Es war ein sonniger Tag und Coney Island war daher voller Menschen. Von jung bis alt war hier eine bunt durchgemischte Menge zusammenkommen. Das war ein glücklicher Zufall, denn so zog weder Magnus Bane noch TJ viele Blicke auf sich. Selbst ein extravaganter Hexenmeister mit Katzenaugen und ein Teenager mit einem Bajonett gingen in einer Menge aus lachenden, Zuckerwatte essenden und Fahrkarten kaufenden Menschen unter. "Ist das nicht ein bisschen geschummelt? Dass du genau weißt, wo du suchen musst?"
Magnus sah TJ verwirrt an. "Das ist doch keine Schnitzeljagd. Und außerdem: Wenn Magie im Spiel ist, wird immer geschummelt."
"Stimmt wohl." Er schwieg kurz. "Also, wir suchen das Bajonett von Lilys Vater? Hat er auch im Sezessionskrieg gekämpft?"
"Ja, aber... auch?"
"Ich bin im Sezessionskrieg gestorben."
Magnus sah ihn mit großen Augen an. "Ich werde mich nie an Untote gewöhnen."
TJ schmunzelte. "Bist du nicht unsterblich?"
"Ja, schon, aber jemand, der den Tod hinter sich hat... Das ist was anderes."
"Wie alt bist du?"
"Über 800 Jahre."
"Oh. So lange nicht zu sterben, das muss seltsam sein."
"Bist du nicht schon vor fast zweihundert Jahren gestorben?"
"In Walhalla stirbt man praktisch jeden Tag. Wir kämpfen viel und man wird dort immer wieder regeneriert. Es ist also eine richtige Gewohnheit, zu sterben."
Magnus schwieg eine Weile. "Du lebst also praktisch das genaue Gegenteil von meinem Leben."
"Kannst du denn gar nicht sterben?"
"Eines gewaltsamen Todes schon, aber sonst..."
Für eine Weile schwiegen sie, jeder versunken in reuige Eifersucht auf den anderen. "Das Bajonett ist in einer Riesenradkabine", erklärte Magnus dann. "Ich erkenne sie, wenn ich sie sehe."
"Aber weißt du, welches Riesenrad es ist?"
"Ja, das hier", er deutete auf das Riesenrad direkt vor ihnen. Es war kein besonders großes oder besonders schönes Riesenrad, aber man hatte sicher eine tolle Aussicht auf die Skyline New Yorks.Sie kauften sich Tickets und schafften es, sich so durch die Schlange zu schummeln, dass sie genau die richtige Kabine erwischten. Sie hatten das Glück, dass diese sowieso nur zwei Plätze hatte, also nicht mehr Leute zu ihnen steigen konnten. Sobald sie ihre Fahrt begonnen hatten, begann Magnus, die Polsterung des Sitzes abzutasten. "Kann ich helfen?", fragte TJ.
"Ich fürchte nein. Ich muss es mit Magie da rausbekommen."
Gesagt, getan. TJ beobachtete Magnus schweigend bei der Arbeit, dann schweifte sein Blick über die Skyline der Stadt. "Alles hat sich so verändert. Man vergisst es so leicht, wenn man nie rausgeht. Aber... Es ist alles fremd."
Magnus nickte. "Ich lebe so sehr in der Gegenwart, dass ich es auch oft vergesse, aber spätestens wenn du realisierst, dass der Besitzer deiner liebsten Pizzeria schon seit 70 Jahren tot ist, wirst du wieder in deine eigene Realität zurückgeworfen."
TJ nickte nachdenklich. "Ist es schwer? Die anderen Menschen alle wegsterben zu sehen?"
"Furchtbar. Ich halte mich von Sterblichen deswegen emotional gern fern. Aber die Liebe hat ihren eigenen Kopf." Er lächelte. "Aber hast du nicht auch Menschen wegsterben sehen?"
"Nicht wirklich. Ich habe mein Nachleben fast ausschließlich im Hotel Walhalla verbracht. Da bekommt man wenig von der Welt mit."
"Das ist schon ein kleiner Luxus. Andererseits bedeutet es, dass du wahrscheinlich nicht viel von der Welt gesehen hast, oder?"
"Im letzten Jahr ein bisschen. Davor kaum. Du schon, schätze ich?"
Magnus nickte. "Der Luxus von Portalen. Ich kann hin, wo immer ich hin will. Na ja, abgesehen von Peru."
"Was ist mit Peru?"
"Ich habe Einreiseverbot da. Lange Geschichte."
Magnus hatte es geschafft. Während sie den Zenit des Riesenrads erreichten, tauchte das Bajonett wie ein Fisch aus der Polsterung auf. TJ betrachtete es. Es unterschied sich kaum von seinem eigenen. Nachdenklich berührte er das kalte Metall des Laufes. Es war eigenartig, dass es einem toten Mann gehörte, der den selben Krieg wie er gekämpft hatte. "Hast du jemals in einem Krieg gekämpft?"
"Nicht so wie du. Ich habe um Kriege immer gern einen Bogen gemacht. Aber auch die Schattenwelt kennt Kriege und denen konnte ich nicht immer entkommen."
"Verstehe. Ich hätte mich vielleicht auch fernhalten können, aber als Sohn des Tyr muss ich Herausforderungen annehmen, komme was wolle."
"Ziemlich unpraktisch."
"Hat mir das Leben gekostet."
"Ach du..."
"Reden wir besser über etwas anderes. Bemerken Sterbliche jemals deine - du weißt schon - Katzenaugen?"
"Selbst wenn sie es tun, sie trauen sich sicher nicht, mich darauf anzusprechen." Er schmunzelte. "Aber es ist eigentlich ein sehr unauffälliges Hexenmal. Viele Hexenwesen haben Hörner, Flügel oder ähnliches."
"Ach, das ist also ein Zeichen für Hexenwesen? Unmenschliche Merkmale?"
"Genau. Wie ein Magieausweis."
"Oh, wir müssen aussteigen."
Die verließen das Riedenrad mit dem Bajonett und machten sich auf den Weg zurück nach Brooklyn. "Fanke für das nette Gespräch", meinte TJ.
"Sehr gern. Jetzt geht's ans zaubern!"So, das ist das Ende der Lesenacht. Hat mich gefreut, euch dabeizuhaben. Ich bin in den nächsten zwei Wochen nicht online, wir lesen uns danach wieder ^^
Eure
Luna_Levesque
DU LIEST GERADE
New York
FanfictionNew York, die Stadt, die nie schläft. Und ein besonderer Magnet für das Übernatürliche. Wieso das so ist, weiß niemand, doch eines steht fest: Eine neue Gefahr breitet sich über der Stadt aus wie ein Schatten und diesmal sind alle heldenhaften und w...