"Darf ich mal eine dieser Enten sehen? Ich muss wissen, wie die funktionieren!"
"Eine Expando-Ente? Klar!"
Blitzen holte eine seiner Metallenten aus der Jackenstasche und reichte sie Leo. Der begann sie sofort mit fachmännischem Auge zu betrachten. Die beiden saßen an einer U-Bahn-Haltestelle. "Irgendwelche Erfahrungen mit Modellautos?", fragte er Blitz gleichzeitig.
"Nein. Ich habe also keine Idee, wie wir an ein Modell von einem VW Golf kommen sollen."
Die Ente in Leos Händen wurde plötzlich größer und er gab ein überraschtes Geräusch von sich. "Genial. Ja, ich hab auch keine Ahnung, aber ich habe genügend Geschwister, die Ahnung haben könnten", grinste er. "Nur einen Moment..."
Er klemmte sich die Ente unter den Arm und begann, in seiner Hosentasche zu kramen. Er beförderte ein paar Schrauben, ein Kaugummipapier, verschiedenfarbige Pfeifenputzer, einen winzigen Schraubenzieher und eine zerknitterte Rechnung zutage. "Hm", machte er und versenkte die Hand in der anderen Hosentasche.
Daraus holte er einen Flummi, drei Muttern, einen herzförmigen Stein, eine verbogene Büroklammer und ein paar Münzen. "Aha!"
Er ließ alles außer einer einzigen Münze zurück in seine Taschen gleiten. "Jetzt brauchen wir noch einen Regenbogen."
"Einen Regenbogen?" Blitz kratzte sich am Kopf. "Klingt nach etwas, wofür man Sonnenlicht benötigt. Aber von mir aus, Kleiner, wir müssen uns nur auch eine Wasserquelle besorgen."Einen kleinen Abstecher in einen Ein-Dollar-Laden später hatten sie eine Sprühflasche und suchten sich eine sonnige Stelle (Blitzen zog sich natürlich sofort wieder an einen schattigeren Standpunkt zurück) und Leo schuf einen Regenbogen und warf die Münze hinein. "Oh Iris, Göttin des Regenbogens, erhöre mich. Zeig mir Nyssa Barrera."
Von seinem Standpunkt unter einem Baum konnte Blitz beobachten, wie in dem Regenbogen das Bild eines Mädchens in Leos Alter. Blitz hätte nicht angenommen, dass die beiden Geschwister wären. Zwar teilten sie gewisse Ähnlichkeiten, wie die dunklen Haare und die Hautfarbe, aber Nyssa schien weitaus größer und muskulöser gebaut als Leo. "Leo!", begrüßte Nyssa ihn.
"Hi! Würdest du mir einen Gefallen tun?"
"Jederzeit! Ich meine, solange es nichts vollkommen duchgeknalltes ist. Da verlange ich Entlohung. Aber schieß los!"
"Weißt du, wo ich ein Modell von einem VW Golf herbekomme?"
Nyssa kaute auf ihrer Unterlippe. "Hmmm... Ich habe mich nie für Modellautos interessiert. Aber ich frage mal rum!" Sie drehte sich um und brüllte: "Harley! Christopher! Shane! Jake!"
Es folgte Getrampel im Hintergrund und eine gedämpfte Unterhaltung, die Leo nicht sehen konnte. Er drehte sich zu Blitz um und zeigte ihm grinsend seine erhobenen Daumen. Der Zwerg lächelte und hob ebenfalls einen Daumen.Fünf Minuten später hatte Leo dank seines Halbbruders Christopher die Adresse eines Modellgeschäfts und er und Blitzen machten sich auf den Weg. Eine Stunde später betraten sie "William's Workshop - Model Cars And More". Das Geschäft war schmuddelig und vollgestopft mit Modellen aller Art. Eine Modelleisenbahnstrecke zog sich durch das gesamte Geschäft. Hinter dem Tresen saß ein alter Mann, dessen Gesicht so runzelig war, dass er aussah wie eine Rosine. Er trug eine fleckige Latzhose und auf seiner Nase saß eine Brille mit goldenem Rahmen. Im Moment schraubte er an einem Modellflugzeug herum. "Guten Tag", grüßte Blitz als Erster.
