Kapitel 18 - Der Große Böse Wolf

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„Zisch ab!", fauchte ich.

Ich dachte Dasher war schon längst über alle Berge geflüchtet, aber er war noch neben mir. Ich schubste ihn mit dem Ellbogen an.

„Dasher, mach, dass du weg kommst! Hau ab!" Aber er ging nicht, sondern stand starr wie eine Figur neben mir.

Du musst flüchten...Gegen diesen Wolf kommen wir nicht an...

Ein wenig eigenartig war es schon, denn Wölfe sind die natürlichen Feinde des Hirsches. Kein Hirsch würde auf seinen Tod warten, wenn ihm ein Wolf gegenüberstände.

Für diese Gedanken läuft mir die Zeit davon!

Der Wolf kratzte aggressiv mit der Pfote am Boden, bereitete sich vor, um anzugreifen. Mir stieg das Adrenalin in die Höhe. Ich konnte mich nicht mehr bewegen und als ich beschloss zu rennen, fühlte es sich an, als klebten meine Füße an dem Boden fest.

Jeden Moment wird er mich attackieren.

Ich stand steif da und konnte mich nicht bewegen.

Ciao Leben.

Er sprang.

Dasher machte einen Satz und ehe der Wolf mich berührte, schmiss sich der Hirsch zwischen uns und bekam einen heftigen Stoß ins Gesicht. Er wurde zur Seite geschleudert und lag auf dem Boden. Der Wolf fauchte eins oder zwei Mal und warf sich auf ihn drauf.

„Oh mein Gott, Hilfe!" Ich schrie, als wäre es ein Mensch der sich auf dem Boden gerade mit dem Wolf rang.

Ich hielt mir den Mund zu und sah gebannt zu. Das arme Tier versuchte aufzustehen, aber der Wolf packte es an sich und zog es wieder zu Boden. Dasher befreite sich aus seinen Klauen und lief zu mir.

„Nein, Dasher, lauf weg! Nicht zu mir, du sollst weglaufen!"

Der Wolf sah nicht mehr aggressiv aus. Er stand auf und wedelte mit herausgestreckter Zunge mit dem Schwanz. Als würde er auf eine Belohnung warten, dafür, dass er Dasher angegriffen hatte. Er hob den Kopf in die Luft und heulte. Dann lief er auf die Äste zu und verschwand.

Was zur Hölle ist gerade passiert? - Oh mein Gott...Dasher...

Ich sah den Hirsch an. Vom Ohr bis unter dem Auge verlief ein schräger und tief gezeichneter Kratzer, sonst schien es ihm gut zu gehen. Langsam quill das Blut aus der Schlürfe und panisch drückte ich mit den Ärmeln meiner Jacke auf die Wund, um den Blutfluss zu stoppen. Ich nahm Schnee in die Hand und legte es widerholend auf seinen Kratzer, bis es schmolz. Meine Hände waren mittlerweile knallrot, aber ich ließ mich davon nicht abwenden. Dasher senkte verstehend den Kopf und genoss die kalte Betäubung durch den Schnee. Nach einigen Zärtlichkeiten verließ ich den Wald und machte mich auf zum Einkaufscenter um einige Lebensmittel zu kaufen. Meine Gedanken hingen an diesen Wolf. Auch der Wolf war untypisch.

Ich meine welcher Wolf greift ein Hirsch an, aber lässt es wieder in Ruhe und haut ab?

Diese gelblichen, teuflischen Augen tanzten vor meinen Augen her. Sie hatten etwas freches. Etwas lebhaftes. Nach unzähligen ungeklärten Fragen fand ich Klopapier und Spülmittel, beinahe hätte ich dafür einen Mitarbeiter angesprochen. Das erinnerte mich ein wenig daran, als ich Daniele das erste Mal hier begegnet war.

Oh, Daniele. Wo bist du?

Ich bekam eine SMS von Jackie: Hab morgen ein Date mit einem attraktiven Geschäftsführer! Drück mir die Daumen. XOXO

Ich wünschte ihr viel Glück und steckte das Handy wieder ein. Meine beste Freundin hatte recht. Daniele war ein hübscher, mysteriöser und junger Mann. Bestimmt hatte er in jeder Stadt eine Freundin. Und so wie er aussah, würde keine Frau ihn ablehnen. Ich glaubte ihm die Geschichte mit der Familienangelegenheit nicht, es musste bestimmt eine Frau gewesen sein. Aber diese These aufzustellen hätte noch lange nicht gereicht.

Was ich nicht genau weiß, würde mir so schnell keine Ruhe einbringen. Das ist dein Grundgesetz, Val.

Ich beschloss es im Laufe dieser Woche herausfinden, selbst wenn ich Niclas darum fragen müsste. Am Kassenband, die nächste einer langen Warteschlange, betrachtete ich meine Einkäufe. Mittlerweile beinhaltete die Hälfte meiner Einkäufe Nüsse und irgendwelche exotischen Pflanzen und die waren nicht einmal für mich gedacht.

Ach, Dasher.

Ich gab ein Seufzen von mir, dann sah ich hinüber zum Fenster. Die Dämmerung stand bevor und dunkle Wolken zogen sich zu einer großen Masse über dem Einkaufscenter zusammen. Bereiteten sich für einen regnerischen Angriff vor.

Das Einkaufen dauerte länger als gedacht, ich erwischte eine der Stoßzeiten. Zuhause in der Haustür eintretend stellte ich die Einkaufstaschen ab und schloss die Tür. Durch das ganze Schleppen tat mein Unterrücken weh, aber ich gewährte mir bis zur Haustür keine Pause. Für diesen einen Moment legte ich die Taschen ab, die Hände und den Kopf legte ich den Nacken und schaute zur Decke. Ich atmete in langen Stößen aus, bis mir die Anstrengung abfiel. Dann griff ich zu den Einkaufstaschen und wollte gerade die Treppen hinaufsteigen, als ich einen quälenden, menschlichen Schrei hörte. Es war keine zehn Meter von mir entfernt und mein ganzer Körper erschauderte in einer Welle. Ich blieb stehen.

Woher kam das?

Ich horchte, aber es war still. Mein Herz pochte, für den Moment kam aber nichts mehr. Bestürzt hob ich die Taschen, als ich es wieder hörte. Ein lautes Krächzen gefolgt von einem bitteren Flimmern. Die Henkel der Stofftasche entglitten mir beinahe, aber ich konnte noch den lauten Aufprall verhindern.

Es kommt aus Ambers Wohnung, Val.

Ich drehte mich zur Seite und betrachtete ihre dunkle Tür. Meine Nackenhaare sträubten sich.

Was tust du jetzt, Valerie?

Ich tappte auf den Fußspitzen dahin. Zittrig legte ich die Handinnenflächen an die Tür, beugte mich vor und hielt den Kopf daran.

„Antonio, bleib wach. Sieh mich an. Du musst dich konzentrieren. Bleib wach, Antonio."

Antonio Caruso ~abgeschlossen~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt