Kapitel 5

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Der Moment, den ich so sehr herbeigesehnt und gleichzeitig gefürchtet hatte, war gekommen. Ich gönnte mir einen letzten, tiefen Atemzug, bevor ich Suz bedeutete, vor mir im Kreis Platz zu nehmen. Als sie ihre Hände vor dem Körper verschränkte, wusste ich, dass sie lieber auf Abstand bleiben wollte. Obwohl es mir einen Stich ins Herz versetzte, konnte ich es ihr nicht übel nehmen.

"Du weißt doch sicherlich, wie es vor Wochen mit meinen Albträumen und Hitzeschüben begonnen hat, richtig?"

Suz nickte, ließ sich jedoch keinerlei Emotion anmerken.

"Dann gab es da noch den Vorfall im Club, als ein Feuer ausgebrochen ist und ich mit überhöhtem Fieber ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Jeder Einzelne von uns kann sich bis heute nicht erklären, wie ich das überleben konnte."

Erneut sah ich Suz nicken.

"Natürlich habe ich mir nichts dabei gedacht und es, genauso wie jeder andere, für ein medizinisches Wunder erachtet. Doch danach geschahen weitere Dinge."

Stumm blickte mich Suz an. Ab diesem Zeitpunkt konnte ich ihr nicht mehr in die Augen sehen. Zu groß war die Angst, dass sie jeden Moment schreiend davon laufen würde.

"Es begann damit, dass ich eines Abends einen Film in Sizilien geschaut hatte und emotional wurde. Von einem auf den anderen Moment war plötzlich ein Feuer im Kamin entfacht. Da ich gerade den Fernseher ausgeschaltet hatte, tat ich es als einen Fehler in der Frequenz der Fernbedienung ab, der den wahrscheinlich neuartigen Kamin automatisch eingeschaltet hatte. Jedenfalls habe ich das Feuer gelöscht und mir Nichts dabei gedacht."

Ich musste einmal durchatmen und meine Gedanken sortieren, bevor ich fortsetzte:

"Der nächste Vorfall war noch kurioser. Ich war etwas angetrunken auf dem Sofa im Wohnzimmer eingeschlafen. Als ich mitten in der Nacht aufwachte, brannte sowohl ein Feuer im Kamin als auch die gesamten Kerzen in dem Raum. Ich habe wirklich gedachte, dass es ein perverser Einbrecher gewesen war, der einen perfiden Geschmack für Scherze hatte. Doch es gab keinen Einbrecher. Du kannst dir gar nicht vorstellen, welche furchtbare Angst ich hatte. In diesem Moment war ich mir sicher, dass ich kurz davor war, meinen Verstand vollkommen zu verlieren."

Noch immer konnte ich es nicht ertragen, Suz anzuschauen. Zu groß war die Angst, dass mir ihre Reaktion ganz und gar nicht gefallen würde.

"Es war kurz nach dem gescheiterten Kuss mit Gabe, als ich die absolute Sicherheit hatte, dass es kein Einbrecher gewesen war, der die Kerzen und den Kamin entzündet hatte. Es hat auch nie einen Schalter gegeben, der den Kamin automatisch einschaltet."

Erwartungsvoll schaute ich zu Suz, um ihr die volle Dringlichkeit der nächsten Aussage deutlich zu machen.

"Ich war es, Suz. Ich hatte das Feuer entfacht."

Einige Sekunden stand Suz einfach nur da und schaute mich an. Urplötzlich jedoch verschwand der Ernst aus ihrem Gesicht und sie begann, lauthals zu lachen. Enttäuscht musste ich feststellen, dass es gar nicht so einfach werden würde, sie von der Wahrheit zu überzeugen.

"Und das ist deine gesamte Geschichte? Weißt du, Cassie, jeder kann ein Feuer im Kamin entfachen und Kerzen anzünden. Gib mir ein Feuerzeug und ich zeige es dir!"

Ich konnte nicht anders als bei ihrer Reaktion zu schmunzeln.

"Ich habe mir schon gedacht, dass du nicht gänzlich begreifen würdest, was ich dir versuche zu sagen. Wer soll es dir auch verübeln? Schließlich glaube ich selbst ganz fest daran, dass ich aus diesem schrecklichen Albtraum erwachen werde und alles wieder so sein wird wie zuvor."

Obwohl Suz immer noch lächelte, erreichte es ihre Augen nicht.

"Weißt du, Cassie? Vielleicht solltest du dir professionellen Rat holen, was deine Albträume und Feuerfantasien angeht. Ich kann dir anscheinend nicht helfen."

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