Kapitel 6

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Aufgeregt betrat ich umgezogen die Sporthalle.
Die Coaches warteten in der Mitte der Halle. Bis jetzt waren nur Wakatoshi und Semi da. Die beiden unterhielten sich angeregt miteinander. Schnell gesellte ich mich zu ihnen.
„Na bist du bereit für dein erstes Training?", fragte mich Semi. Ich nickte heftig. Ich freute mich riesig!
Es dauerte nicht lange, bis das gesamte Team versammelt war.
„So Jungs...und Takara. Wieder die übliche Route, danach 10 Minuten dehnen und dann spielen wir direkt ein Spiel.", kündigte Coach Washijo an.
Wir nickten alle zustimmend und versammelten uns am Hallenausgang.
„Halt dich ran.", gab Satori neben mir von sich.
„Pass du lieber auf, dass ich dich nicht zu sehr abhänge!", schoss ich zurück.
Satori grinste. „Soll das eine Herausforderung sein?"
„Darauf kannst du wetten!"
Wakatoshi gab uns das Zeichen, dass wir los konnten.
Ich musste zugeben, dass ich etwas im Nachteil war, da ich die Strecke nicht kannte und meine Ausdauer zu wünschen übrig ließ.
Doch mehr schlecht als recht hielt ich mit den Jungs mit und erreicht sogar als fünfte, knapp hinter Satori wieder die Halle.
Schwer atmend und mit auf die Knie gestützten Händen lehnte ich an der Hallenwand.
Satori kam lachend zu mir gelaufen.
„Erster Punkt geht dann wohl an mich."
„Bild...dir...bloß...nichts...drauf...ein...", japste ich.
Satori legte den Kopf schief und sah mich nachdenklich an.
Sein Blick wurde wieder etwas verhangen.
„Was...ist...denn...los...?", fragte ich verwundert.
Sofort wurde sein Blick wieder klar.
„Ich habe gerade nur überlegt, zu welcher Tomatenart du jetzt wohl gehörst."
„Idiot!", rief ich aus und boxte ihn in die Seite.
Der Rothaarige lachte wieder und tätschelte mir den Kopf.
„Ganz ruhig Tiger. Spar dir deine Kräfte fürs Verlieren auf.", sagte er und lief zu den anderen.
Na warte!
Schnell folgte ich ihm.
Die Coaches teilten gerade die Teams ein.
„...Team 2 wird aus Shirabu als Setter, Yamagata als Libero, Kawanishi als Mittelblocker. Ushijima, Shibata und Takara bestehen.", teilte Coach Saitou uns eben mit.
Satori warf mir einen siegessicheren Blick zu.
Du wirst schon sehen!
Wir stellten uns aufs Feld in Position. Ich stand direkt vorne.
„Takara, ich muss noch wissen, wie du deine Bälle haben willst!", rief mir Shirabu zu.
Ich sah kurz über die Schulter zu ihm.
„Einfach nur in meine Reichweite, keine anderen Ansprüche."
Und schon startete das Spiel. Das Gegnerteam hatte Aufschlag. Semi warf den Ball hoch und schlug ihn übers Netz. Yamagata nahm ich etwas unsauber an, Shirabu reagiert jedoch gut und spielte Wakatoshi zu, der den ersten Angriff von Rechts startete.
Sofort war Satori da, blockte den Ball, der auf unsere Seite des Netzes herunterfiel.
Blitzschnell warf ich mich vor und erwischte den Ball noch mit der Hand.
Shirabu reagierte, spielte den Ball wieder zu Wakatoshi, der ihn diesmal ohne Hinderung ins gegnerische Feld beförderte.
„Gut gerettet.", sagte Shirabu, kam zu mir und wir klatschten ab.
„Der nächste ist für dich.", murmelte er mir zu und ich nickte verstehend.
Shirabu machte den Aufschlag.
Der gegnerische Libero nahm an, Semi spielte zu Goshiki...nein zu Satori!
Schon prallte der Ball auf unserer Seite auf, nur wenige Zentimeter von mir entfernt.
Satori stand mir gegenüber und grinste mit zusammengekniffenen Augen. Er war zu seiner vollen Größe aufgerichtet und sah mich von oben herab an.
Er ist total in seinem Element!
Die nächsten vier Punkte gingen auch an Satoris Team.
Ich war mit meinem Latein langsam am Ende.
Ich konnte Semis Zuspiel noch nicht einschätzen!
Auch Satoris Angriffe wirkten zufällig.
Mir fehlte nur noch ein bisschen, dann hätte ich es raus.
Wieder hatte Semi den Aufschlag.
Unsere Libero nahm ich gut an.
Der Ball flog auf Shirabu zu, der mir einen kurzen Blick zuwarf.
Meine Chance!
Ich wartete, bis der Ball Shirabus Hände berührte, dann rannte ich los. Aus dem Augenwinkel sah ich den Ball auf mich zufliegen.
Kurz vor dem Netz sprang ich ab. Vor mir tauchte Satori auf, der mich siegessicher angrinste.
Nicht mit mir!
Er deckte größtenteils nur meine rechte Seite ab.
Das war sein Fehler.
Mit links holte ich aus und schmetterte den Ball ins Feld.
Erstaunt starrte mich der rothaarige Mittelblocker an.
„Du bist Linkshänderin?"
Sein Grinsen war verschwunden.
Dafür wurde meins um so größer.
„Beidhänder trifft es eher."
„Wow, das war klasse! Du kannst tatsächlich mit beiden Händen schlagen?", rief Shirabu begeistert.
Verlegen fasst ich mir an den Nacken.
„Ja, aber mit links etwas besser."
„Das ist wirklich beeindruckend.", sagte Wakatoshi neben mir.
Sein Blick ruhte nachdenklich auf mir, aber der Ansatz eines Lächelns war zu sehen.
Ich verbeugte mich dankend.
„Na los. Diesen Satz gewinnen wir!", rief ich den anderen zu.

Das Spiel zog sich in die Länge, keiner schenkte hier irgendwem etwas. Gerade stand es 23:23.
Das lange Spiel machte sich bemerkbar. Meine Beine brannten und ich spürte ein leichtes Ziehen in der Brust.
Aber ich wollte unbedingt weiterspielen und gewinnen!
Der Eifer hatte mich gepackt.
Hochkonzentriert verfolgte ich denn Ball.
Mittlerweile hatte ich auch Semi's kleine Zeichen verstanden und konnte erkennen, wem er zuspielen würde.
Seine rechte Hand zuckte. Also Satori.
Ich gab Wakatoshi und Shibata ein Zeichen. Zu dritt setzten wir zum Dreierblock an. Doch im letzten Moment änderte Satori die Richtung und pfefferte den Ball an uns vorbei.
„Tja, da wart ihr wohl zu langsam.", grinse der Rotschopf.
Er schlenderte zu Semi nach hinten und beobachtete uns, wie wir und kurz alle trafen und unseren nächsten Spielzug überlegten.
Mein Blick wanderte zu Satori, der beide Zeigefinger nach oben hielt und sie hin und her schwingen ließ.
„🎵Knacki, knacki, brich es in zwei. Ihr kleines hilfloses Herz. Zermalme es ganz einfach zu Staub... und was?", sang er vor sich hin und zeigte auf Semi.
Leicht überfordert zuckte dieser mit den Schultern.
„Den Gegner?"
Seufzend schüttelte Satori den Kopf und wandte sich ab.
„🎵Nein ihren Willen, was sonst."
Er summte weiter mit geschlossenen Augen vor sich hin.
Semi rollte mit den Augen und warf die Arme in die Luft.
„Verdammt, aus dem Typen muss man echt mal schlau werden! Was geht bloß in seinen Kopf vor?", rief er aufgebracht und warf dem Mittelblocker Finstere Blicke zu.
Ich hatte Satori schon öfter vor sich hin singen hören. Auch im Unterricht machte er das manchmal.
Viele fanden das abstoßend, ich aber fand es ganz interessant.
Mir blieb nicht viel Zeit, weiter darüber nachzudenken.
Das Spiel ging weiter.
Nach weiteren zehn Minuten spielen, war es endlich entschieden. Mein Team gewann 27:25.
Gerade saßen wir alle auf dem Hallenboden, tranken Wasser und erholten uns von dem anstrengenden Spiel.
„Takara, kommst du mal kurz zu uns?", rief Coach Saitou mir zu.
„Natürlich."
Ich sprang auf und eilte zu den Coaches.
„Was gibt es?"
„Wir sind sehr erstaunt über deine Art mit beiden Händen zu spielen. Außerdem sind deine Reflexe und dein Einschätzungssvermögen sehr stark ausgeprägt.", sagte Coach Saitou.
Über so viel Lob freute ich mich natürlich sehr.
„Außerdem ist uns aufgefallen, wie viel Spaß dir das Spielen gemacht hat, obwohl du meintest das Spielen macht dir keinen Spaß.", fuhr er fort.
Das stimmte. Das Spiel hatte mir wirklich viel Spaß gemacht. Ich ahnte schon was jetzt auf mich zukommen würde...
„Also dachten wir uns, ob du Interesse hättest, neben deinem neuen Job als Managerin, mit den Jungs zusammen trainieren willst."
Ich wusste es!
Natürlich war es ein erstklassiges Angebot, mit dem Team einer Eliteschule zu trainieren, dass noch dazu schon in den Meisterschaften gespielt hatte.
Es war zu verlockend.
Jedoch kam mir mein kleines Problem wieder in den Sinn.
Es hinderte mich an allem!
Es hatte alles zerstört, was mir Spaß gemacht hatte!
Doch diese Chance war zu groß, ich würde sie mir nicht nehmen lassen!
Unter gar keinen Umständen!
„Ich mach's"

Der etwas andere LiebhaberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt