25| Kunterbunt und durchgedreht

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"Ich dachte doch ernsthaft, das hier könnte ein ruhiger Urlaub werden. Wie naiv kann man auch sein?" Mallory schnaubte und ließ ein paar farbenfrohe Flüche los.
Maia zuckte nur mit den Schultern. "Ich habe mich schon lange daran gewöhnt, dass Urlaub keine Option mehr ist."
"Schon. Aber manchmal kommen doch noch Hoffnungen auf. Also, du bist die New Yorkerin, wo kriegen wir einen Jadestein her?"
"Ich würde sagen von einem Juwelier, aber ich kenne keinen. Deshalb würde ich es bei Tina's versuchen."
"Was ist Tina's?"
"Tina ist eine Hexenmeisterin, die praktisch die ganze New Yorker Unterwelt mit Krimskrams versorgt. Es ist einer der wenigen neutralen Orte für uns, nicht einmal ein Vampir würde sich dort trauen, mich anzugreifen. Es wird also auch niemand was gegen eine untote Kriegerin haben."
"Cool. Dann auf zu Tina's."

Mallory hatte eigentlich einen kleinen vollgeramschten Laden erwartet. Stattdessen betraten sie etwas viel interessanteres. Schon von außen war das Gebäude faszinierend. Es schien, als hätte ein Architekt begonnen, es zu planen, dann die Pläne verworfen und ein paar Jahre später wären die Pläne einfach genau an der selben Stelle von einem anderen Architekten mit vollkommen anderem Stil weitergeführt worden. Hier gab es ein hohes Fenster mit schnörkerliger Verzierung, dort eines, das aussah wie ein Bullauge. Hier eine simple Regenrinne, dort einen Wasserspeier. Hier war die Fassade aus Beton, dort mit Schindeln bedeckt. "Cool, nicht wahr?", meinte Maia. "Ich könnte es auch stundenlang anstarren. Aber warte nur, bis du mal die Innenseite gesehen hast."
Über das Eingangstor war eine rote Markise gespannt, auf der in goldenen Lettern Tina's - Was immer du brauchst stand. Einer der Torflügel war aus Glas und hatte eine goldene Umrandung, der andere aus schwerem Holz. Sie traten ein. Das verrückte Gemisch der Stile ging weiter. Über ihnen glitzerte ein Kronleuchter, in dem sowohl Glühbirnen als auch Kerzen steckten. Der Teppich dah mehr wie eine Patchworkdecke aus mehreren Teppichen aus. Nicht einmal der Zweck des Ladens war klar ersichtlich. In einer Ecke standen Tische und Sessel in allen Formen und Farben wie in einem chaotischen Caféhaus. Gleich daneben standen zwei Spielautomaten, einer davon ein Einarmiger Bandit, der andere ein Pac-Man-Spiel, und ein Billardtisch. Auf der anderen Seite des Raumes standen Bücherregale von verschiedenen Größen, in denen Bücher standen und lagen. Überall sonst standen Regale, Wühltische, Körbe und Kisten mit allem erdenklichen Zeug. Mallory entdeckte ein Aquarium mit eigenartigen Fischen, die zu glühen schienen. Direkt daneben lag ein Haufen Flummis und unter dem Tisch stapelten sich Bücher über Rosenpflege. Der Laden war gut besucht. Maia ging zielstrebig zu einer jungen Frau, die alleine an einem der Tische saß. "Hi Larissa!"
Sie sah auf und grinste Maia an. "Hi!"
Die beiden umarmten sich flüchtig. "Sag mal, weißt du, wo Tina ist?"
"Bei den Büchern, denke ich."
"Danke! Man sieht sich! Tschüss!"
Maia winkte Larissa zu und machte sich gemeinsam mit Mallory auf zu den Bücherregalen. Diese schienen ein richtiges Labyrinth zu bilden, durch das sie sich einen Weg bahnen mussten. Dennoch fanden sie Tina schließlich. Mallory war überrascht, was für eine unscheinbare Erscheinung sie im Vergleich zu ihrem Geschäft war. Tina war eine kleine, untersetzte Frau mit braunen Haaren, die am Hinterkopf zu einem Dutt zusammengesteckt waren. Sie trug ein dunkelblaues, schlichtes Kleid und schwarze Stöckelschuhe. Das einzig auffällige an ihr waren die grünen Schuppen an ihren Schläfen, ihrer Stirn und ihrem Hals. "Hallo! Was kann ich für euch tun?"
"Wir suchen einen Jadestein", erklärte Maia.
"Na, dann suche ich mit euch!"
Sie führte sie quer durch den Laden zu einem mit allen möglichen Mineralien und Schmuckstücken vollgeladenen Tisch. "Sucht euch einen raus. Aber passt auf. Manche von den Schmuckstücken sind nicht ungefährlich!", meinte Tina fröhlich und ließ sie stehen.
Mallory begann sofort, auf dem Tisch herumzuwühlen, teils, um den Stein zu finden, teils aus purer Neugierde. Maia folgte ihrem Beispiel zögerlich. "Hey, das ist ein hübsches Medallion", bemerkte Mallory.
"Warte, das ist verdächtig, mach es nicht-"
Schon hatte sie es geöffnet. Der Inhakt schien harmlos: Ein Schwarz-Weiß-Foto einer Frau. Bis ihre Augen plötzlich vollkommen schwarz wurden und rote Linien aus ihrem Mund krochen. Hastig klappte Mallory das Medaillon zu. Sie suchten weiter. "Haha, schau!"
Maia hielt eine Öllampe in der Hand, die genauso gut direkt aus Aladdin entsprungen sein konnte. "Aber ich werde sie nicht reiben. Wer weiß was drin ist."
"Kluge Entscheidung."
Einige Minuten später war es Maia, die einen Jadestein fand. "Perfekt. Jetzt nur noch bezahlen."

Das stellte sich als schwieriger heraus als gedacht. Minutenlang streunten sie auf der Suche nach der Kasse herum. Was ihnen stattdessen begegnete war eine getigerte Katze, die natürlich gestreichelt werden musste (selbst wenn sie von Maia nicht sehr angetan war), ein Regal voller Spieluhren, von denen Mallory sieben ausprrobierte (gleichzeitig) und ein Freund von Maia (der sie in ein Gespräch über Teesorten verwickelte). Dann fanden sie allerdings doch die Kasse und glücklicherweise stand Tina dahinter. Sie bezahlten.
"Gut. Gehen wir?"
Mallory zuckte mit den Schultern. "Trinken wir doch noch einen Kaffee."

Mir fallen so einige Leute ein, die sich bei Tina's pudelwohl fühlen würden xD Und ihr so?
Eure
Luna_Levesque

New YorkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt