Kapitel 14

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Das Nächste, woran ich mich erinnerte, war, wie ich in meinem Gefängniszimmer erwachte. Meine linke Gesichtshälfte stellte den Peak des Schmerzgipfels dar, der meinen gesamten Körper im Griff hatte. Ich hob meine Hand und führte sie zu meiner Wange. Wie ich erwartet hatte, war sie geschwollen und pulsierte unangenehm unter der Haut.

Das Bett neben mir raschelte. Füße tippelten leise zu mir herüber. Weißes Haar mischte sich in mein Blickfeld. Ilvy schaute mich aus großen, blauen Augen an.

"Oh mein Gott, Cassie. Du bist endlich wach! Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht."

Ich beobachtete sie dabei, wie sie ihre Augen schloss und sich mehrfach bekreuzigte, während sie irgendwelche unverständlichen Worte vor sich hin murmelte. Auch wenn mein gesamter Körper dagegen protestierte, konnte ich ein Lächeln nicht unterdrücken.

"Ehrlich? Du glaubst immer noch an irgendeinen Gott?"

Auch Ilvy begann zu lächeln. Erleichtert und überaus glücklich schaute sie mich an. Bei ihrer Reaktion konnte ich nicht umhin zu denken, dass sie mich für eines dieser Wunder hielt, die bei der Kirche seit Anbeginn der Zeit in Mode gewesen waren.

"Ich schätze, es ist wohl Gewohnheit. Meine Mutter hat mich nun einmal katholisch erzogen."

Mit einem Schulterzucken winkte sie jeden weiteren Kommentar ab, der mir auf der Zunge lag. Ich selbst war nie sonderlich religiös gewesen. Meine Großeltern hatten mich nie gezwungen, mich mit der Religion und der Kirche zu konfrontieren und so habe ich mich nicht einmal taufen lassen. Für mich war schon immer klar gewesen, dass ich keinem göttlichen Wesen huldigen wollte, das so viel Leid zulassen konnte. Ich blickte mich in dem Gefängniszimmer um, das mich mit seinem grellen Licht verspottete. Für mich stand fest:

Kein anständiges Wesen würde so etwas zulassen.

Als ich mich wieder Ilvy zuwandte, hatte sich ihr Gesichtsausdruck verändert. Erleichterung war unstillbarer Neugier gewichen. Aufgeregt rutschte sie auf meinem Bett hin und her. Noch bevor sie die Worte aussprach, die sie sich in ihrem Kopf zusammengereimt hatte, wusste ich, was sie sagen würde.

"So etwas Überwältigendes habe ich noch nie gesehen, Cassie. Ich meine es Ernst! Du warst so unfassbar stark und hast dich ihnen entgegen gestellt. Und das gleich am ersten Tag! Ich hätte Angst gehabt, ihnen auch nur ein Wort entgegen zu bringen. Und du... du bist einfach unglaublich!"

In ihren Augen lag ein Funkeln, ihre Hände hatte sie zusammengenommen und ihren Kopf darauf abgelegt. Ich war mir sicher, dass sie schon lange nicht mehr so viel gelächelt hatte wie in diesem Moment. Auf den ersten Blick hätte es vermutlich zu übertrieben und künstlich gewirkt, doch bei genauerem Hinsehen wusste ich, dass es Ernst gemeint war. Ihre Augen strahlten einfach zu sehr.

Kopfschmerzen durchzuckten wie Blitze meinen Kopf. Meine Wange pulsierte unaufhörlich weiter, brannte vor Hitze. Noch immer konnte ich Logans grobe Faust gegen mein Gesicht kollidieren hören, was mir die Tränen in die Augen trieb. Ich war so unfassbar müde.

"Ilvy, nicht jetzt", flüsterte ich und fasste mir an die Schläfen, um den Druck in meinem Schädel etwas abzumildern. Leider brachte dies überhaupt nicht die Erleichterung, die ich mir erhofft hatte und konnte ein Stöhnen nicht unterdrücken.

"Entschuldige, natürlich."

Nur kurz sah ich Enttäuschung in Ilvys Blick aufflackern, bevor sie wieder ein Lächeln auf ihre Lippen zauberte und sich von meinem Bett erhob.

"Ruhe dich etwas aus."

Ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen ging sie auf ihr eigenes Bett zu. Bevor sie sich auf ihrem Bett niederließ, drehte sie sich noch einmal zu mir um.

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