Leider ist heute schon wieder Samstag. Seit dem ich bei Noah in der Klasse bin gehe ich richtig gerne in die Schule. Also eigentlich nur wegen Gino. Der ist mein bester Freund. Und er hilft mir mit den Aufgaben so dass ich sie verstehe. Gino lacht nie über mich. Selbst dann nicht wenn ich 1 und 1 zu 11 zusammenziehe. Das passiert mir nämlich noch ab und an. Vor allem wenn ich nicht darüber nachdenke. Gino hat mir aber Rechnen beigebracht. Ich weiss jetzt dass 1 und 1 eine 2 ergibt. Und er konnte mir sogar multiziert, nein, multiku, nein, mu,hmm, mal nehmen so erklären dass ich es verstanden habe. Er hat nämlich gesagt dass Mathematiker faul sind. und wenn sie 4+4+4+4 rechnen wollen dann rechnen sie einfach 4x4. Das ist viel einfacher. Und dafür hat er mir das einmaleins beigebracht. Das ist einfach nur auswendig lernen. Da hab ich mir ganz schön mein Gehirn bei überhitzt. Doch Gino lacht nie. Nie, nie, nie. Er bringt mir so viel bei und wenn ich nicht mehr kann dann darf ich ihm von meiner Welt erzählen. Auch da lacht er mich nicht aus. Mein Bruder lacht ja immer und sagt dass ich mir das alles nur ausdenke. Aber das stimmt nicht. Ich kann die Elfen und Stolpertrolle ja sehen. Gino glaubt mir und er lauscht meinen Geschichten auch gerne, sagt er. Leider treffe ich ja auch immer mal Fabelwesen die nicht so lieb zu mir sind. Wenn ich mit den Unholden gerauft habe dann tun mir die Knochen weh und wenn mich ein Drache erwischt hat dann ist meine Haut verbrannt. So wie jetzt auch. Dicke Brandblasen sind auf beiden Unterarmen und es tut höllisch weh den Verband abzumachen. Doch ohne Verband entzünden sich die Blasen. Das kenne ich ja schon von den vorherigen Drachen. Doch die Brandblasen sind gar nicht mein grösstes Problem. Die tun nur weh weil ich an dem Verband rum fummle. Heute morgen bin ich mal wieder in eine Horde Spinnen geraten und die haben mir mit ihren Spinnfäden meinen ganzen Rücken verletzt. Ich bin in das Spinnennetz geraten und konnte mich nur mit Mühe befreien. Nun hab ich auf dem ganzen Rücken und auch an Bauch und Brust knallrote Striemen. Einige bluten leicht. Selbst am Po und an den Oberschenkel sind die grässlichen Spinnweben gwesen. Die kalte Dusche hat zwar gut getan aber nun muss ich halt die Verbände an den Armen lösen. Ich sollte vielleicht ein weniger waghalsiges Leben führen. Aber was solls. Gino liebt die Geschichten und ich gerate ja nicht jeden Tag in Gefahr. Als ich mich neu verbunden und abgetrocknet und angezogen habe gehe ich raus in den Park. Ich hoffe so sehr dass ich heute Gino treffe. Er hat Geburtstag und weil ich kein Geschenk für ihn habe habe ich meinen Teddy mit. Den will ich Gino schenken. Ich hab ein bisschen Schiss dass er meinen Teddy nicht mag aber ich habe nichts anderes. Mit Teddy verbringe ich einen angenehmen Herbsttag im Park. Es ist kalt und ich gebe Teddy meine Jacke damit er sich nicht erkältet. Es wäre ja blöd wenn ich Gino einen kranken Teddy schenken würde. Den will er dann bestimmt nicht haben. Und dann kommt Gino. Ich kann ihn schon von weitem sehen. Aufgeregt sammel ich Teddy ein. Der ist bestimmt genau so aufgeregt wie ich. Immerhin wird er heute verschenkt. Wir rennen zu Gino und ich falle dem Geburtstagskind lachend um den Hals. "Ganz herzlichen Glückwunsch zu deinem Geburtstag, Gio!" rufe ich und drehe mich mit ihm im Kreis. Ach, ist es nicht herrlich Geburtstag zu haben? Noah bekommt dann immer ganz viele Geschenke und ein ganz buntes Brot auf das die Familie gar keine Butter oder Aufschnitt legt. Es muss gut schmecken, denn sie mögen es alle sehr. Als wir uns genug gefreut haben fragt mich Gino: "Sag, warum hast du keine Jacke an, du frierst." Ich grinse ihn an. "Weil in meiner Jacke dein Geschenk ist." Nun schaut mich Gino grinsend an und ich drücke ihm Teddy in Jacke in die Arme. Er schält Teddy aus der Jacke und er schaut mich fragend an. "Aber das ist ja dein Teddy!" sagt er und ich weiss nicht ob er sich nun freut oder nicht. Ich nicke und ich sage dass er nun ihm gehört. "Kannst du denn ohne deinen Bären schlafen?" fragt er unsicher und ich werde traurig. Natürlich nicht. Teddy beschützt mich ja immer. Ich werde wohl keinen Beschützer mehr haben. Aber das macht nichts weil es ja nun mal nicht anders geht. Ich will Gino nicht nichts schenken." Mein allerliebstes Lieblingsstofftier ist gerade genug für meinen allerliebsten Freund." sage ich unsicher und Gino fängt an zu strahlen. Dann fällt er mir um den Hals und er bedankt sich tausendmal. Er versichert mir dass er sich sehr über den Teddy freut und er steckt ihn sich in die Jacke. Aber so dass Teddy raus schauen kann. "Ich weiss doch dass Teddy Angst im Dunkeln hat." lächelt Gino. Ich nicke zufrieden. Teddy wird es gut bei Gino haben. Dann drückt mir Gino eine schwarze Kiste mit vielen Knöpfen darauf in die Hand. "Das hab ich heute für dich zu meinem Geburtstag bekommen." sagt er. Ich wundere mich. "Was ist das?" frage ich und schaue mir das Ding interessiert an. "Ein Mobiltelefon." erklärt Gino. "Was ist das?" frage ich und schaue nun Gino interessiert an. Ich habe keine Ahnung was ein Mobiwasweisich sein soll. "Damit kannst du mich anrufen und ich dich." Ich schaue Gino weiter interessiert an denn ich verstehe nur Bahnhof. "Was ist anrufen?" frage ich und Gino lächelt. "Schau, wenn du hier auf den Knopf drückst..." Gino drückt für mich auf den Knopf auf meinem Kästchen "dann musst du nur ein wenig warten und mein Telefon schellt dann. Nach einer Weile macht sein Kästchen ganz lustige Geräusche und ich freue mich. "Cool!" sage ich. Gino nickt und er sagt: "Ich drücke jetzt diesen Knopf hier. Halt dir mal das Telefon ans Ohr." Gino hält mir das Kästchen ans Ohr und da ist ein Tuten in dem Kästchen. Ich muss ein bisschen lachen weil das so lustig ist. Gino drückt den grünen Knopf und er rennt ein wenig weg. Ich will ihm hinterher rennen aber an meinem Ohr sagt Gino schnaufend: "Bleib stehen. Wir können uns über das Telefon unterhalten." "Oh!" staune ich. "Wie geht das?" frage ich Gino und er sagt durch das Kästchen: "Das nennt man telefonieren. Wir können uns nun auch in grosser Entfernung miteinander unterhalten." "Sogar wenn du bei dir zu Hause bist und ich bei mir?" frage ich aufgeregt und Gino sagt: "Ja." Ich freue mich. Gino legt auf und er erklärt mir noch ganz viel zu den Telefonen. Wir üben noch ein wenig das Anrufen und Abnehmen und so. Bis ich es kann. Leider üben wir nicht mehr telefonieren denn Gino sagt dass man das Gespräch bezahlen muss und wir haben nicht so viel Geld. Wir können aber jeder etwa eine Stunde mit dem anderen telefonieren. "Wir sollten das nicht ausgeben wenn wir uns sowieso sehen." sagt Gino und ich stimme ihm zu. "Darf ich heute abend mit Teddy reden?" frage ich unsicher. Ich stelle es mir sehr gruselig vor ohne meinen Teddy zu sein. Gino streichelt Teddy gedankenverloren. Dann schaut er mich entschlossen an. "Du, ich habe für Teddy noch gar nichts vorbereitet. Kann er heute noch einmal bei dir schlafen?" Ich schaue Gino fragend an. "Bei mir sind Rolläden vor den Fenstern und Kai, der