Als sie erwacht, fühlt sie sich besser denn je, als wäre sie in einen wunderschönen Traum gefallen, der all ihre Wünsche hat war werden lassen. Mehrfach blinzelt sie hintereinander und ihr Gehirn erwacht langsam aus dem Tiefschlaf, um sich wieder dem Zustand des Wachseins zu gewöhnen. Natürlich liegt sie wie die letzten Tage auch schon im weichen, warmen Bett der Kapitänin, allerdings nackt. Weiche Haut fühlt sie, welche nicht zu ihr gehört und sich nah an sie geschmiegt hatte. Ein Blick rechts neben sie verrät, wer den da eigentlich genau liegt. Im Schlaf wirkt Anné nicht so streng oder gefühlskalt wie sonst. Es scheint, als würde sie sich über den Umstand freuen, dass sie mit ihr geschlafen hatte. Und schon brennt sich der Gedanke in den Kopf der Prinzessin. Sie hatte mit ihr geschlafen. Es war intensiv, sie zu küssen, sie keuchen zu hören und ihrer Stimme hohe Töne zu entlocken. Gleichzeitig kommt ihr in den Sinn, dass sie eigentlich einen wundervollen, jungen Prinzen heiraten will. Eigentlich.
Hatte sie ihn betrogen, ihn verraten? Oder war der Sex mit Anné ein Ausdruck ihrer Liebe? War es nur ein Spiel der Macht, eine schnelle, vergehende Lust oder war es doch mehr? Es hat sich richtig angefühlt, sich auf sie einzulassen, denkt zumindest ein Teil von ihr. Ein anderer Teil schreit in ihr, dieser Frau ein Messer in den Kopf zu rammen. Aber könnte sie dies tun?
Ein wohliges seufzen ertönt von der schlafenden Piratenfrau, welche ihren Kopf auf dem Bauch der Prinzessin abgelegt hat. Bei diesem Anblick muss Elisabeth lächeln, trotz der teils immer noch negativen Gedanken gegenüber Anné. Zudem streicht sie der Frau durch ihr schulterlanges, grau-weißes Haar und lächelt verträumt. Dieser Moment ist gerade voller Romantik und sie will verflucht sein, wenn sie diesen zerstören würde. Die kaltblütige, starke, selbstbewusste Anné kuschelt mit ihr und fühlt sich in ihrer Nähe wohl. Sollte sie das Sehen? Oder verdreht ihr Gehirn das Gesehene so sehr, dass es ein falsches Ergebnis in ihren Gedanken widerspiegelt? "Bist du schon lange wach", gibt Anné leise und verschlafen von sich. Scheinbar erwacht sie gerade aus ihrem ruhigen Schlaf. "Gerade erst." Elisabeth erschrickt selbst vor sich, da sie so monoton und gefühllos antwortet. Sie wollte es sanft und gefühlvoll formulieren zumindest hatte sie dies so beabsichtigt. Die Frau neben ihr streckt sich so günstig, dass die weiche, rote Bettdecke von ihrem Körper rutscht und einen Blick auf den Körper freigibt. Bei Gott... sie kann sich noch gut daran erinnern, wie sie diesen muskulösen Körper gefühlt und die süßen Brüste liebkost hatte während des Liebesspiels. Brennendes Verlangen loderte wie ein Inferno in ihr und es beginnt schon wieder, sich auszubreiten. War Anné eine Magierin oder ein Wesen, welches eine massive Abhängigkeit verursachen konnte? Oder sind dies die wahren Gefühle, die sie für diese Frau empfindet? "Es tut mit leid, Prinzessin, aber dein Kleid..." Sie deutet vor das Bett, wo das Kleid liegt, welches Anné im Eifer ihrer Lust zerbrochen hatte. Erneut staunt die junge Kronerbin über sich selbst. Normalerweise wäre sie erbost über die Zerstörung ihres Eigentums, ihres wertvollen, königlichen Kleides. Doch stattdessen brennt ihr eine andere Frage auf dem Herzen. "Wie war es für euch, Anné?" Die Piratenkapitänin der Flying Dutchman verzieht etwas das Gesicht. Sie hatte versucht mit Elisabeth auf eine persönlichere Ebene des gegenseitigen Ansprechens zu gelangen, allerdings spricht sie immer noch recht distanziert. Euch, Ihr, Sie. Wieso konnte diese störrische Prinzessin nicht endlich ihre Prinzipien ablegen und leben? "Was ich fühlte?" Anné nimmt statt einer gefühlvollen Stimme wieder ihre distanzierte und kühle an. Auf keinen Fall will sie sich anmerken lassen, dass sie sich verletzt fühlt und gerne etwas anderes von Elisabeth hören würde. "Es war wundervoll, Prinzessin. Leidenschaftlich, heiß, ungezügelt und wahr. Ganz wie die Liebe sein sollte." Und doch spricht Anné in gewisser Weise heraus, was sie fühlt. Aber die Botschaft scheint bei der angehenden Königin nicht gänzlich anzukommen, den Zeichen von Gefühlen oder Verständnis findet man nicht in ihren englischen Augen. Anné Shanel hat durch die Gunst der Meeresgöttin gesehen, dass der Tag ihrer Entscheidung mehr als nah ist. Zwei Tage. Zwei Tage hatte die Kapitänin noch Zeit, bevor sich Elisabeth entscheiden würde. Sie hatte gehofft, dass Sex die junge Frau endlich in ihr Herz blicken lässt, dass sie sich abwendet von England, der Macht der Krone und ihrem Traumprinzen, doch was ist geschehen? Es war alles umsonst. Langsam verlor die Kapitänin die Hoffnung. Viel Mühe, Geduld und vorsichtiges herangehen waren nötig, um Elisabeth's Vertrauen zu gewinnen. War es möglich, dass sie nichts empfindet? "Habt ihr noch Kleidung für mich, Anné?" Und da war der nächste Pflock, den man in ihre Seele trieb. Wolle Elisabeth sie brechen oder was sie zu naiv, um die Gefühle zu erkennen? "Im Schrank da hinten links. Es ist meine Kleidung, welche euch aber auch passen müsste." Kurz und gefühllos gibt sie Antwort und beobachtet die Prinzessin dabei, wie sie rasch aus dem Bett schlüpft und sich ansieht. Zwar hat man nur Blick auf die Rückseite, aber die Kurven und die Form des Hinterns reichen Anné mehr als aus. Wie gern würde sie diese Linien entlang fahren, sie liebkosen und damit die Zeit teilen? "Ich... ich muss an die frische Luft." Elisabeth rennt an Deck und kracht die Tür der Kajüte mit deutlich mehr Schwung zu, als es nötig wäre und lässt somit Anné allein. Die blasse Frau blickt ihr hinterher. Erst nach einigen Sekunden, in denen sie sich außer ihrer Atmung und ihrem Sekundenschlaf nicht gerührt hatte, fließen ihr Tränen über die Wangen. Es ist Jahre her, dass sie wahren Schmerz in ihrer Seele empfand. Elisabeth hatte es geschafft, sie wieder fühlen und lieben zu lassen allein durch ihre Aura. Allerdings hatte die Prinzessin auch damit die Macht, Anné zu verletzen. Sie krabbelt unter die Decke und vergießt Tränen, verbietet es sich aber selbst zu schluchzen.An Bord der Flying Dutchman sucht sich Elisabeth im Lagerraum einen stillen Ort hinter mehreren Kisten. Wieso hatte sie Anné zurückgelassen? Wie konnte sie dieser Frau Schmerz zufügen? Doch... sie hatte sie abgewiesen! Statt Gefühle zu zeigen, blieb Anné kühl und ohne Emotion. Elisabeth fühlt sich, als hätte man ihr Herz herausgerissen und ihr etwas genommen, ohne was sie nicht leben kann. Sie kauert sich zusammen wie ein Embryo im Mutterleib und bringt ihre Gefühle durch Tränen und durch schmerzhaftes schluchzen von sich. Und niemand hört sie. Weder die Besatzung, noch die Frau, die sich ebenso nach der Liebe der letzten Nacht sehnt wie Elisabeth.
DU LIEST GERADE
Der Schrecken der Karibik | girlxgirl
FantasyWenn der Nebel über der Karibik aufzieht, ist der Tod nah. Kein Licht lässt den Nebel aufklaren, kein Schrei dringt heraus und jede Hilfe wird zu spät sein. Willkommen auf der Flying Dutchman. Piraten siedeln sich zunehmend in der Karibik an, vor al...