Im Kinosaal waren ausschließlich Pärchen, es fiel uns beiden direkt beim Eintreten auf. Wir sahen uns den Film an, ohne ein Wort auszutauschen, in Gedanken war ich aber die ganze Zeit bei Daniele. Wie es aussah hatte er niemanden, der ihm helfen konnte. Keiner, dem er sich anvertraute. Auch, wenn mir das mit der Schlafsucht komisch vor kam. Ich hatte in diesem Moment den Drang danach, ihn zu sehen und ihn zu umarmen. Ihm zu sagen, dass ich ihm beistehen würde. Ich würde mich genauso um ihn kümmern, wie er es gestern tat und soviel mehr.
Vielleicht fuhr er deswegen nachts um die Straßen, weil er nicht einschlafen wollte? Ach Val, du bist doch paranoid. Er hätte ja vom einkaufen gekommen sein können, oder sich mit einem Freund getroffen haben. Nein, eher weniger das Zweite. Welche Freunde?
Zum Ende des Filmes hin spürte ich die heimlichen Blicke von Niclas auf mir. Sein Arm war auf der Lehne zwischen uns, mit geöffneter Handinnenfläche. Ich merkte wie er sich im Laufe des Filmes mehr in meine Richtung anlehnte, aber ich ließ meine Hände bei mir. Ich fand es schade, denn ich wollte mich ab der zweiten Hälfte auf den Film konzentrieren, statt darauf, wann er versuchen würde mich zu küssen. Mein starrer Blick zur Leinwand und die distanzierte Haltung machten ihm schnell klar, auch seinen Blick auf die Leinwand zu lenken. Nach dem Film holte er das Auto, während ich am Eingang wartete. Ich beobachtete wie die Pärchen sich verabschiedeten und sich ihre Wege trennten. Langsam spürte ich die Kälte und rieb die Hände aneinander.
Über mir ertönte ein Vogelkreischen und ich zuckte zusammen. An der Laterne entdeckte ich einen gewaltigen Adler, der seinen Blick auf mich fokussierte, Ich war die einzige, die ihn wahrgenommen hatte. Aufschauend betrachtete ich ihn. Er war schlicht braun mit blauen Augen.
Was für intensive blaue Augen...Das kommt mir bekannt vor.
Ich lief ein paar Schritte zur Seite und wieder zurück. Wenn er mich nicht mit seinen Blicken verfolgen würde, hätte ich glatt gedacht, dass er nicht echt ist. Er bewegte sich überhaupt nicht, ab und an blinzelte er mit den Augen.
Wie gruselig. Wie eine Statur.
Mich überkam ein seltsames Gefühl und ich lief zur Laterne.
„Geh weg!", zischte ich, „Verschwinde!" Dieses Ding bereitete mir Angst. Ich suchte nach einem Stein, um den Adler zu verscheuchen. Ich schaute umher, aber hörte einen Flügelschlag und als ich wieder aufschaute, sah ich ihn weg fliegen.
Der Wagen von Niclas näherte sich und hielt am Straßenrand an. Ich stieg ein, etwas benommen, aber bemühte mich darum, es ihm nicht zu zeigen. Glücklicherweise fiel es ihm nicht auf, er erzählte auf dem Rückweg von seiner Zeit an der High-School. Zuhause angekommen umarmte ich ihn zum Abschied, Niclas Gesicht blieb an meinem stehen.
Bitte nicht.
Er schaute mir auf die Lippen und beugte sich nach vorne, aber ich hielt den Kopf zurück. Er stoppte seinen Versuch und wurde durch meine Reaktion unruhig.
„Tut mir leid, Valerie. Ich -"
„Nein, ist schon okay."
Beschämt lehnte er sich zurück und sah aus dem Autofenster hinaus. Es tat mir so leid, aber ich war einfach nicht bereit dafür. Wir schwiegen einige Sekunden, doch ich wollte den Abend auf keinen Fall so beenden. Niclas hat es nicht verdient, jemandem hinter zu rennen, der nicht an ihn interessiert war. Aber das war einfacher gesagt als getan.
„Nick. Ich mag dich. Sehr sogar. Ist eine Freundschaft denn nicht genug?" Er schaute immer noch aus dem Autofenster ohne mich anzusehen.
„Fürs erste", er sah zu mir, „Gib den Dingen wenigstens eine Chance. Wir werden es auch langsamer angehen."
Er hat so viel Hoffnung, Gott, wie kannst du ihn bloß enttäuschen?
„In Ordnung", willigte ich zögernd ein. Mit seinen hoffnungslosen kleinen Augen gab er ein Lächeln frei.
Zuhause machte ich es mir bequem und konfigurierte das geliehene Handy. Ich überprüfte mein Instagram-Account: Toni Caruso hatte meine Anfrage immer noch nicht bestätigt.
Vielleicht hat er über das Profilbild erkannt, wer ich bin, und hat mich absichtlich nicht angenommen.
Das klang auch typisch nach ihm, Ich beschloss ein Fake-Account zu eröffnen und schickte ihm über dieses Profil eine Anfrage. Gerade wollte ich das Handy zur Seite legen, um mein Bett frei zu räumen, als es schon piepte. Ich nahm das Handy in die Hand und sah, wie ein Banner auf dem Display erschien.
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Antonio Caruso ~abgeschlossen~
Fantasy~ABGESCHLOSSEN~ Valerie Gavenar hat sich für ein Studium an der Felltrix University of Arts and Materials entschieden und zieht nach Tennessee. Sie begegnet einem unmenschlichen Wesen, in das sie sich unwillkürlich verliebt. Er ist scharf und unanta...