"Grü-ne Haar-far-be! Grü-ne Haar-far-be!"
Sadie hopste den Bürgersteig entlang und sang leise vor sich hin. Alex, die neben ihr herlief, beobachtete das jüngere Mädchen neugierig. Über dem scheinbar typischen Leinengewand der ägyptischen Magier trug sie eine Jeansjacke und Springerstiefel. Durch ihre blonden Haare zogen sich grüne Strähnen. Sie hopste herum wie ein kleines Mädchen und sang vor sich hin, schien sich keine Sorgen darüber zu machen, ob jemand den Zauberstab in ihrer Hand sah. Und Alex mochte sie auf Anhieb. "Ist wohl Schicksal, dass sie uns beide geschickt haben, um grüne Haarfarbe zu besorgen", meinte sie und gestikulierte in Richtung ihrer und Sadies Haare.
Sadie lachte auf. "Oder volle Absicht."
"Das könnte natürlich auch sein."
"Also, wir finden einfach eine Drogerie, kaufen Haarfarbe und gehen zurück ins Brooklyn House? Das ist der einfachste Auftrag aller Zeiten."
"Unterschätze niemals eine Situation. Eines Tages landest du in irgendeiner Gasse und willst einfach nur einem Obdachlosen im Kampf gegen ein paar blaue Wölfe helfen und schon bist du tot."
Sadie sah sie mit großen Augen an. "Ist das wie du gestorben bist?"
"Absolut. Der Tod kann hinter jeder Ecke warten und Gefahr lauert sowieso überall." Sie beschloss, dass diese pessimistische Einstellung doch reichlich unpassend war. "Aber wenn man immer gut vorbereitet ist, dann rennt die Gefahr heulend zu ihrer Mutter und der Tod pisst sich in die Hose."
"Die Erfahrung hab ich auch schon gemacht", grinste Sadie. "Deswegen hab ich immer ein paar fiese Zaubersprüche im Ärmel. Außerdem - mein Freund ist der Gott der Totenrituale und mein Vater der Herrscher der Totenwelt, also habe ich weniger Angst vor dem Tod, als gesund ist."
Alex lachte. "Da bin ich ja froh, dass ich dir zugeteilt wurde. So als Zombie." Sie mimte kurz einen Zombie.
"Solange du mein Hirn nicht frisst. Wobei Carter jetzt wohl sagen würde, dass da sowieso nicht viel zu holen ist."
"Ach was. Ich bin sicher, dein Hirn ist lecker."
"Iiih", quiekte Sadie und tat so, als würde sie sich hinter einer Strasenlaterne vor Alex verstecken wollen.
Dann lachte sie auf und war sofort wieder hopsend an ihrer Seite. "Ich glaube, da vorne ist eine Drogerie!", rief sie.
Tatsächlich.Nach fünf Minuten waren Sadie und Alex mit grüner Haarfarbe ausgestattet zurück auf der Straße. "Und ab zurück!", verkündete Sadie. "Komm, ich kenne eine Abkürzung!"
Als Halbgott, Magier oder ähnliches ist es nie eine gute Idee, einer Person zu folgen, die Komm, ich kenne eine Abkürzung! sagt. Aber weder Alex noch Sadie hatten im Moment irgendwelche Befürchtungen, was Monster anbelangte. So folgten sie einem Zickzackweg durch schmale Gassen, Innenhöfe und Mülllagerplätze, den Sadie vorgab. So landeten sie in einem besonders düsteren Innenhof. Der Himmel war nur ein winziges Viereck viele Stockwerke über ihnen. Das Haus, zu dem der Hof gehörte war grau und die Fenster starrten zu ihnen hinunter wie leere Augen. Unwillkürlich gingen die beiden sofort schneller. Doch sie kamen nicht weit. Zu Beginn waren es nur leichte Nebelschwaden, die an ihren Knöcheln leckten wie verspielte Kätzchen. Doch sobald sie diese bemerkt hatten und noch schneller gingen, wurden die Schwaden größer und stiegen an ihren Beinen empor wie Ranken. "Das ist gruselig", stellte Sadie fest und versuchte, den Nebel wegzuzaubern, jedoch vergeblich. Dann begann der echte Spuk."Sadie!"
Die erstickte, vertraute Stimme ließ Sadie zusammenzucken. Verwirrt suchte sie im Nebel nach dem dazugehörigen Gesicht und hatte es sogleich gefunden. Carter saß auf dem Boden, gegen einen Müllcontainer gelehnt. Er trug ein grünes Hemd, das fast bis zur Unkenntlickeit zerrissen und blutverschmiert war. Erschrocken eilte Sadie zu ihm hin und sank neben ihm zu Boden. Ihre Hände zitterten, während sie das Hemd von seiner Wunde entfernte. Sie war tief und hässlich. Sadie hatte das Gefühl, ihr Herz würde ihr in der Kehle stecken. Mühsam schluckte sie es hinunter. "Was hast du getan?", fragte jemand hinter ihr.
Mit Tränen in den Augen drehte sie sich um. Zia sah sie an, teils zu Tode erschrocken, teils zitternd vor Wut. "Nichts", würgte Sadie hervor.
"Ach ja?" Zia deutete auf etwas, das neben Sadie auf dem Boden lagen. Es war Sadies Zaubermesser und es war voller Blut. Carters Blut. "D-das war ich nicht", stotterte Sadie.
"Wie konntest du nur?" Zias Stimme klang schrill.
"Du bist ein Monster, Sadie Kane."
Das war Walt. Sadie brachte es nicht über sich, aufzuschauen und ihm in die Augen zu sehen. Dabei war sie nicht einmal schuldig. Tränen liefen ihr über die Wangen.
"Ich hasse dich", flüsterte Carter. Dann tat er seinen letzten Atemzug. Zia und Walt packten Sadie mit eisernem Griff. "Hört auf!", schrie Sadie. "Ich war das nicht!"Alex erging es nicht besser. "Alex!"
Sie erschauderte. Diese Stimme kannte sie. Suchend sag sie sich um. Schon trat ihr Vater aus den Schatten hervor. Er sah so wütend aus wie an dem Tag, an dem er sie aus dem Haus geworfen hatte. Angeekelt wich Alex vor ihm zurück. Sie hatte sich geschworen, diese hasserfüllten Augen nie wieder sehen zu wollen. "Was tust du hier?"
Sie spuckte ihm die Worte vor die Füße, denn sie waren ihr nicht viel wert, genauso wenig wie er.
"Das sollte ich dich fragen. Du bist tot."
Sie lachte auf. "Sieht aus, als würden dich die Geister deiner Vergangenheit verfolgen, was, Vater?"
Ein teuflisches Grinsen tauchte auf Mr Fierros Gesicht auf, eines, das Alex nicht von ihm kannte, sondern von...
"Ich denke es ist eher umgekehrt, meine Süße."
Das Gesicht ihres Vaters war zu dem ihrer Mutter geworden. Erschrocken stolperte Alex zurück. "Loki?"
Sie konnte ihre eigene Stimme immer leiser werden hören, während sie das fragte.
"Nein", die Erscheinung veränderte einmal mehr ihr Aussehen. Adrian starrte Alex aus großen, glasigen Augen an, den Kopf schiefgelegt, das Gesicht ausdruckslos wie das eines Toten. Unwillkürlich wimmerte Alex auf und stolperte weiter zurück. Zu spät bemerkte sie, dass das ein Fehler war. Mit dem Rücken stieß sie heftig gegen die kalte Betonwand des Hauses, so dass ihr kurz die Luft wegblieb. Das Wesen hatte sie in eine Falle gedrängt. Adrians Gesicht verzog sich zu einem hässlichen Grinsen. Alex tastete nach ihrer Garotte. Blitzschnell hatte sie den Draht um den Hals des Wesens geschlungen. Doch da veränderte es schon wieder seine Erscheinung und starrte sie aus Magnus' grauen Augen an, die in Tränen schwammen. "Alex", röchelte er. "Du tust mir weh!"
Sofort lockerte Alex den Draht. Doch das war ein Fehler. Magnus' vertraute Hände legten sich um ihren Hals und drückten ihr die Luft ab. Doch Alex gab nicht so leicht auf. Sie schaffte es, die Garotte wieder zu platzieren und zog sie enger zu. "Das bringst du nicht übers Herz, Alex", gurgelte Magnus.
"Da irrst du dich. Ich weiß wer ich bin. Aber du bist niemand."
Der Kopf des Monsters rollte zu Boden. Alex wandte den Blick ab. Es war nicht Magnus, aber die Leiche konnte sie dennoch nicht ansehen. Stattdessen sah sie sich nach Sadie um. Diese wurde von Zia und Walt - oder etwas, das wie die beiden aussah - gegen eine Wand gedrückt, auch wenn sie heftig um sich trat, schlug und kratzte. Leise schlich sich Alex an sie heran und erwürgte sie. Dann tat sie dasselbe mit Carters Leiche. Die Anstalten machte, zum Zombie zu werden. Sadie sah dabei nicht zu, sonder übergab sich in eine Mülltonne. Während die Leichen zu Staub zerfielen, legte Sadie die Hand auf die Schulter. Diese zog den Kopf aus der Mülltonne. Tränen liefen ihr noch immer über die Wangen, also umarmte Alex sie kurzerhand. "Danke", flüsterte Sadie.
"Kein Problem. Angstmonster sind brutal."
Sie ließen einander wieder los. "Das war ziemlich viel Aufwand für ein bisschen Haarfarbe", stellte Sadie fest.
"Oh ja", lachte Alex auf.Dafür, dass ich das so lange vor mir hergeschoben hab, ist das echt lang geworden. Und ich bin auch ziemlich zufrieden damit ^^'
Eure
Luna_Levesque
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New York
FanfictionNew York, die Stadt, die nie schläft. Und ein besonderer Magnet für das Übernatürliche. Wieso das so ist, weiß niemand, doch eines steht fest: Eine neue Gefahr breitet sich über der Stadt aus wie ein Schatten und diesmal sind alle heldenhaften und w...