Kapitel 2

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Wir hatten noch etwas gequatscht, dann wurde es auch Zeit für die Begrüßungsfeier.
„Die Begrüßungsfeier zu Beginn des Schuljahres ist sowas wie eine Tradition. Es werden die neuen Schüler aus dem 1. Jahr begrüßt, organisatorische Dinge besprochen und die Clubs vorgestellt. Anschließend hat man Zeit, sich die Clubs anzusehen und sich für einen einzuschreiben. Du musst wissen, es wird nicht gerne gesehen wenn ein Schüler keiner Clubaktivität nachgeht.", erklärte mir meine neue Freundin auf dem Weg zum Schulhof, wo die Feier stattfinden würde.
Es wimmelte hier bereits von Schülern, die sich lautstark unterhielten.
Miyu nahm mich bei der Hand und zog mich durch die Menge nach vorn. Mir stach eine Gruppe Jungs in lilafarbenen Trainingsanzügen ins Auge. Sie waren allesamt sehr groß und muskulös.
Ich tippte auf den Volleyballclub.
Diese Annahme wurde mir bestätigt, als mir der große dunkelhaarige Kapitän des Teams ins Auge fiel.
Wakatoshi Ushijima.
Ass des Teams, Platz eins in der Miyagi Präfektur und noch dazu einer der Top 3 des Landes.
Unglaublich dieses Super Ass in Wirklichkeit zu sehen.
Bisher hatte ich ihn nur im Fernsehn gesehen.
„Hey! Hey Takara was hast du denn?", fragte Miyu mich verwirrt und fuchtelte mit der Hand vor meinem Gesicht herum.
Ich schüttelte nur den Kopf. Miyu folgte meinem Blick und gab ein verstehendes Grunzen von sich.
„Ah, der Volleyballclub. Sind heiße Typen.", sagte Miyu lächelnd.
Da musste ich ihr Recht geben. Die Spieler sahen tatsächlich nicht schlecht aus. Besonders der große Rotschopf zog meine Aufmerksamkeit auf sich.
„Komm jetzt!", unterbrach Miyu meine Gedanken und zog mich weiter.

Nachdem der Direktor seine Ansprache beendet hatte und die Ansammlung von Schülern sich langsam auflöste, hielt ich Ausschau nach dem Volleyballteam. Ich konnte sie nicht sehen, vermutlich waren sie schon wieder in die Sporthalle gegangen.
„Du Miyu, kannst du mir zeigen wo die Sporthalle ist?"
Erstaunt sah sie mich an. „Warum das denn?"
Verlegen fasste ich mir an den Nacken.
„Nun ja, ich möchte mir den Volleyballclub ansehen."
Miyu nickte und setzte sich in Bewegung.
„Also das Mädchenteam ist nicht besonders groß, wirklich gut sind sie auch nicht, aber..."
„Ehrlich gesagt möchte ich mir das Team der Jungs ansehen.", unterbrach ich sie.
Jetzt sah Miyu mich an, als wäre ich komplett übergeschnappt.
„Das kannst du vergessen! Du siehst zwar sportlich aus, aber bis jetzt hat es noch kein Mädchen in deren Team geschafft. Deshalb trainieren die beiden Teams auch in verschiedenen Hallen!"
„Ich habe auch nicht gesagt das ich spielen möchte. Ich habe gesehen, dass ihnen noch eine Managerin fehlt.", erklärte ich, obwohl der Gedanke an ein Spiel nicht schlecht war.
„Achso, sag das doch gleich. Aber warum ausgerechnet Volleyball?", fragte Miyu weiter.
„Ich habe früher selbst Volleyball gespielt und habe daher Ahnung. Außerdem finde ich, es ist ein toller Sport.", erklärte ich breitwillig.
„Und warum willst du dann nicht spielen?".
Diese Frage hatte ich befürchtet.
„Naja, zum selber spielen bin ich dann doch zu unmotiviert.", sagte ich. Das kauft sie mir bestimmt ab.
Miyu nickte verstehend.
Als wir vor der Sporthalle standen, verabschiedeten wir uns und ich stand alleine vor der Halle.
Von drinnen waren laute Rufe zu hören.
Ich atmete einmal tief durch und betrat die Halle.
Es roch nach Leder und Schweiß. Schuhe quietschten, Bälle prallten auf und Befehle wurden gerufen.
Fasziniert beobachtete ich die Spieler, die mitten in einem Spiel waren.
Ich entdeckte Ushijima, wie er gerade zum Angriff ansetzte.
Aus dem Fernseher wusste ich, wie stark und schwer zu halten seine Linksschläge waren. Deshalb war ich erstaunt, als ich sah wie aus dem nichts ein Spieler auftauchte, sprang und alleine Ushijimas Ball perfekt abblockte.
Der Rothaarige der mir vorhin schon aufgefallen war.
„Der war sehr gut geblockt Tendō!", lobte ihn einer seiner Mitspieler.
Der Rothaarige, der eben Tendō genannt wurde, nickte nur und legte den Kopf in einer sehr unnatürlich aussehenden Position in den Nacken. Die Augen halb geschlossen, murmelte er irgendwas vor sich hin.
Plötzlich riss er die Augen auf und fixiert mich mit seinen katzenartigen braunrötlichen Augen.
Dieser Blick jagte mir einen Schauder über den Körper.
Gruselig!
„Satori! Starr nicht so in der Gegend rum. Konzentrier dich gefälligst auf das Spiel!"
Eine raue Stimme hallte durch die Halle. Ich riss mich von dem Anblick das Rothaarigen weg, der immer noch den Kopf in den Nacken gelegt hatte und mich weiterhin überkopf anstarrte. Ich richtete meine Aufmerksamkeit auf einen kleinen, älteren Mann. Von ihm stammte der Ruf. Vermutlich der Trainer.
„Wir haben Besuch.", erwiderte Tendō kühl. Er richtete sich auf, ließ jedoch seinen intensiven Blick weiterhin auf mir ruhen. Ich wurde nervös.
Es wurde noch schlimmer, als plötzlich Stille einkehrte und alle Augen auf mich gerichtet waren.
Augenblicklich stieg mir die Röte ins Gesicht. Am liebsten wäre ich wieder rausgestürmt, aber ich blieb standhaft.
„Nanu. Wie kann ich dir weiterhelfen junge Dame?", fragte der ältere Mann und schlenderte auf mich zu. Seine Haare waren komplett weiß und sein Gesicht mit Falten überzogen. Sein Blick lag mürrisch auf mir und ich fragte mich, ob es wirklich so eine gute Idee war, hierher zu kommen.
Schnell fasste ich mich wieder und verbeugte mich vor dem Älteren.
„Das hoffe ich doch sehr. Mein Name ist Takara Suzuki. Heute ist mein erster Tag hier und ich interessiere mich sehr für Volleyball."
Der Ältere blieb vor mir stehen und musterte mich eindringlich. Auch das Team versammelte sich langsam hinter ihrem Trainer und beobachte mich.
Ich fühlte mich zunehmend unwohler.
„Tanji Wahijo. Trainer. Was führt dich dann zu uns. Das Mädchenvolleyball findet in der Nebenhalle statt."
Ich biss mir auf die Lippe.
„I...Ich habe gesehen, dass ihrem Team noch eine Managerin fehlt. Da ich auf meiner alten Schule bereits Volleyball gespielt habe, dachte ich eine Managerin mit Kenntnissen wäre praktisch."
Unsicher sah ich den Trainer an. Begeistert sah er nicht aus.
„Warum spielst du dann nicht weiter?", bohrte er weiter.
Schon wieder diese Frage. Motivationslosigkeit konnte ich schwer wieder als Ausrede benutzen.
„Ich...Das ist schwer zu erklären. Ich habe das Interesse an Spielen verloren, lieber möchte ich ein motiviertes Team unterstützen.".
Nachdenklich sah Washijo mich an. Dann nickte er leicht und seine Miene hellte sich auf.
„Unterstützung würde uns nicht schaden. Du kannst ja morgen nach dem Unterricht dabei sein und dir alles anschauen. Anschließend werde ich mit dem Team alles besprechen."
Ich nickte aufgeregt. Das hörte sich doch schonmal gut an.
„Also dann bis morgen."
Mit diesen Worten wandte er sich ab und ging wieder zur Trainerbank zurück. Die Jungs starrten mich immernoch an wie einen bunten Hund. Ich suchte verzweifelt nach Worten, da rettete mich bereits Ushijima aus der unangenehmen Situation. Er rief alle wieder zum Training. Die Jungs zogen murrend ab, nicht ohne mir noch interessierte Blicke zu zuwerfen.
Nur Tendō blieb wo er war und starrte mich weiterhin mit zusammengekniffenen Augen an.
Was ist den mit dem los?
Er verbreitete eine unheimliche Aura, die jedoch auf eine gewisse Hinsicht anziehend und abstoßend zu gleich wirkte.
„Tendō, brauchst du ne extra Einladung!?", rief ein Junge mit grauen Haaren.
Der Rothaarige gab ein knurrendes Geräusch von sich, zog dann aber auch ab.
Schnell verschwand ich aus der Halle und eilte zum Wohnheim.
Ob es wirklich eine so gute Idee war, mich als Managerin für dieses Team zu bewerben?
Sie sahen alle nicht wirklich begeistert aus. Und dieser Satori Tendō war ja mal wirklich ein unangenehmer Typ.
Egal, ich würde es mir morgen auf jeden Fall ansehen. Vielleicht waren sie überhaupt nicht so schlimm, schließlich kannte ich sie noch nicht...

Der etwas andere LiebhaberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt