Die Wahrheit kommt ans Licht.

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Katniss P.o.V.

Katniss schaute voller Angst zu, wie Percy sich keinen Millimeter rührte, als die Bärenmutation auf sie zu gerannt kam. Als er in Reichweite kam, holte es mit einer seiner langen, krallenbesetzten Pranken aus und brüllte erneut ohrenbetäubend, als es sie in Richtung Percy schwang.

Gale zog sie mit sich und sie musste alles hilflos mit ansehen. Sie war sich sicher, dass Percy Jackson sterben würde, als er sich plötzlich zur Seite warf, abrollte und hinter dem Bähren wieder auf die Beine kam, alles in einer einzigen, fließenden Bewegung. Sobald Percy aus seiner Sicht verschwunden war, richtete sich die komplette Aufmerksamkeit des Tieres, wenn man es denn so nennen konnte, auf Katniss und Gale und es stürmte vorwärts, auf sie zu. Anscheinend waren die Intelligenz und Aufmerksamkeitsspanne nicht sonderlich wichtig gewesen, als man die Mutation erschaffen hatte. Noch bevor es nah genug an ihnen war um sie zu berühren, blieb es abrupt stehen und wirbelte wieder herum zu Percy, ein Messer in seiner Seite steckend. Ein Messer? Warum zur Hölle hatte er ein Messer geworfen?

Das Monster brüllte und stürmte wieder auf Percy zu, der sichtbar zusammenzuckte. Naja, so sah es jedenfalls aus, und außerdem wäre es auch das, was Katniss in dieser Situation getan hätte, aber nur eine Sekunde später stolperte der Bär nach hinten und fiel. Er atmete nicht mehr. Als sie zurück zu Percy sah, hatte er einen kalten, metallischen Glanz in seinen sonst so warmen und freundlichen Augen, seine Bewegungen ruhig und entschlossen. Sie schlich näher an den toten Mutanten-Bären heran und sah sechs Pfeile fast bis zum Schaft in seiner Brust stecken, dazu einen in seinem rechten Auge.

Komplett ruhig, fast schon gelassen, näherte sich Percy dem Bären, zog ein Schwert unter seinem Mantel hervor und schlug der Mutation den Kopf ab. Danach fing er an, seine Pfeile und das Messer aus dem Körper des Bären zu ziehen, mit routinierten Bewegungen zu säubern und wieder zurück in seinen Köcher oder Gürtel zu stecken.

Katniss und Gale waren wie an der Stelle festgefroren, während sie voller Bewunderung den vor ihnen stehenden Krieger betrachteten. Das war nicht Percy Jackson, der nette Sohn der Wohltätigkeitsarbeiterin aus dem Dorf. Es war jemand komplett anderes. Er wirkte größer, hatte einen leisen, fast schon schleichenden Gang und jede seiner Bewegungen trotzte nur so vor Kraft und Eleganz.

„Warte...was...wie...", stammelte Katniss, ihr Mund öffnete und schloss sich wie bei einem Fisch auf dem Trockenen.

Gale wirkte, als ob er gerade aus einer Trance aufgewacht wäre. „Was zum Teufel, wie hast du das gemacht!? Das Viech war mindestens sechs Meter groß und auch nicht gerade dünn, es war gigantisch und du hast es einfach Mal mit deinem Bogen erschossen? Es gibt keinen Bogen der stark und gut genug ist, einen Pfeil fast bist zum Schaft in dem Ding zu versenken, ich meine, die haben es doch höchstwahrscheinlich so mutiert, dass seine Haut kugelsicher ist und jetzt ist es tot...", stotterte er.

Katniss betrachtete den Pelz des Bären etwas genauer und bemerkte, dass er an den Stellen, an denen ihn Percys Pfeile getroffen hatten fast schon gesplittert aussah. Gale hatte Recht, das Ding war wahrscheinlich kugelsicher. Jetzt blieb nur noch die Frage, wie genau es Percys Pfeile geschafft hatten, durch die kugelsichere Oberfläche zu brechen und dann noch um die sechzig Zentimeter tief durch Fleisch und Knochen zu dringen und es zu töten. Sie schaute ihn fragend an. Er blieb stumm.

Nachdem er alle seine Waffen aufgesammelt hatte, sein Schwert plötzlich verschwunden, ging er an ihnen vorbei hinein in den Wald und verschmolz praktisch mit seiner Umgebung. Vielleicht waren diese Klamotten doch zwei Hirsche wert. Sie schaute Gale wortlos an und realisierte, dass sie wahrscheinlich immer noch in Gefahr waren, vielleicht war das nicht die einzige Kreation des Kapitols, die hier herumlief. Ohne ein Wort zu sagen hoben sie das Reh, dass sie erlegt hatten, hoch und machten sich auf den Weg nach Hause.

****************

Percy hätte sich selbst ohrfeigen können, mal wieder. Er war am Arsch, sowas von am Arsch. Diese Worte schwirrten ihm immer wieder durch seinen Kopf während er lautlos Katniss und Gale verfolgte, um sicherzustellen, dass es den beiden gut ging. Er war echt am Arsch. Er hatte Prim versprochen, dass er bei ihnen wohnen würde, und dann machte er so was. Er wusste, dass er einen dramatischen Flair hatte, aber das hier war eine ganz andere Liga.

Er konnte sich einen Haufen anderer Wege vorstellen, wie er den Bären hätte töten und es auf irgendeinen glücklichen Zufall schieben können, zum Beispiel einen Baum auf ihn fallen lassen, aber natürlich musste er Katniss beeindrucken und ihn selbst erlegen. Im Moment waren seine Freunde noch erstaunt und ziemlich überrascht und neugierig, aber wann würden sich diese Gefühle zu Misstrauen und Angst entwickeln? Vertrauen bedeutete ihm alles.

Er würde niemals jemanden verraten, der ihm vertraute, und es tat weh zu sehen, wie jemand dem er vertraute, dieses Vertrauen nicht erwiderte oder es missbrauchte. Er war loyal bis zum Ende, er wünschte nur, dass man dasselbe auch von anderen sagen könnte.

Seufzend machte er sich auf den Weg zu seinem eigenen Haus, sobald die anderen den Zaun erreicht hatten, ging hinein und ließ sich auf das Bett seiner Mutter fallen. Ihr Geruch und ihre Anwesenheit hatten ihm schon immer beim nachdenken geholfen, heute war es nicht anders. Er schloss die Augen und atmete tief ein. Was soll ich tun? Was passiert hier? Wer bin ich? Oder besser gesagt, was bin ich? Fragte er sich selbst. Er stieß die Luft aus und atmete erneut ein, roch ihren Geruch, zusammen mit dem Geruch von Meer. Seine Augen flogen auf und er schoss nach oben.

Dort, direkt vor ihm, stand ein gutaussehender Typ mit einem Dreizack, Sandalen, Bermuda-Shorts und einem Hawaii-Shirt. „Percy", sagte er, ein trauriger Ausdruck in seinen grün-blauen Augen. „Es tut mir leid"

Jeder normale Mensch wäre erschrocken, aber nach allem was heute passiert war ließ Percy sich einfach zurück aufs Bett fallen. „Was tut dir leid?", fragte er müde. „Ich kenne dich nicht einmal."

„Das ist es ja, Percy.", sagte der Mann. „Es tut mir so leid, dass ich nicht für dich da sein konnte. Als ich Sallys Tod gespürt habe, musste ich einfach herkommen... Es tut mir leid."

„Oh", sagte Percy nur. Selbst nach den anderen Dingen die heute passiert waren, dass hier war noch verrückter. „Bist... Bist du mein Vater? Warte, was meinst du mit 'du hast ihren Tod gefühlt'?!"

„Ja. Ich bin dein Vater. Ich habe gefühlt, dass sie gestorben ist Percy. Percy... Es gibt so vieles, dass ich dir sagen muss."

„Okay, ich höre", sagte Percy, setzte sich auf und lehnte sich nach vorne, seine komplette Aufmerksamkeit auf den Fremden, vor ihm gerichtet, auf seinen... Vater.

Der Mann atmete tief ein. „Ich heiße Poseidon", setzte er an, „Und ich bin ein Gott."

Der Tribut (Percy Jackson / Tribute von Panem crossover)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt