Mal erlebt habe, hätte sich niemals vor einen Roboter geworfen um das Leben eines sterblichen Menschen zu retten. Und das mit der sicheren Aussicht auf den eigenen Tod.»
Loki starrte ihn an. So sehr Thors Worte auch der reinste Balsam waren – die Erinnerung an das, was er ihm alles angetan hatte, lastete immer noch schwer auf ihm. «Ich bin echt der mieseste Bruder, den du haben konntest.» entfuhr es ihm bitter.
«Red' keinen Unsinn!» gab der blonde Muskelprotz scharf zurück. «Ich habe auch so einiges getan, auf das ich alles andere als stolz bin. Und das nicht erst in jüngster Zeit.»
«Lassen wir das.» Loki wollte das Thema lieber nicht weiter vertiefen. Was geschehen war liess sich nicht mehr rückgängig machen. Er erhob sich und starrte auf den Bildschirm, der fix an der Wand montiert war. «Es kann nicht mehr lange dauern, bis Ultron den Köder schluckt. Dann sollten wir bereit sein.»
Thor wusste, was sein Bruder meinte. Er hatte im Netz eine Spur gelegt, der Ultron garantiert folgen würde: angeblich war der Gedankenstein in Lokis ehemaligem Zepter eine Fälschung, und Loki hatte nun mittels scheinbar sicher verschlüsselter Software Kontakt mit demjenigen aufgenommen, in dessen Besitz sich der echte Stein befand. Er hatte es so aussehen lassen, als habe er nichts unversucht gelassen, um seine digitale Spur im Internet zu verschleiern und eine Nachverfolgung seiner Kontaktaufnahme mit dem fiktiven Mittelsmann zu verunmöglichen. Eine falsche Fährte, der Ultron mit Sicherheit nachgehen würde – zumal Loki dank seiner Magie und seiner ehemaligen engen Verbindung zum echten Infinity-Stein dessen Wirkung vorübergehend hatte einfrieren können. Sollte Ultron den Stein jetzt benutzen oder zumindest testen wollen, würde er ihm als unbrauchbares - wenn auch nach wie vor hübsches - Schmuckstück erscheinen.
Auch wenn Thor ehrlicherweise nicht genau nachvollziehen konnte, wie sein Bruder das angestellt hatte, zweifelte er nicht an Lokis Worten.
Aber er staunte. Loki hatte ihm zwar inzwischen gestanden, dass er vor ihm und allen anderen immer geheim gehalten hatte, wie gross seine magischen Fähigkeiten tatsächlich waren, aber er begriff erst jetzt langsam, was das genau bedeutete. Loki hatte ihnen allen den weitaus Schwächeren vorgespielt, als er in Wirklichkeit war, um sie zu täuschen und dafür zu sorgen, dass sie ihn für einen weniger gefährlichen Gegner hielten, als es den Tatsachen entsprach. Was Asgard oder der Erde gut und gerne hätte zum Verhängnis werden können, wenn Lokis frühere finstere Pläne geglückt wären, wurde nun zu einer riesigen Hoffnung in ihrer derzeitigen schwierigen Lage.
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Loki: The Dark Prince - Der dunkle Prinz
ChickLitEr ist die grösste Bedrohung, der die Menschheit bisher ins Auge blicken musste. Der schlimmste Feind, den es mit allen Mitteln zu bekämpfen gilt. Doch Agentin Melinda Crave kann nicht verhindern, dass sie von Anfang an dem Bann des geheimnisvolle...