Kapitel 8

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Mein gesamter Körper zitterte, als ich das Monster vor mir mit blankem Hass musterte. Meine Zähne schlugen mittlerweile so fest aufeinander, dass ich nur darauf wartete, wie sie einer nach dem anderen heraus fielen. Schmerzen nahm ich gar nicht mehr wahr. Zu betäubt war mein gesamter Körper von den ungewohnten Strapazen.

"Bringt ihr eine Decke! Das ist ja kaum zu ertragen."

Sofort folgte einer seiner Lakaien dem Befehl. Als der riesige Koloss mit einer braunen Decke vor mir stand, überraschte es mich, wie behutsam er die Decke über meine Schultern legte. Der Geruch von Schweiß, Blut und Angst kämpfte sich sofort zu meiner Nase hervor und ich wusste, dass ich nicht die Erste war, die diese Decke benötigt hatte.

Wie oft diese Perversen das wohl schon gemacht haben?

"Ent... schul.... di.... gung, dass... ich... so eine... Bürde... bin."

Mit aller Kraft presste ich jedes einzelne Worte heraus, während ich mir im Kopf ausmalte, wie ich Graf Dracula Stück für Stück auseinander nahm.

Ein schrilles Lachen entfuhr seiner Kehle und holte mich wieder aus meinen Gedanken heraus. Egal, wie sehr ich mir vorstellte, was für schlimme Dinge mit ihm passieren sollten, Gedanken alleine würden mich hier nicht herausholen.

"Mit dir wird es wohl nicht langweilig."

Jedes Mal, wenn ich dieses spezielle, rollende R vernahm, schmerzte es in meinem Kopf.

"Außerdem muss ich mich bei dir entschuldigen, dass wir solche Maßnahmen ergreifen müssen. Da ich dich aber noch nicht einschätzen kann, musst du vorerst mit deiner jetzigen Situation Vorlieb nehmen, Täubchen."

Einer seiner Lakaien brachte ihm einen Stuhl, den er direkt vor mich stellte und sich grinsend niederließ. Das rote Licht, in das er nun getaucht war, schaffte es tatsächlich, ihm eine gesunde Farbe ins Gesicht zu zaubern. Fast schon wirkte er wie ein normaler Mensch. Nur seine berechenbaren Augen verrieten ihn als vollkommenen Psychopathen.

Ein lautes Klatschen in die Hände ließ meinen Körper erschrocken aufzucken. Graf Dracula hatte wieder meine gesamte Aufmerksamkeit.

"Wie unhöflich von mir! Ich weiß so gut wie alles über dich und du kennst noch nicht einmal meinen Namen."

Das gespielte, erschrockene Gesicht bewirkte bei mir gar nichts außer weiterer Skepsis.

"Man nennt mich Michail."

Außer meines beachtlich zitternden Körpers schenkte ich ihm keinerlei Reaktion.

Soll er ruhig wissen, dass es mir völlig gleichgültig ist, was er mir zu sagen hat.

"Du fragst dich sicherlich, warum du hier bist."

Obwohl ich den Mann vor mir so gut wie gar nicht kannte, wusste ich, dass er sich selbst gerne reden hörte. Ich brauchte ihm nicht zu antworten. Er würde von sich aus wieder in einer Litanei aus aufeinander gereihten Worten zergehen.

"Nehmt ihr die Fesseln ab!"

Von einem auf den anderen Moment war das Metall von meinen Fuß- und Handgelenken gelöst. Obwohl mein Verstand keinerlei Angst zeigen wollte, hatte mein Körper das unbändige Bedürfnis, sich zu schützen. Ich zog meine Beine und Arme an, rollte mich zu einer Kugel zusammen und versuchte kläglich, die Kälte mit der Decke zu ersticken.

Die plötzliche Stille, die sich um mich herum ausbreitete und nur durch ein gelegentliches Tropfen von Wasser unterbrochen wurde, bereitete mir Unbehagen. Als ich zu Michail blickte, erschrak ich mich, als ich sein nicht-lächelndes Gesicht sah. Auch wenn sein Grinsen unerträglich war, so war es immer noch besser, als dieser zerstörerische Blick.

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