Cortana durchschnitt die Luft blitzschnell und zwei Dämonen lösten sich in Luft auf. Zufrieden betrachtete Emma ihr Werk und atmete tief durch, doch die Arbeit war lange nicht getan. Weitere Dämonen rannten auf sie zu und die kleine Pause war auch schon vorüber. Fest hielt sie ihr Schwert umklammert und stand Rücken an Rücken mit ihrem Parabatai Julian Blackthorn. Sie hörte, wie sein Atem vor Anstrengengung schneller ging, aber zugleich spürte sie seine Entschlossenheit, mit der er auf die Dämonen zustürmte.
Auch Emma griff wieder an, drehte sich ein paarmal und erwischte mehrere Dämonen, aber sie lebten noch. Mit einem erneuten Hieb durch Cortana verursacht, erwischte sie einen davon endlich tödlich und nahm sich den nächsten vor. Ihr Blondes Haar löste sich aus dem Zopf und wirbelte um sie herum.
,,Pass auf!", hörte sie den warnenden Schrei Julians, der ihr wahrscheinlich das Leben rettete. Denn Emma drehte sich blitzschnell um und konnte gerade noch so vor drei weiteren Dämonen zurückweichen, die sie beinahe mit ihren scharfen Krallen erwischten.
Julian aktivierte seine Rune für Schnelligkeit. Emma konnte sie kurz auf seinem Arm aufleuchten sehen, dann verblasste sie wieder und er rannte noch in derselben Sekunde auf sie zu. Der erste Dämon löste sich in Luft auf, als Julians Klinge seinen Kopf abtrennte und Emma nutzte die Gelegenheit, um es ihm gleichzutun. So starb auch der zweite mit einem erstickten Aufschrei.
Der letzte lieferte ihnen einen erbitterten Kampf, aber gegen zwei Parabatai, die ein solch perfektes Team bildeten hatte er einfach keine Chance. Und so löste auch er sich in Luft auf und verschwand von dieser Welt.Erleichtert atmete Emma auf. Sie schwieg zunächst und hörte dabei Julians schneller gehender Atem. Er sah gut aus, wenn ihm das Haar in die Stirn fiel und er es zur Seite strich. Seine Brust hob und senkte sich schneller als gewöhnlich wegen der Anstrengung des Kampfes und schwarzes Dämonenblut tropfte von seiner Seraphklinge.
,,Na das nenne ich doch einen gelungenen Silvesterabend", scherzte Julian, aber sein Ton klang etwas düster.
,,Danke", meinte Emma. ,,Ohne dich hätte ich das neue Jahr wohl nicht erlebt... oder gleich ziemlich miese Erinnerungen in Form einer Dämonenwunde."
,,Ich bin froh, dass es dir gut geht", antwortete Julian.In letzter Zeit war es einfach etwas angespannt zwischen ihnen, was Emma schade fand. Es war nur so, dass sie in Julian verliebt war und die Parabataiverbindung das Verbot. Angeblich gab es einen uralten Fluch, der verhinderte, dass Parabatai sich liebten. Emma war sich nicht sicher was sie davon hielt, aber Julian schien davon überzeugt zu sein, dass dieser Fluch ihn irgendwann noch umbrachte. Vor allem seit ein paar Tagen war er ruhiger geworden.
Emma wollte eigentlich, dass alles zwischen ihnen weiterging wie früher. Das sie zumindest Freunde sein konnte. Besonders an Silvester, so kurz vor Jahresende.
,,Kann ich dich noch kurz entführen?", fragte sie also und setzte ein Grinsen auf. ,,Es wird schnell gehen, versprochen."
Julian dachte darüber nach, nickte dann aber langsam und Emma wagte es, seine Hand zu nehmen.Sie führte ihn durch die Straßen von Los Angeles. Heute an Silvester war wirklich die Hölle los. Hunderte Mundies eilten vom Geschäft zu Geschäft, um alles nötige für den heutigen Tag zu besorgen. Dunkel war es schon lange und die letzten Stunden des Jahres waren kalt. Ohne ihre Rune wäre Emma in ihrer Kampfmontur wirklich eiskalt gewesen.
,,Wohin gehen wir?", wollte Julian wissen, doch Emma lächelte nur.
,,Es ist eine Überraschung. Außerdem sind wir gleich da."Etwa zehn Minuten später standen die beiden am Strand. Um diese Jahreszeit verlassen, aber Emmas Meinung nach trotzdem wunderschön. Auch verband sie einige gemeinsame Erinnerungen mit Julian, die an diesem Strand stattgefunden hatten. Etwa die vielen Male, als sie als Kinder hier gespielt hatten oder ein paar Kämpfe gegen niedere Dämonen. Doch die einprägsamste Erinnerung stammte von jenem warmen Abend im Sommer, als sie und Julian eine Nacht hier zusammen verbracht hatten. Eine Nacht voller Liebe und Verlangen, das Emma auch jetzt noch verspürte. Doch sie versuchte nicht daran zu denken, denn Parabatai durften sich nicht auf diese Art und Weise lieben. Das war verboten und änderte sich auch nicht. Sie fragte sich, ob der Fluch der Parabatai sie jemals einholen würde. Möglicherweise passierte das, aber was dann? Was machte dieser Fluch mit ihnen.
Julian unterbrach ihre Gedanken, als er die Finger mit ihren verschränkte und sie weiter den Strand hinab führte. ,,es ist wunderschön hier" meinte er.
Emma wies auf einen Felsen.
,,Komm, wir schauen uns dort das Feuerwerk an!"Julian half ihr, auf den etwas höheren Felsen zu klettern. Es war etwas glatt und sie rutschte manchmal mit dem Fuß ab. Mit Julians Hilfe saß sie schließlich oben und zog ihn ebenfalls hoch. Schulter an Schulter saßen die beiden Parabatai auf dem kühlen Felsen. Emma spürte die Wärme, die von Julians Körper ausging und sie schmiegte sich an ihn. Julian legte die Arme um sie und zog sie an sich. Emma wusste nicht, wie lange sie so dasaßen. Schweigend. Es war kein unangenehmes Schweigen, sondern ein schönes. Es sagte mehr als jedes Wort und Emma genoss jede Sekunde in vollen Zügen.
Als das erste Licht den Himmel erhellte sah sie kurz auf. In einem ziemlichen Krach stiegen weitere Raketen in den Himmel und erhellten die Nacht für einige Sekunden. Fasziniert sah Emma auf das Spektakel und konnte kaum fassen, dass schon wieder ein Jahr um war. Noch ein Jahr, indem ihre Eltern tot waren und sie Julian nicht so lieben durfte, wie sie wollte. Ein Jahr voller Schmerz, das aber trotzdem viele schöne, unvergessliche Momente gehabt hatte.
Emma lächelte schwach zu Julian hoch. ,,Gutes neues Jahr schätze ich" sagte sie, begleitet von einem hell erleuchteten Himmel. Sie konnte Julians Lächeln kaum sehen, aber es wurde immer wieder deutlich.
,,Das wünsche ich dir auch", antwortete er. ,,Lass es uns doch ein bisschen schöner beginnen, als das letzte."
Mit diesen Worten legte er seine Lippen auf Emmas und zog sie ein wenig zu sich hoch.
Und Emma war sich sicher, dass dieses Jahr nur gut werden konnte.