Der Schrecken der Karibik - Kapitel 14

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Der Tod lässt einige merkwürdige Dinge sehen. Einige sehen Gott, andere Lichter und wieder andere berichten davon, dass sie ihre ganze Familie sahen, egal ob sie noch am Leben waren oder nicht. Elisabeth sieht nichts. Gähnende schwarze Leere. Der Tod ist ein trostloser Ort, eine Hölle in der nichts existiert. Oder ist dies nur der Vorraum für die nächste Instanz? Ein Licht kann die junge Kronerbin erblicken. Ist das der Aufstieg in den Himmel, welchen sie immer innerlich verhöhnt und verspottet hatte? Das Licht kommt immer näher, doch spricht kein Gott und kein Petrus zu ihr. Schmerz. Das Atmen fällt ihr schwer sowie die Bewegung ihres Körpers. Wasser presst sich aus ihren Lungen heraus, welches sogleich sich einen Weg aus ihr herausbahnt. Ein Geräusch von spuckendem Wasser und würgen entsteht, als das Wasser ihren Körper wieder frei gibt. Ist das ein Traum? Oder ist sie gar nicht tot? Gierige Möwen kreisen über dem Meer, welches übersät ist von Trümmern und Leichen, an welchem sich die Vögel satt fressen. "Bin ich tot", stellt sich Elisabeth leise die Frage. Aber sie widerspricht sich selbst sogleich. Die kühle Brise der See streicht durch ihr Haar und kitzelt ihre Nase. Das Gefühl, dass ihr Körper dem Tode nah war ist noch immer vorhanden. Sie beginnt zu zittern, die Kälte zu fühlen, welche sich in ihrem Körper ausbreitet. Das Meer fordert ihren Preis. Die meisten, welche über Bord gehen, erfrieren oder ertrinken in der umbarmherzigen See. Neben sich erblickt sie Anné. Die Kapitänin ist klitschnass, als sei sie wie Elisabeth im Meer gewesen und über Bord gefallen. "Ist alles in Ordnung, Prinzessin?" Sorge spiegelt sich in den Worten Anné's wieder und in ihrem Gesicht, wenn auch nur minimal. "Ihr... ihr habt mich gerettet?" Eigentlich wäre Elisabeth nach lachen zumute. Sich von einer Piratenbande retten lassen erscheint ihr mehr als nur lachhaft. Vor zwei Wochen wäre ihr nach einem Lachanfall gewesen, aber jetzt hatte Anné sie gerettet. Zwar ist diese Frau unsterblich, aber sie muss während der Schlacht ihren Posten verlassen haben, um sich in das Meer zu stürzen und sie zu retten. Hatte sie gahnt, dass die Flying Dutchman den Sieg erringt? "Das habe ich, Prinzessin. Das habe ich." Anné wiederholt sich in ihren Worten tatsächlich, was aber keine gewollte Kommunikationsstrategie war. Impulsiv könnte man die Worte eher beschreiben. Elisabeth ist sich unsicher, was sie Antworten soll. Die Mörderin ihres Patenonkels hatte sich in etwas anderes verwandelt. Der Mord war ihr nicht egal, aber... Aber was? Sie hat selbst keine Antwort darauf. Nur eines weiß sie. Die Beziehung der beiden hatte sich von Feindschaft zu einer positiven Spannung entwickelt, wenn sie es auch noch nicht gegenseitig zugeben würden. Beide starren sich eine Weile an und die Crew geht ihrer gewohnten Arbeit nach. Dass das Schiff scheinbar keinen einzigen Kratzer davongetragen hat und scheinbar sich selbst repariert, fällt ihr nicht auf. Es scheint, als würden nur Anné, die See und sie selbst existieren. Keine Trümmer, keine Möwen, kein Schiff, keine Crew. "Ihr solltet in die Kajüte, Prinzessin. Das Meer ist kühl und vielleicht bemerkt ihr es nicht, aber ihr seid unterkühlt."
"Ja", antwortet sie nur leise, als sei sie nicht wirklich in der Gegenwart, sondern in einer Art Trance oder einem Traum versunken. "Prinzessin? Ist alles in Ordnung mit euch?" Etwas verwirrt scheint die mysteriöse Kapitänin der Flying Dutchman zu sein, als Elisabeth einsilbig antwortete, aber igrendwie nicht ganz zu verstehen scheint. "Elisabeth? Bitte geht in meine Kajüte und erholt euch dort. Ich werde mich auch um eure Belange sorgen, schließlich habe ich euch dies mehrfach versprochen in den letzten Tagen." Die zukünftige Königin schüttelt kurz ihren Kopf, um sich aus ihren Gedanken rasch zu befreien. Wo war sie gerade? Hatte Anné etwas wichtiges gefragt? Elisabeth war so abgeschweift, dass sie keine Ahnung hatte, was die Frau ihr gegenüber eigentlich wollte. "Mir ist kalt", bringt sie nur hervor. Tatsächlich bemerkt sie erst jetzt wieder die eisige Kälte an ihrem Körper, welche sie kurz für einige Sekunden vergessen hatte. "Das ist mir bewusst. Also kommt. Bringen wir euch in meine Kajüte in das Bett. Die Bettdecken sollten euch ausreichend wärmen." Anné spürt die Unsicherheit von Elisabeth, aber jedoch nicht den Ursprung der Unsicherheit. Eine Hang legt sie auf die linke Schulter der englischen Dame, um sie langsam Richtung der Kabine zu lenken. Anstandslos bewegt sich Elisabeth mit Anné und schafft auch Problemlos die Stufen in die Kajüte. Dort ist es auf eigenartige Weise wärmer als an Deck, aber es fröstelt ihr immer noch. "Ihr müsst eure Kleidung ausziehen, Prinzessin. Sie ist immer noch vollgesaugt mit Meereswasser, was euch nur noch mehr unterkühlt." Mit großen Augen und einem leicht rötlichem Gesicht blickt sie die Kapitänin an. "I-ich soll mich hier vor euch ausziehen", fragt Elisabeth sie mit zittriger Stimme. "Ihr könnt euch auch gern an Deck oder bei meiner Crew umziehen, wenn euch das wünschenswerter ist", bringt Anné als Gegenvorschlag, allerdings eher ernst gemeint als scherzhaft oder neckend, wie sie es in den letzten Tagen ab und an tat. Genervt grummelt Elisabeth auf. In diesem Kleid steckte sie schon zwei Wochen, was ihr erst jetzt wirklich auffällt. Ebenso die Tatsache, dass weder Anné noch sie selbst schmutzig sind fällt ihr erst jetzt auf. Kein fettiges Haar, kein nach Schweiß und Schießpulver stinkender Körper und kein Duft des Meeres haftet an ihnen. Ist dies ein weiterer Zauber, der auf diesem Schiff herrscht oder wäscht man sie im schlaf? Der Gedanke erschreckt sie so sehr, dass sie sich einfach ausziehen will, aber das gelingt ihr nicht. Die Verschnürungen sind im Rücken befestigt und so fest, dass ein alleiniges lösen ein Ding der Unmöglichkeit ist. " Könnt ihr mir bitte helfen, dieses Kleid und das Korsett auszuziehen?" Anné nickt stumm und bemerkt eine zunehmende Röte im Gesicht von Elisabeth, welche sie auf Annektiert Art und Weisen interpretiert. Aber sie geht ihrer Aufgabe nach und besitzt Geschick dabei, die ganzen Knoten spielend leicht zu lösen. Die Arme streckt Elisabeth dann nach oben aus, damit alles abgezogen werden kann. Deutliche Erleichterung verspürt sie, als das beengende Korsett sie frei atmen lässt. Ihre Seele fühlt sich freier, als das Kleid im Sinne eines Statussymbols von ihr abgestreift wird. Es ist dennoch etwas schwer auszuziehen, sodass Anné etwas rapiader ziehen muss, was etwas an den Ohren Elisabeths schmerzt. Schlussendlich wird sie befreit und steht in Unterwäsche und Absatzschuhen mit dem Rücken zu Anné. Förmlich kann sie den Blick fühlen, mit welchem die blasse Frau sie abtastet und mustert.  Eine Gänsehaut entsteht auf der Haut der Kronerbin, welche angenehm prickeklt. "Ihr solltet euch in das Bett legen, Prinzessin." Diesen Vorschlag nimmt die junge Prinzessin sofort an und streift die Schuhe ab um anschließend zu Bett zu eilen. Anné betrachtet sie weiterhin studierend. Der Körper der Prinzessin ist schlank, besitzt einen schönen Vorbau, wo wunderbar zwei Hände ansetzen könnten. Der Hintern rundet das ganze Aussehen ab und die Haare wirken einfach göttlich in Anné's Augen. Doch der Anblick wird ihr bald verwehrt, als die Prinzessin ihren Körper unter der Decke versteckt und Anné anstarrt. "Ich werde etwas für euch zubereiten, Elisabeth. Gebt mir ein paar Minuten." Als die Prinzessin nickte, verschwindet die Kapitänin auch schon mit dem üblichen Gesichtsausdruck und lässt die Frau zurück, welche gerade aus ihrem Kleid befreit wurde. Als Anné die Tür schließt und sie allein lässt, atmet sie erleichtert aus. Ihr Gesicht gewinnt noch mehr intensive Röte. Lange bleibt ihr Blick auf der Treppe haften, durch welche Anné die Kajüte verlassen hat.

Der Schrecken der Karibik | girlxgirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt