Die Tage wurden länger, die Wochen noch stressiger. Antonio war ständig außerstädtisch unterwegs und suchte nach Lösungen. Er fuhr in die Nachbarstädte, flog nach Europa und war immer nur für kurze Tage in Tennessee. Im Grunde genommen war er nur hier, um mich zu besuchen. Es fiel ihm schwer, er selbst zu sein. Zu tun, als wäre alles in Ordnung. Als hätte er alles im Griff, aber ich erklärte ihm, dass er sich nicht verstellen muss. Oftmals machte ich ihm bei mir ein Bad, wir tranken heiße Schokolade und ich redete von mir und der Welt. Es lenkte ihn ab, statt immer wieder über seinen Cousin zu sprechen und darüber, wie erfolglos die vergangene Reise war. Aber nie konnte er die Nacht über mit mir verbringen, weil er oftmals in der Frühe los zog zum nächsten Ort. Lorenzo hatte er seitdem nicht mehr gesehen gehabt, noch finden können. Doch er setzte seinen Fokus erstmals auf die Findung einer Lösung.
„Langweile ich dich?"
„Nein, mio sole."
„Was möchtest du hören? Sollen wir uns einen Film ansehen?"
„Erzähle mir weiter, was du gestern gemacht hast."
„Bitte, ich meine es ernst", flüsterte ich.
„Ich auch", hauchte er mir ins Ohr. Unsere Lippen berührten sich und die Feuchtigkeit aus seinem Munde benetzte meine Lippen und ich sog alles auf, was er mir gab.
„Nessuna è come te."
„Perché?"
„Dai un nuovo senso alla mia vita."
„Das habe ich nicht verstanden."
Er lächelte und ging sich mit dem Finger über die Lippen.
„Das heißt: Du gibst meinem Leben neuen Sinn." Er stand auf und ging auf die Knie.
„Was - was wird das?" Es sah aus, als würde er mir einen Antrag machen. Was wird das? Was tut er da? Und dann sprach er zu mir.
„Sei meine Freundin. Sei meine Liebe. Verlass mich nie wieder. Bitte."
„Ich stand auf und fiel ihm in die Arme.
„Ich habe immer nur dir gehört, Antonio."
An Tagen, an denen er auf Durchreise war, schmiss ich mich auf die Bücher. Ich bereitete mich für die bevorstehenden Kurse vor, unternahm viel mehr mit Nick. Telefonierte immer öfters mit Jackie. Ich brauchte es, weil es sich wie ein Loch in meinem Herzen anfühlte, wenn er nicht da war. Und wenn er kam, legte sich alles um mich herum lahm und es existierte nur noch er. An einem Freitagabend, an dem ich die Nachtschicht im Café hatte, stand er an der Tür und beobachtete mich. Seine Augen funkelten und er sah aus, als hätte er böse Gedanken. Mit mir und mit dem, was er sich ausdachte, wenn er mich kellnern sah. Ich trug ein schwarzes Shirt und eine schwarze Jeans, an den Oberschenkel stark aufgerissen, mit einer Schürze um meine Taille herum. Ich machte meine Haare lockig und es war mir überraschenderweise gut gelungen. Mein Gesicht verzierte ich mit Smokey Eyes und einem transparenten, aber glitzernden Lippenstift. Es war nichts Spektakuläres, aber er analysierte jede Bewegung von mir und auch Wochen nachdem er sich mir öffnete, wurde ich nervös deswegen. Zum Feierabend hin küsste er mich auf die Stirn.
„Hallo Liebes. Ich habe eine Überraschung für dich. Komm mit."
Mein Herz raste, ich liebte Überraschungen, aber nicht, wenn Antonio Daniele Matteo Caruso von Überraschungen sprach.
Was hat er im Sinn?
Erst fuhren wir zum Center und kauften Burger und jede Menge fettiges Zeug, bei dem wir uns sicher waren, wir würden nicht verhungern. Dann fuhr er uns zum Waldrand und wir liefen die Hügel hoch, bis wir an unserem Lieblingsausblick ankamen. Es war mittlerweile nicht mehr kalt, nur etwas kühl. Und wenn man sich bewegte, dann fror man nicht.
Der Platz, den ich so gut kannte, war verändert. Er war nicht wieder zu erkennen. Mir fielen beinahe die Augen aus dem Kopf. In der Mitte war ein Zelt platziert, umspielt mit dutzenden Lichterketten, die vor meinen Augen tanzten. Ich lief um das Zelt herum, ohne zu sprechen. Kerzen waren angezündet, die durch die windlose Nacht standhielten, obwohl wir uns in der Höhe befanden. Die Kerzen waren nicht zählbar, so viele waren es, in allen verschieden denkbaren Größen. Im Zelt selbst waren Lichter und Decken über Decken. Noch nie empfand ich das Campen als so romantisch und gemütlich, wie in diesem Moment. Dieser kleine Spot, mit dem Zelt in der Mitte, erhellte unseren kompletten Lieblingsplatz und mein Herz pochte wie verrückt.
„Gefällt es dir?"
„Ich - ich weiß nicht was ich sagen soll."
Meine Händen griffen automatisch zu einer der hängenden Lichterketten und meine Finger umschlossen das warme Teil.
„Das ist unglaublich, Antonio." Ich spürte wie er sich von hinten näherte und einige Sekunden später schob er mir die Haare aus dem Nacken und küsste ihn sanft. Gänsehaut breitete sich bei mir aus und einen Moment später umschloss er mich mit seinen kräftigen Armen.
Hach.
„Willst du nicht hinein?"
Dafür dass es von außen wie ein kleines Bauwerk aussah, war es innen doch relativ räumlich. Es hätten auch vier Personen rein gepasst, und zwar liegend. Mich erfasste eine wohlige Wärme, als ich krabbelnd hineintrat. Dutzende Decken aufeinander gestapelt, konnte man bei diesem Anblick nichts anderes fühlen als Lust. Zwei Gläser und eine Flasche Champagner standen daneben. Er öffnete sie und wir stießen gemeinsam an. Das Licht im Zelt war gedämmt, aber es zeigte alles, was man sehen musste.
„Was sagst du?"
„Es ist sagenhaft schön. Womit habe ich es verdient?"
„Heute vor einem Monat hast du eingewilligt, mit mir eine Beziehung einzugehen. Ich weiß, es geht in letzter Zeit übel zu mit meinen Gefühlen. Ich bin ständig weg, ständig in Gedanken bei dem, wie ich Enzo retten kann. Aber du hast mich immer wieder zum Grund gezerrt, immer wieder verdeutlicht, dass ich mich nicht selbst verlieren soll. Auch wenn es dabei hieß, deine Gefühle und Bedürfnisse beiseite zu packen."
Er sah mich mit ehrlichen Augen an und seine Pupillen waren geweitet. In diesem kleinen Zelt, so nah bei ihm, saugte ich sein Parfüm ein und es machte mich regelrecht schwach.
„Welche Bedürfnisse?", grinste ich.
Sofort endeten seine bisherigen Gesichtszüge und ein Funkeln war in seinen Augen sichtbar. Er spannte die Kiefermuskeln an und presste die Lippen zu einer Linie zusammen. Ich sah ihn an und verlor mich in diesen vermeintlich blinden Augen. Sein Blick nahm mich ein und verwehrte mir die Luft zum Atmen.
Dieses fein geschnitzte Gesicht, das aussieht, als käme er aus einem anderen Zeitalter. Himmel, wieso bist du nur so verführerisch?
Sein Blick pendelte von Auge zu Auge. Dann fiel sein Blick auf meine Lippen und weiter runter auf meine Brüste. Ich erwischte ihn dabei, wie sein Mund leicht geöffnet war. Seine Augen wiesen Lust auf und ich sah das bekannte Gefährliche in ihnen.
Was wirst du jetzt mit mir tun?
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Antonio Caruso ~abgeschlossen~
Fantasy~ABGESCHLOSSEN~ Valerie Gavenar hat sich für ein Studium an der Felltrix University of Arts and Materials entschieden und zieht nach Tennessee. Sie begegnet einem unmenschlichen Wesen, in das sie sich unwillkürlich verliebt. Er ist scharf und unanta...