Kapitel 19: Bitte bleib am Leben!

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POV Giyuu:

Wir stapften schweigend den Frostpass entlang.
Tanjiro hatte kein Wort mehr geredet seit er aufgewacht war und hörte, dass seine Schwester zusammen mit Lucinda den Berg hinuntergeflogen war. Zum ersten Mal sah ich ihn völlig deprimiert aufgeben.
Mir erging es auch nicht viel besser, mir war klar, dass sie nicht überlebt haben konnte. Bisher hatte ich es geschafft den Schmerz, der mich durchzog, zu verdrängen, doch ich spürte immer wieder das Stechen und Brennen in meinem Herzen wenn ich irgendwie an sie dachte. Wann war sie mir überhaupt so nahe gekommen?
Ich schüttelte den Kopf, jetzt musste ich mich darauf konzentrieren wenigstens die anderen sicher nach unten zu bringen. Lucindas Schwerter stießen beim Laufen immer wieder zusammen und ließen einen leisen, klingelnden Ton entstehen. Es wurde immer kälter auch wenn der Pfad sich langsam nach unten neigte. Wir alle waren vollkommen durchgefroren, selbst ich war schon einige Male hier gestolpert.
Plötzlich hörte ich durch den heulenden Wind einen leisen Ruf und blieb stehen. Ich blickte nach hinten und sah wie eine schemenhafte Gestalt auf uns zugestolpert kam. ‚Kann das... nein das ist unmöglich!', dachte ich und lief auf die Gestalt zu. Meine Augen weiteten sich, denn es war tatsächlich...

„Lucinda."

,flüsterte ich erleichtert und geschockt zugleich. Sie hatte es hier hochgeschafft und war uns bis hier her gefolgt?! Wie war das möglich? Doch die Fragen verschob ich auf später, denn ich sah wie sehr die Schwarzhaarige mit sich zu kämpfen hatte. In ihren Armen hielt sie etwas, das sie fest eingewickelt hatte... Nezuko vielleicht?!
Plötzlich verstärkte sich der Wind und zwang mich zum Anhalten. Entsetzt sah ich wie Lucinda bei dem Versuch ihr Gleichgewicht wiederzufinden ins Leere trat und langsam über die Kante fiel. Wie in Zeitlupe spielte sich das Ganze ab. Ich rannte zu ihr, doch sie stürzte bereits den Abhang hinunter.
„NEEEEEEEIIIIIIIN!!!", schrie ich während ein ekelerregendes Krachen ertönte als sie auf einem Vorsprung oder Ähnlichem aufkam. Hinter mir kamen die anderen Drei angerannt, geschockt von dem was sie da gesehen hatten. ‚Ich muss ihnen so schnell wie möglich hinterher! Wenn ich mithilfe meiner Wasseratmung die Stürze abfedern kann, könnte ich es riskieren hier herunter zu springen.', dachte ich und wandte mich zu Tanjiro um. „Ich werde da jetzt runterspringen und mit meiner Wasseratmung den Sturz abfedern. Tanjiro, du kannst das auch also komm mit mir. Ihr zwei nehmt gefälligst den normalen Weg, klar!", befahl ich und sprang ohne zu zögern vom Frostpass herunter.
„Wasseratmung, 2. Form: Wasserrad." „10.Form: Sturzbecken." „2. Form: Wasserrad."
Im Nu war ich unverletzt am unteren Hang angekommen und hörte auch schon wie Tanjiro hinter mir landete. Als ich nach unten sah, stockte mir der Atem.
Vor einem großen Fels lag, vollkommen bewegungslos, Lucinda. Ihren Körper hatte sie schützend um das Bündel gekrümmt, welches sich als Nezuko herausstellte, allerdings in sehr klein.
Eine Sekunde lang konnte ich mich nicht bewegen, dann lösten sich meine Füße vom Boden und ich rannte rüber zu den beiden leblosen Körpern. Tanjiro hinter mir schrie panisch auf als er Nezuko sah, doch die schlief einfach nur tief und fest, wahrscheinlich weil sie sich geheilt hatte. Mit zitternden Händen prüfte ich ob Lucinda noch atmete und war unglaublich erleichtert, dass sie das noch tat. Ihr Körper war eisig kalt, man könnte sie schon mit einer Eisstatue verwechseln...
Ich schluckte den lähmenden Schmerz und die Angst hinunter und hob sie vorsichtig auf. „Kümmer dich um deine Schwester, ich bringe sie zum Schmetterlingsanwesen.", sagte ich und stürmte los.
Nun begann ein Wettlauf gegen die Zeit und ich lief so schnell wie noch nie zuvor in meinem Leben.
Wieder wuchs der Schmerz in mir als ich sie so leblos und eiskalt in meinen Armen hielt. Ohne es verhindern zu können, lief mir eine Träne über die Wange.
„Bitte, halt durch! Nimm deine Kraft zusammen und kämpf!", rief ich verzweifelt und legte noch einen Zahn zu. „Bitte... tue es für mich...", den letzten Teil konnte ich nur noch erstickt flüstern während ich dem Schmetterlingsanwesen merklich näher kam.
Die Zeit verstrich quälend langsam obwohl ich so schnell lief wie ich konnte. Verzweifelt klammerte ich mich an den kleinsten Hoffnungsschimmer den es gerade gab. Sie atmete noch, wenn auch unregelmäßig und ihr Herz schlug auch noch.
Kurz kam ich ungünstig auf und strauchelte. Trotz des Schmerzes in meinem Knöchel, biss ich die Zähne zusammen und rannte weiter bis ich den Eingang des Schmetterlingsanwesen sah. Keuchend und vollkommen erschöpft stürmte ich auf das Gebäude zu an dessen Eingang Shinobu stand und sich gerade mit Rengoku unterhielt. Als sie mich bemerkte trat ein erschrockener Ausdruck auf ihr Gesicht. „Was ist passiert?!", fragte sie als ich vor ihr zum Stehen kam. „Das ist jetzt nicht wichtig! Lucinda ist schwerverletzt und atmet kaum noch, ich-" Shinobu nickte kurz angebunden und bedeutete mir ihr zu folgen. Hektisch liefen wir in Richtung Krankenzimmer, welches mittlerweile wieder fast leer war. Nur eine einzige Schwertkämpferin, vermutlich von dem Kampf bei Natagumo, schlief in einem der hintersten Betten.
Vorsichtig legte ich Lucinda auf einem leeren Bett ab und sah zu Shinobu, die fluchend, was äußerst selten bei ihr war, umherrannte und verschiedene Medikamente zusammenklaubte. „Verdammt, ausgerechnet heute ist fast niemand da! Giyuu... kann ich dich bitten mir zu helfen? Ich weiß nicht ob ich das alleine schaffe.", sagte sie und sah mich an.
Entschlossen nickte ich, viel zu sehr hatte ich Angst, dass Lucinda... stopp, nicht daran denken, konzentrier dich jetzt!
Kurzerhand durchschnitt Shinobu einfach den Stoffgürtel und warf ihn beiseite. Vorsichtig zog sie das T-Shirt hoch. Der Anblick ließ uns beide scharf einatmen. An ihrer Seite hatte sie eine Fleischwunde, die sehr tief aussah. Schnell schnappte Shinobu sich Nadel und Faden während ich Lucinda auf die Seite rollte und fest im Griff behielt während die Insektensäule konzentriert die Wunde zunähte. Als sie damit fertig war, untersuchte sie ihre linke Schulter, denn ihr Arm stand unnatürlich ab. „Ausgerenkt.", meinte sie knapp. Wir müssen sie auf den Bauch legen... und ihr Shirt wegkriegen.
Nachdem wir sie vorsichtig auf den Bauch gelegt hatten, zerschnitt Shinobu den Stoff ihres T-Shirts und Unterhemds. Erschrocken keuchten wir beide auf. Der komplette Rücken von Lucinda war übersät mit großen Narben, größtenteils unregelmäßig verheilt. Es erinnerte schon an ein Schlachtfeld...
Lange durften wir uns davon aber nicht aufhalten lassen, erstmal musste sie versorgt werden.
„Halt sie hier und hier fest, ich werde den Arm wieder einrenken.", wie Shinobu mich knapp an und ich folgte ihren Anweisungen. Als ich ihre eiskalte, vernarbte Haut berührte, fuhr mir ein ebenso kalter Schauer den Rücken hinunter.
„Drei, zwei, eins..."
Mit einem ekelhaften Knacken sprang der Arm wieder an seine richtige Position und ich atmete erleichtert auf. Shinobu sah mich an und sagte: „Den Rest schaffe ich alleine, verlass jetzt bitte den Raum."
Erschöpft nickte ich nur und ging mit schweren Schritten aus dem Raum.
Ich setzte mich nach draußen neben den Eingang und wartete einfach.
Nach einer gefühlten Ewigkeit hörte ich Schritte hinter mir und sah als ich mich umdrehte wie Shinobu mit ernster Miene auf mich zukam.
Angsterfüllt sah ich sie an und fragte wispernd:
„Wird sie es schaffen?"

Frozen Blossom ||•Kimetsu No Yaiba FanFiction•||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt