𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟚𝟠

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𝕏𝕖𝕟𝕚𝕒𝕤 .𝕆.𝕍.

Ich erstarrte. »Wie kann ich sicher sein, dass du nicht lügst?«, fragte ich.

Gray zog kurzerhand sein T-Shirt aus. Er war gut gebaut und sehr durchtrainiert. Er drehte sich um, sodass ich sein Rudelmal sehen konnte. »Siehst du das ,,M'' auf der rechten Seite?«, fragte er.

Ich nickte, dann fiel mir ein, dass er mich nicht sehen konnte. »Ja.«, antwortete ich.

»Das ist unser Familienzeichen, M für Maxwell. Wenn man versucht es bei einem anderen aufzutragen, der kein Maxwell ist, funktioniert es entweder nicht oder derjenige stirbt.«, beendete Gray seine Erzählung, drehte sich wieder um und zog sein T-Shirt wieder an. Ich hatte sowas tatsächlich schon bei Gideon und Jace gesehen. Ich guckte skeptisch.

»Er hat Recht!«, ertönte Jace Stimme aus Richtung Treppe. »Darf ich trotzdem einmal sehen?«, fragte er. Gray nickte und zog abermals sein T-Shirt aus. Jace fuhr vorsichtig den Buchstaben nach. »Gray Maxwell also.«, grinste er. Gray sah wieder etwas entspannter aus, auch ich hatte meine Skepsis verloren. Er konnte nicht lügen.

»So, ich geh wieder hoch und kläre Gideon und Lea auf. In der Zeit könnt ihr euch noch ein bisschen besser kennenlernen.«, Jace zwinkerte uns zu. Es war vielleicht wirklich besser, wenn er es den beiden sagte und nicht Gray selbst, Gideons Skepsis war bestimmt noch größer als meine.

Es herrschte Stille zwischen Gray und mir bis ich mich durchrang etwas zu fragen. »Wie alt bist du dann jetzt eigentlich?«.

Er sah erleichtert aus, dass ich die Stille unterbrochen hatte. »Ich bin jetzt 19.«. Er lächelte schüchtern. »Und du?«, fragte er.

»16.«, antwortete ich.

»Wie waren sie so?«, fragte ich zögerlich. »Unsere Eltern«, schob ich nach.

Grays Blick wurde weich und sehr traurig. »Sie waren die liebevollsten Eltern, die du dir nur vorstellen kannst. Vater hat jedem die Wacht angesagt, der nur einen Schritt mit bösem Hintergedanken auf uns zu gemacht hat. Wenn doch etwas passiert ist, haben sie sich meistens entschuldigt, weil er Menschen kontrollieren konnte. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass es nicht echt war. Und unsere Mutter war die Liebe in Person.«. Eine Träne rollte seine Wange runter. Ich ergriff vorsichtig seine Hand und drückte sie leicht. »Sie kam immer zu dir, wenn du etwas hattest und nahm dich in den Arm, auch wenn du etwas angestellt hattest. Sie waren beide Black Wolfs. Das bedeutet, sie können nicht mehr in der Zeit reisen, aber haben das Tier und die Fähigkeit noch in sich. Du warst ihr kleiner Schatz. Sie haben dich beschützt, was auch immer kam und sie haben dich geliebt, genau wie ich.«.

Jetzt fing ich auch an zu weinen und Gray nahm mich in den Arm und drückte mich fest an sich. Ich hielt mich an dem letzten Stück meiner Familie fest so gut ich konnte.

»Ich dachte, ich hätte dich verloren.«, flüsterte er leise.

»Ich auch.«, schluchzte ich. Plötzlich übermannte mich die Müdigkeit und ich schlief in Grays Armen ein.

~~~

Ich wurde von einem heiseren Schnarchen geweckt. Ich schlug schwerfällig die Augen auf. Draußen war es schon hell. Ich sah mich um. Ich lag in einem großen Boxspringbett und neben mir schlief Gideon. Das Zimmer war schlicht und elegant in schwarz-weiß gehalten. Es lag ein dunkelgrüner Flauschteppich auf dem Boden und rote Gardinen hingen vor dem Fenster.

Ich schaute zur Seite und, Gott sei Dank, auf dem Tisch stand eine Uhr. Es war 11 Uhr und Samstag. Neben der Uhr lag ein kleiner Zettel. Ich schlüpfte unter der Bettdecke hervor und streckte mich nach dem Zettel.
Die Schrift sah ein bisschen Comic mäßig aus. Ich begann ihn zu lesen „Du bist eingeschlafen und ich hab dich ins Bett gebracht. Ich hoffe, du hast gut geschlafen. Falls du mich suchst - ich bin im Gästezimmer. Gray".

Ich lächelte. Ich hatte einen Bruder und er war hier. Ich stand vorsichtig auf, um Gideon nicht zu wecken. Eigentlich war ich noch sehr müde, aber viel Schlaf würde ich jetzt eh nicht mehr bekommen. Ich schlüpfte aus dem Zimmer und schloss die Tür leise hinter mir. Ich stand in einem mittellangen Flur, wo ein paar Meter weiter die Treppe nach unten führte. Ich ging ihn entlang und entdeckte eine Tür, an der ein Vintage Schild mit WC hing. Ich dankte Gott inständig dafür, dass ich jetzt wenigstens nicht fragen musste, wo das Badezimmer war. Ich machte mich kurz frisch und ging dann nach unten.

Unten saßen Gray und Jace in einem kleinen abgegrenzten Essbereich in der Küche.

»Guten Morgen!«, begrüßte ich sie.

»Guten Morgen.«, antworteten sie fast beide gleichzeitig. Ich setzte mich neben Gray, der gerade Kaffee trank. »Ich hab deinen Zettel gesehen, danke!«. Ich lächelte ihn an. Er hatte Boxershorts und ein T-Shirt an und sah noch ziemlich verschlafen aus. Ich stand wieder auf und ging in die Küche, um mir ein Brot zu machen.

Als ich gerade in mein Marmeladenbrot beißen wollte, fragte mich Jace. »Möchtest du auch einen Kaffee?«. Ich nickte und er stand auf, um mir einen zu machen. Auch er hatte nur eine weite Boxershorts an mit einem offenen karierten Hemd drüber. Die Küche war in einem kleinen Erker mit Glasfront, doch die Plissees waren etwas hochgezogen. Jace stellte die Kaffeemaschine aus. »Schwarz?«, fragte er.

»Bring die Milch einfach mal mit.«, antwortete ich.

Er stellte die Tasse und die Milch vor mir ab. »Danke!«, sagte ich und lächelte. Jace lächelte zurück und strich sich die umgemachten Haare aus dem Gesicht. Er wollte sich gerade wieder hinsetzen als es klingelte. Er stöhnte und bewegte sich in Richtung Tür.

Er wollte durchs Fenster gucken, doch die Gardinen waren noch geschlossen. Von meinem Platz hatte ich perfekte Sicht auf die Tür, doch die Personen vor der Tür konnten mich nicht sehen.
Jace öffnete die Tür. »Kommissar Howard!«, rief er überrascht aus.

»Guten Tag, Mr. Cadoc.«, antwortete er und starrte verhalten auf Jaces Hemd, »Störe ich?«.

«Nein, wir frühstücken nur gerade. Was machen Sie hier?«, fragte Jace immer noch etwas überrascht und fing an sich das Hemd zuzuknöpfen.

»Sie haben den hier gestern bei uns vergessen und ich dachte ich bring ihn eben vorbei.«, sagte er freundlich und hielt den Seesack hoch. Ich schlug mir mit der flachen Hand vor die Stirn. »Stimmt ja! Mist!«, flüsterte ich, und Gray sah mich fragend an. »Erzähl ich dir gleich, wenn Jace wieder da ist.«, raunte ich ihm zu.

Jace nahm den Seesack entgegen und stellte ihn aufs Sofa. »Vielen Dank, den haben wir gestern über die Sorgen völlig vergessen!«, sagte Jace entschuldigend.

»Ist ja alles in Ordnung, Mr Cadoc, ich wusste ja an wen ich mich wenden muss. Wie geht es Ihrem Vater? Hat er es geschafft?«.

»Er wurde über Nacht als Notfall zu einer Spezialklinik gefahren.«, antwortete Jace.

»Ist denn jemand mitgefahren?«, fragte Howard.

»Ja, mein Onkel arbeitet in diesem Krankenhaus und kann regelmäßig nach ihm sehen.«.

»Dann wünsche ich Ihrem Vater gute Genesung und wegen den weiteren Ermittlungen werde ich mich nochmal bei Ihnen melden. Dann will ich sie auch gar nicht weiter stören. Schönen Tag noch.«, verabschiedete sich Howard.

»Dann weiß ich Bescheid, dankeschön und Ihnen auch einen schönen Tag!«, sagte Jace und schloss die Tür. Er kam wieder zu uns und wir warteten bis das Auto weggefahren war, bis wir laut ausatmeten.

Gray sah uns fragend an. »Kann mich mal bitte jemand aufklären?«.

Time Wolf  Wie das Blut in meine Lippen flossWo Geschichten leben. Entdecke jetzt