Lokis Idee war einfach und schwierig zugleich: das kleine Fragment des Monolithen zu verstärken mit seiner Magie, um so das Portal für ihn durchgängig zu machen. Das würde ihn, wie er wusste, allerdings eine Menge Kraft kosten – so es denn überhaupt funktionieren würde. Aber wenn es klappte, würde er auf der anderen Seite vorübergehend ziemlich geschwächt sein. Nicht gerade die besten Voraussetzungen, um einer Kreatur wie dem Hive gegenüber zu treten.
Nicht, dass er das laut ausgesprochen hätte. Melinda schaute ihn auch so schon die ganze Zeit besorgt genug an. Da brauchte er sich nicht noch irgendwelche Kommentare von wegen 'viel zu gefährlich' oder sogar 'kommt nicht in Frage!' anzuhören.
Das Gesteinsfragment war sofort nach Lokis Anweisungen hinter Glas in sichere Verwahrung genommen worden. Nun scheuchte Loki alle aus dem Raum und öffnete den Verschluss. Seine Finger tasteten nach dem kleinen Stück des Monolithen. Es fühlte sich kalt und gleichzeitig warm an. Lokis Hand zuckte instinktiv zurück. Ein unangenehmes Kribbeln breitete sich in seinem Körper aus.
Er holte tief Luft und berührte den Stein erneut. Diesmal konnte er deutlich seine Kraft wahrnehmen – und den Sog, der sich zeitweilig öffnete und alles hineinzog, was hindurch passte. Nun, das war zumindest schon mal vielversprechend. Das Portal war also durch die Berührung schon mal ein Stück weit aktiviert worden. Jetzt musste er nur noch einen Weg finden, es richtig in Gang zu bringen und dabei die Öffnung zu vergrössern.
Er konzentrierte sich und schaffte es, dass seine Hand in den Stein hineinglitt. Sofort zerrten Kräfte an ihm, die er nicht benennen konnte. 'Nur die Ruhe', sagte er sich. 'Du hast schon Schlimmeres hinbekommen'.
Der Sog wurde stärker, doch ebenso wurde die Magie, die durch seine Finger floss. Loki spürte, dass er die Atome des Portalsteins ausdehnen konnte. Wie weit, das wusste er allerdings noch nicht. Ausserdem zehrte die Sache bereits schon jetzt ganz gehörig an ihm. Er fühlte sich zusehends erschöpfter. Aber er dachte gar nicht daran, aufzuhören. Dafür war er viel zu nahe dran.
Über die Kameras verfolgten die Avengers jede seiner Bewegungen. Als Lokis Hand in dem dunklen Gestein versank, schrie Melinda unterdrückt auf. Natasha legte den Arm um ihre Schultern und zog sie sanft an sich. «Er weiss schon, was er tut,» sagte sie und meinte es auch so.
Melinda nickte tapfer. Trotzdem hatte sie ein sehr ungutes Gefühl bei der Sache. Zum einen deshalb, weil Loki darauf bestanden hatte, allein zu gehen. 'Es wird schon schwierig genug werden, das Portal für eine Person gross genug zu machen,' hatte er gesagt. 'Es für mehrere Leute durchgängig zu machen dürfte schlicht unmöglich sein.' Zum anderen sah sie Loki sehr deutlich an, welche Anstrengung ihn das hier kostete. Sein Gesicht wirkte verkrampft, und sie hörte seinen mühsamen Atem. Sie wusste nicht genau, wovor sie mehr Angst hatte: davor, dass Loki es nicht schaffen würde, durch das ausserirdische Tor zu schlüpfen oder davor, dass es ihm gelang.
Auf einmal begann der Stein sich zu verflüssigen, sich zu bewegen. Melinda hielt den Atem an – und noch mehr, als sie sah, wie die Masse einen Kreis zu bilden begann, in dessen Mitte Lokis grüne Magie schimmerte. Der Kreis, zuerst noch relativ klein, wurde grösser und grösser, bis er schliesslich gross genug war, um...
...Loki einzusaugen.
Melinda schrie auf, riss sich von Natasha los, die sie vergeblich festzuhalten versuchte, und stürzte in den Raum. Aber es war bereits zu spät. Das Portal schloss sich sogleich wieder, und der eben noch bewegliche Stein wurde wieder hart und fest.
Loki war weg.
Er wurde regelrecht auf die andere Seite geschleudert und prallte ziemlich hart auf den kahlen Boden auf. Irgendwie hatte er zwar damit gerechnet, nicht gerade in einem Paradies zu landen, aber dass der Ort dermassen öde und trostlos sein würde, überraschte ihn doch ein wenig. Denn was ihn umgab, war eine graue Felslandschaft, in der es auch nicht das winzigste Zeichen von Leben gab. Oder auch nur von Pflanzen.
DU LIEST GERADE
Loki: The Dark Prince - Der dunkle Prinz
ChickLitEr ist die grösste Bedrohung, der die Menschheit bisher ins Auge blicken musste. Der schlimmste Feind, den es mit allen Mitteln zu bekämpfen gilt. Doch Agentin Melinda Crave kann nicht verhindern, dass sie von Anfang an dem Bann des geheimnisvolle...