𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟙𝟟

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                𝔾𝕚𝕕𝕖𝕠𝕟𝕤 .𝕆.𝕍.

Mein Hals tat immer noch weh und ich griff instinktiv an die Stelle, an der mein Vater mich an die Wand gedrückt hatte. Wie war er nur so geworden? Früher hätte er es nie gewagt seinen Kindern auch nur ein Haar zu krümmen, doch diese Zeit war vorbei. Meine Kindheit war vorbei. Nächstes Jahr hatte ich Geburtstag, mein 18. Dann würde ich das Rudel führen, so wollte es zumindest Vater. So viele Gedanken schwirrten mir durch den Kopf, doch ich musste mich darauf konzentrieren Jace zu finden.

*knack* Ich fuhr herum und schob meine Gedanken weg, es war nichts zu sehen.
»Jace? Ich weiß, dass du da bist.«. Stille. Doch dann ergriff mich von hinten eine Hand und hielt mir den Mund zu, gleichzeitig hörte ich Jace in meinem Kopf. »Ich bin's nur, Bruder.«. Er griff nun meinen Arm und ich drehte mich um. Mein Bruder hatte die Augen geschlossen, er schien sich zu konzentrieren.

»Was ist los?«, fragte ich in seinem Kopf.

»Raveers«, antwortete er knapp. »Wir können gleich reden, dann erzähl ich dir, was passiert ist. Ich muss nur erst die Geräusche vollständig eliminiert haben.«, setzte er noch nach. Und plötzlich sah ich sie. Circa fünf Raveers durchkämmten das Gelände und da fiel mir ein, dass ich ja durch das Portal getreten war.

»So, fertig.«, sagte Jace. Und ich sah schon wie sich das Wolfsblut langsam auf seiner Hand ausbreitete. Das Blut eines Wolfes, der einmal der Alpha werden sollte. Nicht er, doch dieser Wolf hatte seine Mutter getötet.

»Was ist gestern passiert, Gideon?«, riss Jace mich aus meinen Gedanken. Schon wieder.

»Dan ist tot, Jace. Er wurde von Raveers getötet. Sie haben es auch bei Jordan versucht, aber nicht geschafft. Trotzdem ist Jordan in der Schwebe. Er wird sterben, wenn ihm  nicht bald geholfen wird.«, antwortete ich ihm ernst und traurig. Jace ließ die Schultern hängen und sah geschockt aus. »Was??! Ich könnte versuchen Jordan zu helfen, aber Vater wird mich nicht zu ihm lassen.«, sagte er niedergeschlagen.

»Ich weiß, Dan und du wart als Kinder befreundet... Und zu Vater, ich hab es hingekriegt, dass er dich zu Jordan lässt, solange er dich nicht zu Gesicht bekommt. Jordan hat mir geholfen.«.

Jace nickte. »Dann lass uns sofort los.«

Nachdem wir durch das Portal getreten waren, löste Jace unsere Tarnung und mir kam eine verrückte Idee. Ich zog Jace mit ins Gebüsch. »Hey, was soll das?«, protestierte er. Dann begriff er und grinste. »Das, was ich denke?«.

Ich nickte. »Wir müssen uns eh umziehen, dann können wir auch ein Rennen einlegen.«, sagte ich und grinste.

»Den gewohnten Weg?«, fragte Jace. Ich nickte. Mit dem gewohnten Weg meinte er einen versteckten Pfad zwischen den Bäumen, den wir schon als Kinder langgelaufen waren.

Wir begannen uns bis auf die Unterhose auszuziehen und ließen kurz darauf unsere Knochen knacken, bis wir in unserer Wolfsgestalt da standen. Jace und ich nickten uns kurz zu, dann rannten wir los. Wir rannten Kopf an Kopf und der Wind fegte durch mein Fell. Auch wenn es als ein Fluch gedacht war, ich liebte es in meiner Wolfsgestalt Zeit zu verbringen. Dann war dieses wundervolle Rennen leider schon zu Ende und wir verwandelten uns zurück.

»Immer noch der, der mehr Wolf ist als Mensch.«, Jace grinste. »Es war wundervoll, das müssen wir wieder öfter machen!«, sagte er freudestrahlend. Die Trübsal von vorhin war wie weggeblasen. »Da hast du Recht.«, stimmte ich zu. »Ich hol uns eben Sachen zum Anziehen, es sei denn, du willst so zur Jordan.«.

»Wieso nicht?«, fragte Jace und lachte ironisch.

»Xenia ist auch dort drin. Wenn dich das nicht stört...«, merkte ich an. Er grinste.

»Bring mir was mit...«, erwiderte er.

Ich lief los und holte aus einem meiner Verstecken zwei Hosen und zwei kurzärmelige Hemden, dann lief ich zurück zu Jace.

Er sah überrascht aus. »Wo hast du denn jetzt die Sachen so schnell herbekommen?«, fragte er, während er schon begann sich die Hose anzuziehen.

»Ich hab doch hier und da überall etwas deponiert.«. Ich zwinkerte ihm zu. Er lachte als er sich das Hemd überwarf.

»Wir sollten jetzt aber echt los. Wenn ich mich nicht täusche, ist dieses Stöhnen die ganze Zeit von Jordan.«, sagte ich.

Wir rannten los und kamen nur wenige Minuten später bei Jordan an. Wir traten ein und sahen Xenia bei ihm sitzen, die jedoch ziemlich erleichtert aussah, dass wir auch da waren.

»Kannst du sie bitte rausbringen, Gideon?«, wandte sich Jace an mich.

»Wieso? Was ist los?«,  fragte sie ihn.

»Das solltest du nicht sehen.«, entgegnete mein Bruder.

»Und was ist, wenn ich es sehen möchte?«, fragte sie trotzig. Jace sah mich flehend an und ich verstand sofort. Ich packte Xenia am Arm und wollte sie sanft heraus schieben. »Komm Xenia, lass uns rausgehen.«, sagte ich ruhig, doch sie wehrte sich. »Lass mich los.«, knurrte sie und versuchte sich meinem Griff zu entwinden. Sie sah mich mit funkelnden, gelben Augen an. Ich ließ schlagartig von ihr ab. Sie hatte mich noch nie angeknurrt. Ich war ihr Mate, sie liebte mich doch, oder?

»Geh doch.«, sagte sie an mich gewandt, dann wandte sie sich zu Jace. »Ich bleibe hier. Ich bin es satt, dass mir immer alles vorenthalten wird!«.

Jace, wahrscheinlich überrascht, dass Xenia so harsch sein konnte, nickte nur. Sie lächelte zufrieden und setzte sich zu mir. Dann legte Jace los. Er machte den Mund auf und ließ seine Zähne wachsen, seine Augen fingen an eisblau zu glühen. Dann ging er zu Jordan und biss sich in den Unterarm. Xenias Hand schnellte zu meiner. Überrascht sah ich sie an, aber sie war ganz gebannt von dem, was sich an Jordans Bett abspielte. Jace weckte Jordan und lächelte ihn müde an, dann führte er seinen blutenden Arm zu Jordans Mund. Xenia sah geschockt aus und ich drückte leicht ihre Hand. Sie schaute mich mit einem kurzen, verstörten Blick an, bis sie sich wieder dem Geschehen zuwandte. Jordan trank und trank und ich zweifelte schon daran, dass es helfen würde. Doch als er aufgehört hatte, sah er deutlich besser aus. Jace wandte sich um und sah Xenias verstörten Blick. Seine Miene wurde hart und er verließ ohne ein Wort den Raum.

Time Wolf  Wie das Blut in meine Lippen flossWo Geschichten leben. Entdecke jetzt