29 Gino

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Jaron schläft mit einem Lächeln im Gesicht ein. "Der Baum ist so schön!" hat er noch geseufzt und dann atmet er ruhig und regelmässig. Jaron ist so niedlich. Doch er kann nicht auf sich selber aufpassen. Ich glaube er hat gar nicht gemeint dass er mir Sex schenken wollte. Er wollte bestimmt sich selber, mit Haut und Haaren an mich schenken. Dass ich auf ihn aufpasse und für ihn sorge. Ja, das muss er damit gemeint haben als er sich die dicke rote Schleife um den Bauch gebunden hat. Mist! Hätte ich ihn doch mal gefragt. Ich könnte mich ohrfeigen dafür was ich mit meinem armen Jaron gemacht habe. Jaron verzeiht mir alles. Dass ich nicht mitbekommen habe dass er vor meinen Augen misbraucht wird, dass ich mich mit Chris vergnüge während er mutterseelenallein unter einer Brücke schläft, dass ich ihn bedränge bis er kotzt. Trotzdem liebt er mich und hält sich an mir fest als sei ich sein Halt. Bin ich das? Bin ich das wirklich? Ich nehme mir vor in Zukunft nichts mehr für mich zu wollen sondern nur noch alles für Jaron zu tun. Wenn er für den Rest unseres Lebens nur scheue, züchtige Küsse teilen kann dann ist das eben so. Wenn er nie was anderes als ein kleines Kind sein wird dann ist das eben so. Ich will ihn mit allem was ich kann verteidigen, lieben und ehren. Ich liebe Jaron seit dem ich ihn zum ersten mal sah. Ich liebe seine vertrauensseelige Art, ich liebe seine Phantasie und sein künstlerisches Geschick. Seine Bilder sind einfach der Wahnsinn und mit welcher Präzision er heute nachmittag diese Sterne gefaltet hat  ist bewundernswert. Die sind alle wunderbar exakt, die könnte man verkaufen. Ich nehme mir fest vor für Jaron zu sorgen. Ich werde ihn kleiden, ihn ernähren und ihn warm halten und lieb haben. Ob wir jemals wieder Sex haben werden ist für mich nicht wichtig. Ich liebe Jaron so wie er ist. So hilflos und so vertrauensvoll. Ich fühle mich mit ihm wieder komplett. Ich habe ihn so vermisst. Ich habe es vermisst dass er mich braucht, dass ich mich um ihn kümmere. Ich habe es vermisst ihn nachts zu trösten und ihm beim Schlafen zuzusehen. Mit dem leuchtenden Weihnachtsbaum im Hintergund kann ich ihn nun gut beobachten. Ich gebe ihm einen Kuss in seine Locken und Jaron lächelt im Schlaf. Er kuschelt seinen Teddy und hält sich an mir fest. Ich bin rundum glücklich. Glücklicher als vorhin als ich ihm ins Gesicht gespritzt hab.

Am nächsten Morgen weckt mich Jaron indem er mir einen Kuss gibt. Ich öffne erstaunt die Augen und schaue in ein grinsendes Jarongesicht. "Guten morgen, Schlafmütze. Stitch muss raus." sagt er fröhlich und ich grinse ihm zu. "Dann sollten wir uns mal schnell auf die Socken machen." schlage ich vor und Jaron nickt. Wir ziehen uns an und gehen noch vor dem Frühstück mit Stitch raus. Wir gehen beim Bäcker vorbei und erstehen ein paar frische Brötchen. Jaron staunt. "Wir haben doch noch Brot." sagt er verwundert aber ich entgegne: "Jaron, es ist Weihnachten. Lass uns ein bisschen besser leben als normalerweise." Jaron nickt und freut sich. Nach dem Essen ghen wir zu Chris meine Sachen holen. Chris ist natürlich nicht wirklich froh mich zusammen mit Jaron zu sehen. "Was willst du nur mit diesem zurückgebliebenen Penner?" fragt er mich ernsthaft. Ich muss mich schwer zusammenreissen um ihn nicht unangespitzt in den Boden zu rammen. Statt dessen nehme ich Jarons Hand und küsse sie während ich Chris anschaue: "Ich liebe Jaron seit dem ich vierzehn bin. Er ist mein Traummann und wir haben schon so viel miteinander erlebt. Er hat mich sozusagen zu einem sozial verträglichen Mensch gemacht und ich bin für ihn da. Wir gehören einfach zusammen." So, diese Liebeserklärung wird hoffentlich reichen. Jaron schaut mich dumb an. Er hat wahrscheinlich gar nicht verstanden was ich zu Chris gesagt habe. Wir betreten Chris Wohnung die mir so fremd wie noch nie erscheint. Er hat natürlich alles perfekt gestylt. Der Tisch ist mit einer weihnachtlichen Decke abgedeckt, die Stühle tragen Hussen mit zur Tischdecke passendem Stoff. Es sieht alles sehr edel und nach viel Geld aus. Unter dem stylischen Baum liegen ausgepackte sehr teure Geschenke. Goldene Uhren, kleine Computer und allerlei elektronischer Schnickschnack. Ich wünschte ich wäre auch so reich. Nein Halt Stopp! Ich wünsche mir das nicht! Ich betrachte den Tand und weiss dass ich gestern reicher beschenkt worden bin. Jaron hat sich mir geschenkt. Zwar habe ich ihn weiter ausgepackt als er ursprünglich wollte aber er hat mir gestern sein Leben anvertraut. Das ist tausend mal mehr wert als eine goldene Uhr oder ein Computer. Jaron sagt traurig: "Ich hoffe ich hab dir gestern nicht das Fest verdorben." Er schaut Chris mit seinen umwerfenden blauen Augen einfach nur treuherzig an. Ich weiss dass Jaron gerade wirklich traurig ist dass er Chris und mich trennt. Chris lächelt falsch und er sagt: "Oh, keine Sorge. Wir hatten ein wunderbares Fest und viel Spass. Ich wette unser Essen war auch edler als eures, was hattet ihr?" Jaron merkt nicht dass Chris ihn verachtet und antwortet ehrlich: "Wir hatten mein allerliebstes Lieblingsessen mit dem besten Nachtisch der Welt. Gino hat das alles gekocht." Er strahlt dabei dass Chris völlig neidisch wird und meint unser Essen habe seins übertroffen. Tja, wie man Spaghetti mit Tomatensauce doch schön reden kann. Innerlich muss ich grinsen. "Gino, ich würde gerne mit dir reden. Kann Jaron nicht deine Sachen einpacken?" fragt Chris. Jaron schaut mich entsetzt an und sagt mit zitternder Stimme: "Woher soll ich denn wissen was Ginos Sachen sind?" Ich merke dass diese Bitte meinen Freund überfordert und darum lehne ich die Bitte ab. "Wir können später reden. Erst sammel ich meine Klamotten ein." sage ich und  gehe ins Schlafzimmer und räume meine Anziehsachen aus Chris Kleiderschrank. Er hat ziemlich viel wertvollen Schmuck und Uhren in meinen Sachen versteckt. Ein goldenen Ring und ein edles Armband habe ich in den Taschen meiner Jeans gefunden, eine Uhr und mehrere Ketten in meinen Socken. Ich fische die Sachen aus meiner Wäsche und lege sie zurück in den Schrank. Jedes Kleidungsstück drehe und wende ich drei mal damit Chris mir nicht unterstellen kann ich hätte ihn beklaut. Dann gehe ich zu meinen Büchern und schaue ebenfalls in jedem Buch nach ob da nicht irgendetwas von Chris drin versteckt ist. Tatsächlich ziehe ich  fast fünfhundert Euro in kleinen Scheinen aus meinen Büchern. Zeitgleich fällt auch ein Bild von Jaron aus einem Buch. Ich hatte es als Lesezeichen dort hinein getan.  Es ist ein Flechtband und es ist wunderschön. Mit Bleistift gezeichnet aber es sieht so aus als läge ein geflochtenes Band auf dem  Papier. Es wirkt dreidimensional und ist mir viel mehr wert als Chris dämliches Geld. "Was machst du da?" Will Jaron von mir wissen und ich erkläre ihm dass ich nicht versehendlich Sachen von Chris einstecken möchte und darum all meine Sachen durchsuche. "Woher weisst du denn dass das nicht dein Geld ist? Es steht doch kein Name darauf?" fragt Jaron in seiner unvergleichlich niedlichen Logik. "Weil ich kein Geld besitze und schon gar nicht so viel." erwiedere ich lächelnd und Jaron versteht es sofort. "Du hast ja mein altes Flechtband noch." freut er sich und betrachtet sein Werk kritisch. "Man merkt dass ich es vor Jahren gemalt habe. Es ist ganz krumm und schief." bewertet er sein Meisterwerk abfällig. "Mir gefällt es." sage ich nur und Chris bekommt grosse Augen. "Du hast das gemalt?" fragt er ungläubig. Jaron nickt und verteidigt sich: "Aber ich war noch viel jünger und habe noch nicht so gut malen können." Jaron zieht eine Bleistiftzeichnung von mir aus seinem Bücherregal. "Warst das auch du?" fragt er fassungslos doch Jaron nickt. "Das ist das Bild was ich dir geschenkt hab als du für dein Abi gelernt hast!" freut sich Jaron und nimmt es Chris aus der Hand. Jaron schaut über das Bild und er sagt verträumt: "Du bist so schön." Ich werde leicht rot und freue mich über das Kompliment. Chris fragt etwas angesäuert: "Gino oder das Bild?" Jaron schaut zu Chris und sagt dann schnell: "Gino natürlich! Das Bild ist Mist. Es ist meine erste Portraitzeichnung und die Strichführung ist ganz krakelig." Chris fallen fast die Augen aus dem Kopf. Ich weiss dass er mein Bild gerne behalten hätte. Er hat mich stets darum angebettelt aber ich habe es ihm nie geschenkt weil es mich an Jaron erinnert hat. Jaron legt es zu meinen Büchern und ich schliesse die Tasche. Ich will Chris mein Bild nicht schenken. Ich bin etwas sauer dass er mir das Geld und den Schmuck zwischen meine Sachen gepfuscht hat. Ich glaube wenn ich sie nicht entdeckt hätte wäre heute nachmittag die Polizei aufgetaucht und hätte Stress gemacht. Mein Wunsch hätte sich mal wieder ins Gegenteil verdreht. Ich bin so sauer auf Chris und seine dämliche Aktion. Ich würde es ihm gerne heimzahlen aber Jaron meint nur: "Ich glaube er ist traurig dass du dich für mich entschieden hast und nicht für ihn."

Selig sind die hoffnungslosen, denn sie werden nicht enttäuscht. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt