Loki war gerade mal eine Stunde weg, da kam Bruce Banner ganz angeregt hereingestürmt. Melinda hörte nur mit halbem Ohr hin, als er von seltsamen Aktivitäten auf seinen Messgeräten sprach, doch als er an den Punkt kam, wo er sie mit den aussergewöhnlichen Aktivitäten von dem Tag, als Thor zur Erde geschickt worden war, verglich, wurde die junge Agentin doch hellhörig.
«Wie meinen sie das?» fragte sie und hätte Bruce das Gerät beinahe aus der Hand gerissen.
«Naja, wir hatten doch Selvigs Aufzeichnungen von damals bekommen,» erwiderte Bruce. Melinda nickte. Selvig war der Wissenschaftler, der in New Mexiko vor Ort gewesen war und Thors ersten 'Besuch' auf der Erde sozusagen live miterlebt hatte. «Die Werte sind genau dieselben wie damals. Und sie konzentrieren sich mitten im Central Park.»
«Wie ist das möglich?» Alle starrten sie jetzt auf die Anzeige. «Hat das was mit Lokis Öffnen des Portals zu tun?»
«War auch mein erster Gedanke, doch es sieht so aus, als hätten die beiden Ereignisse nichts miteinander zu tun.» Banner ging zu einem der Fernseher im Raum und schaltete ihn ein. «Seht euch das mal an.»
Ein Kamerateam war vor Ort und filmte, wie eine grössere Gruppe von Menschen diverse Gegenstände von einer der Brücken im Park fallen liess – und diese Dinge dann einfach wie in einem Loch verschwanden. Als ob sie verschluckt würden... nur um wenige Sekunden später an der gleichen Stelle wieder aufzutauchen.
«Das müssen wir aus der Nähe sehen.» bestimmte Bruce und machte sich bereit. Melinda zögerte, aber Natasha gab ihr einen Schubs. «Du gehst auf alle Fälle mit. Das wird dich von Loki ablenken... und dafür sorgen, dass du aufhörst, uns alle zwei Minuten zu fragen, ob es ihm wohl gut geht.»
Als die junge Agentin immer noch zögerte, zog Steve sie einfach mit sich. «Komm schon, Melinda. Du kannst eh nichts tun, um Loki zu helfen. Aber uns kannst du zur Seite stehen.»
Seufzend schloss sie sich Steve, Bruce und Natasha an. Der Rest des Teams blieb im Stark Tower.
Im Central Park war die Hölle los. Das Schauspiel hatte unzählige Menschen angelockt, und die Polizei, die inzwischen ebenfalls vor Ort war, bekundete Mühe, die Leute in Schach zu halten. Melinda gelang es, sich durch ein paar Schaulustige hindurch zu zwängen und dem Phänomen ganz nahe zu kommen. Gerade, als sie so richtig über die Vorkommnisse staunen wollte, würde sie von der drängenden Menge nach vorne geschubst...
...und fiel mitten ins Nichts hinein.
Sie war, genau wie all diese Gegenstände, welche die Leute zum Spass fallen liessen, in diesen Sog hineingezogen worden. Nur dass sie nicht wenige Sekunden später wieder da auftauchte, wo sie verschwunden war.
Nein, sie hatte das Gefühl, einen endlosen Moment lang zu fallen – um dann plötzlich wieder festen Boden unter sich zu spüren. Wo war sie? Es war stockfinster um sie herum, und klirrende Kälte umgab sie. Mit den Händen versuchte sie, sich vorzutasten, und stiess dabei an nasse, glitschige Wände. So langsam stieg leichte Panik in ihr auf. Doch gerade als sie laut um Hilfe rufen wollte – vielleicht hatte sie ja Glück und jemand konnte sie hören! – erkannte sie wenige Meter vor sich plötzlich ein seltsames, orange-bräunliches Flimmern. Von Neugier gepackt ging sie darauf zu. Was war das? Es schien eine bewegliche Masse zu sein, die da vor ihr leuchtete, und ein seltsam hoher, schriller Ton war auf einmal überall zu hören.
Instinktiv wollte Melinda wieder zurückweichen. Doch es war bereits zu spät: was immer das war, es umgab sie plötzlich von allen Seiten und kreiste sie regelrecht ein. Melinda versuchte, es mit den Händen abzuwehren, aber da schnellte die Masse schon nach vorn und drang von überall her in sie ein. Drang durch ihre Nase, ihren Mund, ihre Ohren, die Poren ihrer Haut...
Melinda schrie. Doch dann war es so schnell vorbei wie es begonnen hatte – und was immer da gerade in sie eingedrungen war, steckte jetzt in ihrem Körper fest.
Gerade als sie erneut schreien wollte, wurde sie von den Füssen gerissen...
...und landete wieder an der Stelle im Central Park, an der sie vorhin verschwunden war.
Vorhin? Nun, nicht ganz, wie sie jetzt erfuhr, als die besorgten drei Avengers und jede Menge Polizisten auf sie zustürmten. Fassungslos bekam sie zu hören, dass sie ganze fünf Stunden weg gewesen war! Doch gerade als sie ihren Mund öffnete und Fragen stellen wollte, wurde auf einmal ein regenbogenfarbiger Lichtblitz hinter ihr sichtbar – und Thor stand vor ihnen.
Ohne sich mit grossen Erklärungen aufzuhalten, sagte er nur: «Du musst mit mir mitkommen, Melinda.» Er zog sie hoch, nahm sie in die Arme und schaute dann kurz auf ihre Freunde, sagte hastig «keine Angst, ich kümmere mich um sie», blickte dann wieder nach oben und rief: «Heimdall, ich habe sie. Hol uns zurück.»
Und weg waren er und Melinda.
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Loki: The Dark Prince - Der dunkle Prinz
ChickLitEr ist die grösste Bedrohung, der die Menschheit bisher ins Auge blicken musste. Der schlimmste Feind, den es mit allen Mitteln zu bekämpfen gilt. Doch Agentin Melinda Crave kann nicht verhindern, dass sie von Anfang an dem Bann des geheimnisvolle...