Der Schrecken der Karibik - Kapitel 22

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"Verdammter Nebel", grummelt einer der Matrosen auf einem der Begleitschiffe des Commodore. "Man sieht die Hand vor Augen nicht. Bei Jesus Christus, wenn ich zu Hause bin, betrinke ich mich dermaßen, dass ich frei Tage nicht aufstehe."
"Halt die Klappe, James. Du kippst doch nach dem dritten Maß um und schläfst wie ein Baby", stachelt sein Freund ihn weiter auf, welcher nur lacht. "Schon gut, schon gut. Ich bin halt seit der Marinezeit nicht mehr so... Harry?" Er unterbricht seinen Satz als er nur so etwas wie ein gurgeln hört, welches aber schnell verstummt. Der Nebel wurde von einer Minute auf die andere so dicht, dass man sich nur anhand der Stimmen und Geräusche orienteren könnte. "Harry? Wenn das wieder einer deiner dummen Scherze ist, dann lasse es! Das ist verflucht noch einmal nicht komisch!" Er geht in die Richtung, wo eigentlich Harry gerade das Tau kontrollieren sollte, aber von dort kommt nicht einmal mehr ein einziges Geräusch. War es schon immer so ruhig auf diesem Schiff oder kommt es ihm nur so vor? Egal. Zuerst müsste er nach Harry sehen. Schritt für Schritt bahnt er sich den Weg voran, als er plötzlich stolpert und sich den Kopf an Deck aufschlägt. Er flucht kurz etwas unverzeihliches und entschuldigt sich anschließend sofort bei Jesus und Gott, dem Herr. Einige Sekunden Zeit benötigt er, bevor sein Körper den Schmerz verdrängt hat und sein Kreislauf wieder stabil ist. "HARRY!" Sein Freund liegt blutüberströmt an Deck, durchbohrt an der Kehle und dem Herz, wahrscheinlich mit deinem Degen. Gerade als der Alarm brüllen wollte, fühlt er einen Schmerz, der ihn seiner Stimme beraubt und ihn nur gurgeln lässt wie Harry. Im selben Moment ertönen die Schüsse von Kanonen. Von dutzenden, schweren Kanonen.

"Commodore! Wir werden angegriffen!" Panisch krachte ein Mann die Tür der Kajüte auf. Die Angst steht im förmlich ins Gesicht geschrieben. "Es ist die Dutchman! Überall ist Nebel und zwei unserer Schiffe geben keine Antwort mehr von sich! Nicht einmal als Lichtsignal ab!" Brandon stürmt sofort auf und eilt hinaus an Deck. "Wartet hier, Elisabeth. Ich werde den Teufel zur Strecke bringen. Verbarrikadiert euch bitte." Damit ist sie wieder allein. Doch will sie sich wirklich verstecken? Hat sie nicht insgeheim gehofft, dass Anné Shanel wieder zu ihr zurückkehrt und sie wieder an Bord nimmt? Warum ist doch völlig egal für sie. Hauptsache sie kehrt zurück. Sie geht der blassen Frau ein Stück entgegen und würde sich sogar an Bord schleichen. Brandon und die anderen wären mit Sicherheit beschäftigt.

Die Rohre der Flying Dutchman feuern. Zwei Schiffe seiner Flotte ist versenkt und keines der Englischen traut sich zu schießen, aus Angst, andere treffen zu können. Langsam enzünden sich nur ihre Lampen, doch der dichte Nebel verschluckt jede noch so große oder kleine Lichtquelle. Jetzt war das gigantische Schlachtschiff des Commodore an der Reihe. Schwerter prallen aufeinander, Schüsse aus Pistolen werden abgefeuert. Der Angriff war wie immer lautlos und mehr als überraschend, wie der Commodore feststellen muss. Er selbst hatte schon zwei Angreifer abgewehrt, aber ganz gleich, wie oft man ihr Herz durchbohrte, sie stehen immer wieder auf und kämpfen weiter. Doch sie lassen von ihm ab, als Stiefel über das Deck langsam auf ihn zuschreiten. Stiefel, wie sie nur eine Frau tragen kann. Stiefel, so schwarz und böse wie die Person, welche die Dutchman wie ein Dämon über die Meere jagd. "Wir hatten eine Vereinbarung! Ist euch den Ehre gar nichts wert, Dämon", schreit er der Frau mit der Augenklappe entgegen, welche sich im nähert. "Das Angebot bezog sich darauf, dass ich in Ruhe gelassen werde. Von euren Schiffen war nie die Rede, Commodore. Wie ihr solch einen Rang erhalten habt bei solch einer miesen Art der diplomatischen Verhandlungskunst ist mir selbst ein Rätsel. Vielleicht hat euch euer Herz und euer Pflichtbewusstsein geblendet? Vielleicht seid ihr aber auch ein einfältiger Trottel, der schon bald die köstliche Umarmung der See spüren darf." Von solche Worten und Drohnungen lässt er sich nicht beeinflussen, zumindest nicht sichtbar. Die Wut, die er gegen Anné verspürt ist riesig. Diese Frau hat hunderte oder tausdende Menschenleben auf dem Gewissen. Er würde sie töten und wenn es sein eigenes Leben oder das seiner Männer fordert. Ja, es wäre ein Tausch voller Opfer, aber die See wäre endlich frei und man könnte ohne Angst und Schrecken endlich wieder die karibische See befahren. "Die köstliche Umarmung der See? Es wird der Tag kommen, an welchem ihr dem englischen Scheiterhaufen begegnen werdet! Kein Gott, kein Jesus und kein Glück wird euch vor eurer Strafe retten!" Seine Stimme ist laut und voller Kraft und er richtet die Klinge in ihre Richtung. Er ist nicht nur Commodore, sondern auch ein Meister des Fechtens. Doch würde er niemals den törichten Fehler begehen, seine Gegner zu unterschätzen. Besonders Kpitän Anné Shanel, den Dämon der Karibik würde er nicht unterschätzen. Solche Fehler haben mit Sicherheit bereits vielen Leuten das Leben gekostet. "Strafe Gottes? Strafe Gottes?", wiederholt sie im spöttischen Ton und lacht dann so böse, dass man meinen könnte, sie stehe über Gott und den Gesetzen der Sterblichkeit. "Ihr seid hier auf meinem Gebiet, Commodore. Das Meer ist meine Heimat und stets auf meiner Seite. Es ist mir völlig gleich, wie sehr ihr um euer Leben bettelt, wie sehr ihr schreit oder um Gnade winselt. Ich begnüge mich nicht damit, jemanden wie euch abzuschlachten, sondern werde euch direkt dorthin schicken, wo ich es für angemessen halte." Auch sie richtet ihre Klinge auf ihn. Selbst ihr eisiges Auge ist auf ihn gerichtet. Zwei Kontrahenten stehen sich gegenüber im dichten Nebel. Der Wind lässt das weiß-graue Haar Annè's wehen und die Uniform des Commodore im Wind sich leicht bewegen. Zwei eiskalte Schwertkämpfer stehen sich gegenüber und nur einer von ihnen wird dieses Feld verlassen. Da sind sich beide sicher. "Gott ist auf meiner Seite", brüllt der Commodore voller Mut und stürmt auf seine Gegnerin zu, welche ebenso auf ihren Gegner zustürmt. Aus sicherer Entfernung beobachtet eine junge Prinzessin die beiden Gegner, welche gleich einen kaum verfolgbaren Klingenhagel austauschen würden. Brandons Kampfstil ist selbst in England legendär. Doch würde es ausreichen, eine Unsterbliche zu töten?

Der Schrecken der Karibik | girlxgirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt