Loki: The Dark Prince - Der dunkle Prinz

Der Tote, der wieder lebendig wurde

Irgendetwas stimmte nicht. Loki spürte es sofort, als er an diesem Morgen nach unten kam. Wie immer in den letzten drei Tagen, seit er, Thor und Melinda aus Asgard zurück waren, trafen sie sich jeden Tag kurz nach dem Frühstück mit den anderen zur gemeinsamen Lagebesprechung. Nachdem Malekith erledigt und die Konvergenz wieder vorüber war, wollten die Avengers unbedingt herausfinden, welche Erkenntnisse aus Lokis altem Notizbuch Hydra wohl zu nutzen versucht hatte. Bisher hatten sie nur raten können, denn auch Wanda und Pietro Maximoff, die langsam – ganz langsam – ein wenig auftauten, hatten keine Ahnung. Für Wanda als Magierin war es schlicht unmöglich gewesen, zu widerstehen, als sie das gute Stück gefunden hatte... Doch sogar sie gab zu, dass sie inzwischen grosse Angst überfiel, wenn sie auch nur den Buchrücken berührte. Das Buch zu öffnen und hinein zu blicken wagte sie nicht mehr, seit sie nach dem ersten Mal das Gefühl gehabt hatte, in einen dunklen Sog hineingezogen zu werden. Einen Sog aus Gier nach Erkenntnis und Wissen, welches alles überstieg, was sie sich je hatte vorstellen können. Sie hatte die Verlockung gespürt – und im letzten Moment einen Rückzieher machen können.

Die Zwillinge hatten inzwischen erkannt, dass die Avengers zu den 'Guten' gehörten – sogar Tony Stark. Und da sie sich genauso wie sie bange fragten, was Hydra wohl tun würde, wenn die auch nur einen Teil des Buches gelesen hatten, wollten sie an ihrer Seite kämpfen.

Nur tappten sie alle völlig im Dunkeln, was Hydra anbelangte...

Doch an diesem Morgen war alles anders. Loki wusste es, obwohl er sich zwang, sein Versprechen zu halten und aus dem Bewusstsein der Anwesenden raus zu bleiben. Sein magischer Sinn liess es ihn aber auch so erkennen – und er sah Wanda an, dass es ihr ähnlich ging. Dass sie zumindest etwas ahnte.

Allerdings sagten weder er noch die junge Frau etwas. Wenn sie sich nicht irrten, würde es wohl bald offenbar werden. Und da sie ja nichts Konkretes nennen konnten, würde sie eh keiner verstehen.

Das Telefon klingelte. Iron Man ging ran und kam nach rund zehn langen, sehr intensiven Gesprächsminuten wieder zurück. Sein Blick schweifte in die Runde und blieb schliesslich an Loki hängen. Ein sehr seltsamer Ausdruck lag in seinen Augen, ehe er vorsichtig sagte: «Wir bekommen gleich Besuch. Bitte stellt keine Fragen – ihr werdet gleich erfahren, wer es ist...»

Loki fiel es extrem schwer, sein Versprechen zu halten. Aber er riss sich zusammen und versuchte, sich wie alle anderen in Geduld zu üben und Starks Gedanken in Ruhe zu lassen.

Zwanzig Minuten später wünschte er sich, er hätte sich nicht an die Abmachung gehalten...

Zuerst sahen Loki und die anderen nur fünf S.H.I.E.L.D. Agenten hereinkommen, und Loki sprang instinktiv auf und hob seine rechte Hand. Ein Energiekreis begann sich darin zu bilden, ohne dass er es realisierte. Thor wollte ihm gerade beruhigend die Hand auf den Arm legen, als er den Mann bemerkte, der als letzter hereinkam. Doch noch ehe er etwas sagen konnte, hörte er Loki stammeln: «Sie..? Das ist unmöglich! Sie sind... tot!»

Loki war allerdings nicht der einzige, der einen Schock hatte. Ausser ihm und den Avengers (mit Ausnahme von Tony, wie Melinda feststellte), ging es dem Angesprochenen ähnlich. Er warf nur einen flüchtigen Blick in die Runde, ehe seine Augen auf Loki haften blieben. Er musterte ihn, als hätte er soeben einen Geist gesehen.

«Loki!» entfuhr es Phil Coulson entsetzt.

Seine Leute zogen ihre Waffen und richteten sie auf Loki. Es handelte sich dabei noch um zwei weitere Männer sowie zwei Frauen. Der eine der Männer, ein Schwarzer, war fast so gross wie Loki und beinahe so muskelbepackt wie Thor, der andere klein und drahtig. Die eine Frau, eine Asiatin, hielt als einzige keine Waffe in der Hand, sondern stand in bereiter Kampfstellung da, die Hände zu Fäusten vors Gesicht erhoben. Die zweite Frau hatte zwar eine Waffe in der Hand, doch irgendwie wirkte sie, als ob sie eher etwas anderes einsetzen würde – ihre linke Hand hielt sie nämlich auf Armhöhe ausgestreckt.