Der alte Mann sah auf. "Guten Tag! Was kann ich für Sie tun?"
"Wir suchen nach einem Modell eines VW Golf", erklärte Leo.
"Ich verstehe. Na, das haben wir gleich."
Er stand auf und umrundete den Tresen. Das Alter lastete schwer auf seinen Schultern, so dass er tief gebeugt und schlurfend ging. Er begab sich zu einem hohen Regal und fuhr mit den Fingern über die einzelnen Kartons, bis er den richtigen gefunden hatte. Dann nahm er ihn aus dem Regal. Für einen Moment betrachtete er ihn, geradezu liebevoll, dann reicht er ihn Leo. "Bittesehr, mein Junge."
Leo betrachtete das Auto in der Kiste. Es war ein roter VW Golf, wohl eines der ersten Modelle. Blitz bezahlte das Auto. Während der alte Mann ihm das Wechselgeld herausgab, rutschte jedoch plötzlich eine Expando-Ente aus Blitzens Tasche. Mit einem metallischen Knall fiel sie zu Boden und sobald sie diesen berührt hatte, wurde sie sofort größer.Für einen Moment herrschte Stille. Der alte Mann rückte seine Brille zurück. "Das ist ja faszinierend. Darf ich mal sehen?"
Blitz sah sich hilfesuchend nach Leo um, doch der zuckte nur mit den Schultern. Also hob der Zwerg die Ente auf und reichte sie dem Mann. Er untersuchte sie mit derselbigen Prodessionalität wie zuvor Leo. "Ich mag mich irren, denn es ist schon lange her, dass ich etwas derartiges in den Händen gehalten habe, aber das scheint mir nidavellirsche Schmiedekunst zu sein", meinte er.
Blitzens Augen wurden groß. "J-ja, das ist es."
Der Mann begann zu strahlen. "Tatsächlich? Seid ihr beide etwa Zwerge?"
"Ich schon. Leo hier nicht", erklärte Blitz. Enthusiastisch bot er seine Hand zum Schütteln an. "Ich bin Blitzen."
"Blitzen", wiederholte der Mann. "Ich bin William. Und ich bin ebenfalls ein Zwerg."
Leo beobachtete das Gespräch der beiden neugierig. Zwei Zwerge auf einmal, wer hätte das gedacht?
"Was führt dich nach Midgard?", fragte Blitz.
"Die Liebe", erklärte William. "Ich kam vor 60 Jahren durch Zufall her, habe mich in eine Menschenfrau verliebt und bin geblieben. Und dich?"
"Lange Geschichte. Größtenteils Mimirs Schuld. Aber ich bin auch geblieben. Ich habe ein Modegeschäft in Boston."
"Mimir? Und ein Modegeschäft? Ich sehe, das ist aufregender als meine Geschichte", lachte William. "Und ich bin neugierig. Kann ich euch für eine Tasse Tee begeistern?"In der nächsten Stunde erfuhr Leo so einiges über Blitzens Leben, Zwerge und Nidavellir. William war begeistert, einen anderen Zwerg getroffen zu haben und erzählte selbst auch so einiges aus seinem Leben. Schlussendlich fiel es ihnen schwer, sich zu verabschieden, doch die Pflicht rief. "Kommt gerne wieder vorbei. Auch wenn ihr kein Modell braucht, ich hab auch andere Dinge im Angebot und helfen kann ich immer", verabschiedete sich William.
"Dankeschön. Und solltest du jemals Kleidung benötigen weißt du ja, wo du hinmusst", erwiderte Blitzen.
Und damit verließen sie das Geschäft mit erfolgreich erledigter Mission.Na bitte! Ein bisschen weniger Monster in diesem Fall! Hoffe, es war deshalb nicht langweilig!
Eure
Luna_Levesque
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New York
FanfictionNew York, die Stadt, die nie schläft. Und ein besonderer Magnet für das Übernatürliche. Wieso das so ist, weiß niemand, doch eines steht fest: Eine neue Gefahr breitet sich über der Stadt aus wie ein Schatten und diesmal sind alle heldenhaften und w...