"Ein Normalsegelapparat? Was soll das überhaupt sein?", fragte Izzy.
Sie und Samirah hatten gerade das Brooklyn House verlassen. "Jemals von Otto Lilienthal gehört?"
"Nein, noch nie."
"Er war ein Pionier auf dem Gebiet der Flugmaschinenentwicklung. Sein Normalsegelapparat war eben ein Segelflieger, der mit Gewichtsverlagerung gesteuert wurde."
"Ach so. Na ja, die Geschichte des Flugzeuges war nie mein Interessengebiet", meinte Izzy mit einem schiefen Lächeln. "Weißt du denn, wo wir ein Modell von so einem Teil herbekommen könnten?"
Sam zog nachdenklich die Augenbrauen zusammen. "Nein, aber wozu gibt es das Internet?"Es kostete sie kaum fünf Minuten, ein Modellbaugeschäft in der Gegend ausfindig zu machen und laut Navigationsapp würden sie nur weitere fünfzehn brauchen, um dorthin zu kommen. "Das war ja einfach", stellte Izzy fest und versenkte ihr Handy in der Hosentasche, während sie losging. "Ich sollte den Beruf wechseln: Keine Dämonen mehr jagen sondern Zauberzutaten sammeln."
Sam lachte. "Na ja, noch haben wir das Ding nicht", gab sie zu bedenken. "Und sind nicht immer irgendwelche Monster und Dämonen im Weg, wenn man denkt, etwas ist leicht?"
"Stimmt. Man sollte fast meinen, die spüren das."
"Vielleicht tun manche es ja, wer weiß."
"Das wäre jedenfalls sehr krank und verdreht. Aber es klingt nicht abwegig."
Sam nickte. "Was ist das nur für eine seltsame Welt, in der wir leben, in der krank und verdreht nicht abwegig ist?"
"Eine kranke, verdrehte?", schlug Izzy verschmitzt vor.
Daraufhin mussten sie beide lachen. "Das ist sie auf jeden Fall. Alle neun sind es, um genau zu sein."
"Neun Welten, schon verrückt."
"Jagst du nicht Dämonen?"
"Touché. Wie ist das denn so, einen Gott als Vater zu haben?"
"Anstrengend. Vor allem, wenn er gern mal die Welten zerstören will. Wie ist es, mit Vampiren, Hexenmeistern, Werwölfen und so zu leben?"
"Auch anstrengend. Aber Menschen können genau so anstrengend sein."
"Du sprichst mir aus dem Herzen. Hey, ich glaube wir sind da!"Es war überraschend unproblematisch, ein Normalsegelapparat-Modell zu bekommen. Aber es war überraschend problematisch, den Laden wieder zu verlassen. Etwas hatte Sam an der Hand gepackt. Nichts großes, es fühlte sich mehr an wie die Hand eines Kleinkindes. Eines kräftigen Kleinkindes, zugegeben. Sie sah verwirrt nach unten. "Was zum...?"
Sie versuchte, das kleine Wesen, das sich an ihrem Daumen festgekrallt hatte, abzuschütteln, doch es hatte einen festen Griff. Statt herunterzufallen baumelte es nur hin und her und starrte sie aus großen gelben Augen an und seine grünen Fledermausohren zuckten. "Was ist denn das?", fragte Izzy und stieß in der nächsten Sekunde einen spitzen Schrei aus, weil ein weiteres Wesen in ihrem Nacken gelandet war. Innerhalb kürzester Zeit waren sie überall: Krallten sich an ihre Arme, Beine, Rücken, ja sogar Köpfe. Sam versuchte verzweifelt, eines davon abzuhalten, ihr das Kopftuch vom Kopf zu zerren. "Ich glaube, es sind Gremlins", rief Izzy.
"Toll. Irgendeine Idee, wie wir sie schnell und effizient loswerden?"
"Kämpfen?"
Sie löste die Peitsche, die sie wie üblich um ihren Arm gewickelt hatte, und wickelte sie um einen der Gremlins, um ihn dann gegen die Wand zu schleudern.
"Interessante Waffenwahl", meinte Sam, während sie einen Gremlin mit ihrer Axt zerteilte. "Alex ist sicher ganz angetan davon."
"Womit kämpft Alex denn?", fragte Izzy und trennte einem Gremlin den Kopf ab.
"Mit einer Garrote, die zugleich als Tonschneider dient."
"Fancy. Wieso habe ich das Gefühl, das werden immer mehr Gremlins?"
Jeder Quadratmeter des Ladens schien mittlerweile mit den kleinen, grünen, vor sich hin schnatternden Wesen bedeckt zu sein. Die beiden Mädchen versuchten verzweifelt, sich einen Weg zur Tür zu bahnen, doch vergeblich. "Neue Idee", rief Izzy. "Wir versuchen, weiter ins Haus hineinzukommen und einen Hinterausgang zu finden."
Gesagt, getan. Nur leider fanden sie keinen Hinterausgang.
"Ich kann fliegen", meinte Sam, während die Gremlins sie gegen Aufzugtüren drückten.
"Was?" Izzy starrte sie verwirrt an.
"Versuchen wir, aufs Dach zu kommen. Ich kann uns runterfliegen."
"Geniale Idee!"Der Aufzug tuckelte im Schneckentempo dahin. Die beiden Mädchen hatten ihre liebe Not, die Gremlins im Schach zu halten. Im siebenten Stock öffneten sich plötzlich die Türen. Eine alte Frau stand davor. Sie betrachtete die Situation für einen Moment, dann drückte sie panisch den Knopf, der die Türen wieder schloss. Endlich hatten sie das Dachgeschoss erreicht. Noch eine Treppe hinauf, ein Schloss geknackt und schon waren sie an der frischen Luft. Keuchend lehnten die beiden sich gegen einen Schornstein, während die Gremlins ihnen schon nachfolgten. Die Skyline von New York war aus dieser Höhe zwar faszinierend, aber nicht faszinierend genug, um sich von kleinen grünen Männchen umbringen zu lassen. "Okay, wie läuft das mit dem Fliegen?", fragte Izzy.
"Darf ich?" Als Izzy nickte, legte sie die Arme um ihre Hüfte und stieß sich vom Boden ab.
Izzy war größer und schwerer als sie und während das Dach unter ihr kleiner wurde, bereute Sam es, kein Pferd herbeigerufen zu haben, um sie beide zu tragen. Aber jetzt war es auf jeden Fall zu spät und die Gedanken daran wurden sowieso von Erleichterung darüber übermannt, dass die Gremlins ihnen nicht folgen konnten. "Hey", würgte Izzy hervor, die mit großen Augen auf den Boden tief, tief unter ihnen starrte. "Die Aussicht ist ja wirklich schön und ich bin beeindruckt, dass du fliegen kannst, aber könntest du uns auf den Boden bringen?"
"Oh. Natürlich. Sorry."Als sie wieder festen Boden unter den Füßen hatten, war Izzy ein wenig grün um die Nase, grinste aber dennoch. "Das war aufregender als erwartet."
"Absolut. Na dann, lass uns das Modell abliefern."Ich liebe es insgeheim, zu beobachten, wie die Liste geplanter Kapitel immer kürzer und kürzer wird. Ich hoffe, ihr seid auch noch immer voll dabei bei der zugegeben sehr verrückten Geschichte!
Eure
Luna_Levesque
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New York
FanfictionNew York, die Stadt, die nie schläft. Und ein besonderer Magnet für das Übernatürliche. Wieso das so ist, weiß niemand, doch eines steht fest: Eine neue Gefahr breitet sich über der Stadt aus wie ein Schatten und diesmal sind alle heldenhaften und w...