Leo war schon einer Menge Gefahren gegenübergestanden. Doch in diesem Moment glaubte er nicht, dass ihm etwas je einen solchen Schauder den Rücken hinuntergejagt hatte, wie es der Anblick des Rochs gerade tat. Seine Augen waren so groß, dass Leo sich fragte, ob er einfach hineinfallen und in diesen bernsteinfarbenen Seen ertrinken konnte. Als sie nacheinander auf die Terrasse traten, raschelte der Roch mit dem goldbraunen Gefieder, was sich so anhörte, als würde ein Riese die gesamte Tagesauflage der New York Times zerknüllen. Er legte den Kopf schief und starrte sie an, als wüsste er nicht, ob sie eine ernsthafte Gefahr oder eher einen Nachmittagssnack darstellten. "Eins", begann Carter leise zu zählen.
Der Vogel starrte sie weiterhin an. Scheinbar blinzelte er nie.
"Zwei."
Leo umklammerte sein Kurzschwert.
"Drei!"
Und dann stürmten sie alle auf den Vogel los. Die ersten begannen, auf die Klauen des Rochs einzustechen, während Sadie sie mit irgendeinem Fesselungszauber an den Boden kettete. Der Roch stieß einen wütenden Schrei aus. Er schlug mit den Flügeln, was sie zurückstolpern ließ. Dieser Vogel konnte wahrscheinlich einen kleinen Sturm verursachen. "Alex, Sam, JETZT!", rief Carter.
Ein Tiger und eine Löwin stürzten sich von links und rechts auf die Flügel des Rochs. Sie schafften es, sie an den Körper zu pressen. Jetzt ging es richtig los. Jack, an dessen Heft eine dicke Eisenkette befestigt war, schoss mehrmals unter dem Vogel durch und wieder nach oben, bis er die Flügel an den Körper gefesselt hatte. Die anderen stachen währenddessen auf den Vogel ein, um ihn abzulenken, und mussten gleichzeitig seinem Schnabel ausweichen, mit dem er nach ihnen pickte. "Fertig!", rief Jack.
Sie wichen ein paar Schritte zurück. Der Vogel war unfähig, sich von der Stelle zu rühren. In seiner Brust steckten ein gutes Dutzend Shurikens, die die Pinguine geworfen hatten. Ein tiefer Schnitt zog sich über seinen Hals und Hearths Grillspieß steckte in seiner Seite.
"Sollen wir ihn wirklich umbringen?", fragte Calypso.
Stille kehrte ein. Der Vogel war vielleicht riesig, aber das war auch schon die einzige tatsächliche Gefahr, die er ausstrahlte.
"Wir können ja keinen Riesenvogel auf dem Dach halten. Der frisst uns die Haare vom Kopf", sagte Carter, doch seine Stimme klang rau.
Seit wann war es so schwer Monster zu töten?
"Okay, Leute, das sentimentale Zeug können wir uns für nachher sparen", sagte Alex. "Bringen wir in einfach um."Einfach war es nicht. Trotz allem wehrte sich der Vogel heftig. Schließlich war es Walt, der auf den Kopf des Monsters kletterte und seinen Schnabel zuhielt. Alex trat vor. "Ich habe die Kiste geöffnet. Also halte ich es für fair, wenn es auch ich bin, der die Monster tötet. Ist jemand anderer Meinung?"
Niemand widersprach. Also borgte sich Alex Halbgeborens Axt. Er atmete tief durch, dann holte er in weitem Bogen aus und schnitt glatt durch die Kehle des Rochs, so dass Blut in alle Richtungen spritzte. Mit einem hässlichen Geräusch fiel der Kopf gemeinsam mit Walt zu Boden, der sofort davon herunterkletterte. Er war etwas grün um die Nase, was Leo ihm nicht vergelten konnte. Er selbst hatte beim Anblick des toten Rochs einen bitteren Geschmack im Mund. Es wurde ruhig. Der Roch löste sich langsam in Staub auf und die Halbgötter, Einherje, Magier und Pinguine wandten sich zum Gehen. Sie waren alle blutbespritzt und erschöpft.Nachdem die Magier ihre Badezimmer für alle zugänglich gemacht hatten, versammelte man sich in der Eingangshalle auf dem Boden. Irgendjemand hatte scheinbar einen Jahresvorrat Cola angerissen, jedenfalls wurde das jetzt herumgereicht, bis jeder eine Dose hatte. Dann erhob sich Carter und schnipste gegen seine Dose, bis Ruhe eingekehrt war. "Magier! Halbgötter! Einherje! Pinguine! Ich danke euch allen für die Hilfe, die ihr beim Kampf gegen den Roch geleistet habt! Doch der Kampf ist noch nicht vorbei! Wir wissen nicht, ob da draußen noch mehr Monster aus der Kiste lauern, also müssen wir herausfinden, was das überhaupt für eine Kiste war und was wir tun können, außer die Monster zu töten." Er machte eine kleine theatralische Pause und Leo fragte sich, wie lange er schon Reden hielt. Er konnte das besser als so mancher andere. "Aber wir können und werden es schaffen! Denn so verschieden wir auch sind, wir sind alle eins: New Yorker! Und wenn man in einer so verrückten, schlaflosen Stadt lebt, schafft man alles, hab ich recht?"
Die Menge jubelte. Und Menge war tatsächlich nicht untertrieben. Leo hatte aufgegeben, zu schätzen, wie viele sie waren.
"Also werden wir uns aufteilen. Eine Gruppe geht zurück zum Museum, um Informationen über die Kiste zu sammeln. Ein paar weitere Gruppen werden New York Viertel für Viertel durchkämmen, auf der Suche nach weiteren Monstern."Die Gruppen wurden per Zufall eingeteilt. Jeder, der mitwollte, schrieb seinen Namen auf einen Zettel und warf ihn in einen Hut, der herumgereicht wurde. Dann zog Cheops der Pavian die Zettel. Team Brooklyn bestand also aus Alex, Zia, Carter, Hearthstone und Rico. Team Manhattan, das zurück ins Museum gehen würde, bestand aus Magnus, Leo, Skipper, Halbgeboren und Calypso, worüber Leo sehr glücklich war - je mehr Zeit er mit Calypso verbringen konnte, desto besser. Das Team, das sich nach Bronx aufmachen würde waren Piper, Mallory, Blitzen und TJ. Jason, Private, Will und Sam würden in Queens nach dem Rechten sehen und Sadie, Nico, Kowalski und Walt auf Staten Island.
Wenig später wurde ein riesiges Matratzenlager aufgeschlagen. Im Dunklen, umgeben von Tuscheln, Kichern und Sorglosigkeit, trotz des allgegenwärtigen Bewusstseins von Gefahr, fühlte Leo einen plötzlichen stechenden Schmerz in der Brust. Heimweh. Heimweh nach der Argo II. Er kniff die Augen zusammen. Das war lächerlich. Das hier war ein neuer Kampf. Keine Zeit, nostalgisch zu werden. Er schaffte es tatsächlich, das Heimweh beiseite zu schieben. Stattdessen kam ein hundertmal schlimmeres Gefühl. Erinnerungen strömten auf ihn ein. Krieg. Krieg, überall um ihn. Explosionen, Tod, Angst. Er richtete sich auf, umklammerte seine Decke, versuchte, Luft zu bekommen.
"Leo? Leo. Leo!"
Calypso schüttelte ihn. "Durchatmen. Wir hatten das doch schon in den Griff bekommen. Ein. Aus. Komm, schau mich an."
Er sah sie an, Tränen auf den Wangen, und holte zitternd Luft.
"Gut. Gut. Weiter so. Einfach weiteratmen."
Er nickte. Die Angst verschwand langsam wieder. Calypso war da und das war gut so. Und es gab neue Dinge, um die man sich Sorgen machen musste. Es galt, den Blick nach vorn zu richten. Morgen würde er nach Manhattan gehen und hoffentlich ein paar Monster abmurksen.Falls es euch interessiert, ich habe tatsächlich Zettelchen geschrieben und die Gruppen per Zufall gezogen xD
Eure
Luna_Levesque
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New York
FanfictionNew York, die Stadt, die nie schläft. Und ein besonderer Magnet für das Übernatürliche. Wieso das so ist, weiß niemand, doch eines steht fest: Eine neue Gefahr breitet sich über der Stadt aus wie ein Schatten und diesmal sind alle heldenhaften und w...