bei mir pennt möchte die immer runter haben. Es ist nachts stockfinster in meinem Zimmer. Teddy würde Angst haben und ich bräuchte erst ein Nachtlicht bevor Teddy bei mir einziehen kann." Ich starre Gino an. Tränen springen aus meinen Augen. Teddy würde vor Angst vergehen! Gino drückt mir Teddy in meinen Arm. "Pass du für mich auf ihn auf, ja?" Ich nicke. "Aber er gehört trotzdem dir." sage ich weil ich ja sonst kein Geschenk habe. Gino lacht und er sagt: "Aber sicher. Und heute abend telefonieren wir miteinander, ja, Teddy?" Teddy schaut Gino mit seinen Knopfaugen an und ich glaube er freut sich auf das Telefonat. Ich packe ihn warm unter meine Jacke und zum Abschied umarmt mich Gino. Weil er aber aus versehen die Striemen an meinem Rücken berührt muss ich weinen. "Autsch!" sage ich versehendlich und Gino fragt warum ich Schmerzen habe. Ich erzähle ihm von den grossen, bösen Spinnen in deren Netze ich mich heute morgen verfangen habe. "Und nun schmerzt mein ganzer Rücken." erkläre ich. Gino nickt und er sagt: "Zeig mal. Ich ziehe also meine Jacke aus, drücke Teddy Gino in die Arme und dann ziehe ich mein Shirt aus damit Gino die Streifen sehen kann. Gino starrt mich mit offenem Mund an. "Du siehst aus als wärst du ausgepeitscht worden." sagt er und ich winke ab. "Spinnweben sind tückisch." erkläre ich. "Die sehen genau so aus wie Peitschenhiebe. Aber ich bin ja kein störrisches Pferd." Gino fährt mit seinem Finger einen Peitschenhieb entlang und dann endet er an dem Verband an meinem linken Arm. "Was ist da drunter?" fragt er und ich lache. "Hab ich dir doch vorgestern erzählt. Ein Drache hat mich mit seinem Drachenfeuer verletzt. Da sind die Brandblasen drunter. Gino legt den Teddy auf meine Klamotten und er fragt ob er den Verband lösen dürfe. Ich wundere mich zwar aber ich nicke. Gino wickelt den Verband ab und er schaut ungläubig auf meine Narben und Blasen. Eine alte Narbe fasst er an. "Das sieht aus wie von Zigaretten." stellt er sachlich fest. "So gross war der Drache nicht." gebe ich zu. Ich hab ein bisschen angegeben. Gino weiss ja nicht wie klein so ein Drache ist. Dass er nur wenige Zentimeter misst. Klar, klingt es viel besser wenn man sich den Drachen haushoch vorstellt. Dann bin ich nämlich ein Held und kein kleiner Junge auf dem Papa seine Zigaretten ausdrückt. Ich ziehe meinen Arm beschämt aus seiner Hand und wickle hastig den Verband wirder darum. Leider geht das nicht so einfach. Gino nimmt ihn mir ab und er macht das super ordentlich. Dann ziehe ich mich wieder an und packe Teddy unter meine Jacke. Ich schäme mich etwas als ich Gino erkläre: "Der Drache war zwar nur so gross wie meine Hand aber er hat mir sau weh getan. Tschuldigung dass ich ihn grösser erzählt hab damit ich wie ein Held wirke." Ich lasse meinen Kopf hängen. Gino umarmt mich ganz sanft und er sagt: "Egal wie winzig ein Drache ist, wenn du gegen ihn bestehst bist du ein Held." Ich lächle meinen Freund an und freue mich dass er nicht sauer ist sondern mich versteht. Glücklich gehe ich heim. Ich kann heute noch mit Gino reden. Über sein Zauberkästchen. Gino ist ein wirklich guter Zauberer dass er so was machen kann.
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Selig sind die hoffnungslosen, denn sie werden nicht enttäuscht.
AcakJaron lebt seit er denken kann im Schatten seines Bruders Noah. Noah ist intelligent, sieht gut aus, ist beliebt und der ganze Stolz seiner Eltern. Jaron ist Jaron. Er träumt gerne und im Traum kann er lesen und rechnen, dann hänseln ihn nicht alle...