Kapitel 11

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Ich riss meine Augen auf, als ich lautes Klopfen auf Metall vernahm, das in dem Zimmer von allen Wänden hallte und den Krach um ein Vielfaches verstärkte. Erschrocken setzte ich mich auf. Grelles Licht blendete mich und ich kniff meine Augen zusammen. Das Klopfen wollte nicht aufhören und am liebsten hätte ich mir die Ohren zugehalten, um ihnen diesen Krach zu ersparen. Mittlerweile hatten sich meine Augen an das blendende Licht gewöhnt und ich schaute mich in dem Zimmer um, das ich ohne Umschweife als meine Gefängniszelle erkannte. Immer noch lag ich in dem Krankenhausbett, das in einer Ecke des Zimmers stand. Bei dem Gedanken, dass ich immer noch in diesem Albtraum gefangen war, begann mein Körper leicht zu zittern. Wie sehr wünschte ich mir, wieder warmen Sand unter meinen Füßen zu spüren und frische, beruhigend wirkende Meeresluft einzuatmen. Ich zog die Knie an meinen Körper heran und umarmte meine Beine.

"Wir sollten uns fertig machen."

Bei der resignierten Stimme, die plötzlich rechts von mir erklang, erschrak ich so sehr, dass ich mit der Hand an mein Herz fassen musste. Ich blickte geradewegs in Ilvys Gesicht, das von langen, weißen Haaren umrahmt wurde. Ihre Augen zierten dunkle Ringe und ich wusste sofort, dass sie nicht geschlafen hatte.

"In einer halben Stunde holen sie uns ab."

Ilvy sprang von ihrem Bett und begann damit, ihre Bettdecke auszuschütteln. Fasziniert beobachtete ich sie dabei, wie sie die dünne, gefaltete Bettdecke ordentlich auf dem Bett platzierte und das Kissen aufschüttelte. Noch immer hatte ich mich keinen Zentimeter gerührt. Ilvy drehte sich um und sah mir direkt in die Augen.

"Du solltest dein Bett machen. Sie sind sehr penibel bei der Kontrolle des Zimmers. Fang schon mal an, ich gehe so lange ins Bad und helfe dir dann."

So viele Fragen kreisten in meinem Kopf umher, doch keine einzige verließ meine Lippen. Fragend sah ich Ilvy hinterher, die mir keinerlei Beachtung schenkte. Erst als die Tür im Badezimmer ins Schloss fiel, löste ich mich aus meiner Paralyse, die mich an Ort und Stelle gefesselt hatte.

Nur langsam kroch ich aus dem Bett. Mein Körper fühlte sich unnatürlich schwer an und meine Muskeln waren bis aufs Äußerste gereizt. Der schlimmste Muskelkater konnte nicht mit dem mithalten, was meinen Körper in diesem Moment von Kopf bis Fuß malträtierte. Es dauerte einige Sekunden, bis ich meinen Körper soweit stabilisiert hatte, dass ich ohne mich am Bett festzuhalten stehen konnte. Ich biss mir auf die Unterlippe, um den Schmerz einigermaßen ertragen zu können, bis ich Blut schmeckte.

Warum überhaupt noch aufstehen, wenn sie uns doch nur foltern wollen? Vielleicht sollte ich es einfach direkt hinter mich bringen.

Dieser Gedanke, der mich immer wieder heimsuchte, ließ meinen Körper vor Angst erzittern. Zwar war ich nie der positivste Mensch auf Erden gewesen, doch dermaßen resigniert hatte ich mich selbst noch nie erlebt. Ich verdrängte diese selbstzerstörerischen Gedanken in die hinterste Ecke meines Gehirns und versuchte mich daran zu erinnern, wie Ilvy die Bettdecke ausgeschüttelt hatte. Genauso wie sie nahm ich zwei nebeneinander liegende Ecken der Bettdecke und hob diese an. Während ich die Bettdecke in die Luft beförderte, hörte ich, wie etwas zu Boden fiel. Verwundert blickte ich zu der Quelle des Geräusches.

Die Bettdecke, die ich soeben noch festgehalten hatte, entglitt mir aus den Händen und landete vor meinen Füßen. Ich konnte keinen einzigen sinnvollen Gedanken mehr formen, als ich mich zu dem Objekt herunterbeugte und es begutachtete.

Die Muschel, die auf dem Boden gelegen hatte und in einer Spirale angeordnet war, ließ sofort Bilder vor meinem geistigen Auge emporsteigen. Meine Füße waren wieder versunken im Sand. Regen perlte an meiner Haut ab. Starke Männerhände umfassten meinen Körper.

"Wusstest du, dass selbst die einfachsten und auch manchmal die willkürlich erscheinenden Dinge einem bestimmten Plan folgen?"

Es war Gabes Stimme, die in meinem Kopf widerhallte und mich alles um mich herum vergessen ließ. Ehrfürchtig griff ich nach der Muschel, die unmöglich real sein konnte. Schließlich war mein Besuch am Strand in Sizilien nur ein viel zu schöner und gleichzeitig verrückter Traum gewesen. Der Sand unter meinen Füßen. Gabe. Die Muschel. Das Alles konnte unmöglich mehr als eine Einbildung gewesen sein.

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