Natürlich war Coach Washijo nicht gerade begeistert von unserer Verspätung. Noch weniger, als er Satori und mich lachend vor der Halle auf dem Boden herumrollend entdeckte.
Also schlossen wir uns schleunigst dem laufenden Training an.
Heute waren Aufschläge und Annahmen dran.
Wir trainierten bereits seit einer Stunde und arbeiteten neue Strategien aus, als Coach Saitou aufgeregt in die Halle kam.
Wild gestikulierend sprach er mit Coach Washijo, der nur ab und zu mal nickte.
Wir übten weiter in ständig rotierenden Zweierteams abwechselnd Aufschlag und Annahme. Doch die Aufmerksamkeit des gesamten Teams richtete sich immer mehr auf die Diskussion der Coaches.
„Alle mal herkommen!", pfiff Coach Washijo uns zu sich.
Sofort wurden die Trainingseinheiten eingestellt und wir stellten uns in der Reihenfolge unserer Trikotnummern vor den Coaches auf.
Also das war eigentlich der Plan, doch wir hatten den einen oder anderen Unterbelichteten im Team, die anscheinend in der Grundschule geschlafen haben.
„Shirabu! Goshiki! Ihr steht falsch! Die 8 kommt nicht nach der 10!", fuhr Semi die Beiden an.
Verwirrt besahen sich die Zwei jeweils das Trikot des Anderen.
Dann schien ihnen ein Licht aufzugehen und sie tauschten die Plätze.
Wakatoshi schenkten ihnen einen finsteren Blick.
Also finsterer als sein normaler Blick.
Goshiki schielte vorsichtig zu dem Ass. Als dieser nicht mehr zu ihnen sah, zwickte er Shirabu in die Seite.
Dieser schrie erschrocken auf.
„Du schreist wie ein Mädchen!", kicherte Goshiki.
Shirabu rümpfte die Nase. „Du genau so!"
Mit diesen Worten pickte er dem Nachfolgeass in die Rippen.
Goshiki stieß einen spitzen Schrei aus, zappelte mit den Armen und trippelte mit den Füßen.
Shirabu brach in lautes Gelächter aus.
„Klappe jetzt!", dröhnte Wakatoshi drohend.
Er baute sich zu seiner vollen Größe auf und starrte die beiden über die Köpfe der Anderen hinweg finster an.
Wirklich finster!
Bei seinem Anblick lief mir ein Schauder über den Rücken und reflexartig rückte ich näher an Satori heran.
Dieser legte beruhigend seinen Arm um mich.
Wakatoshi war eigentlich immer ruhig. Er war sozusagen der Stille Beobachter.
Lächeln sah man ihn selten und noch seltener Lachen.
Aber im Herzen war er ein liebenswerter Mensch. Auch wenn er es nicht zeigte.
Deshalb jagte mir sein bedrohliches Erscheinen Angst ein.
Zerknirscht wichen die beiden Unruhestifter dem Blick des Asses aus und fixierten ihre Füße.
„Jaaa gut. Ähm, danke Ushijima. Wir wollen euer Training nicht lange unterbrechen. Ich habe nur einen unerwarteten Anruf erhalten.", setzte Coach Saitou an.
Gespannt sahen wir den Brillenträger an.
„Eine andere Schule hat um Erlaubnis für ein Trainingsspiel gebeten."
Die Spannung in der Luft wog schwer.
„Also habe ich kurzerhand die Chance ergriffen und mit ihnen ausgemacht, dass wir mit diesem Team, in einer außenstehenden Sporthalle ein Trainingsspiel veranstalten. Natürlich werde ich noch andere Schulen darüber informieren, falls diese dazu stoßen möchten. Lange Rede kurzer Sinn. Die Karasuno möchte mit uns ein fünftägiges Trainingslager veranstalten!"
Stille.
Wir ließen diese Information sacken.
Die Karasuno? Die Krähen, die nicht fliegen konnten?
Ich habe schon viel von dieser Schule gehört.
Früher war ihre Volleyballmannschaft sehr stark gewesen. Sie hatten es bis in die Meisterschaften geschafft.
Sie waren die Rivalen der Katzen der Nekoma.
Jedoch war dieser Ruhm nicht von langer Dauer.
Sie verloren ihren Glanz und gerieten in Vergessenheit. Man kannte sie unter dem Namen: Die Krähen, die nicht mehr fliegen können.
Und dieses Team wollte es mit einem Eliteteam aufnehmen? Dem hatte Coach Washijo zugestimmt?
Doch verwundert musste ich feststellen, dass die übrigen Spieler angespannt, bis in die Haarspitzen waren.
Satori neben mir hatte die Augen zu Schlitzen verengt und leckte sich über die Lippen.
So schaute er nur, wenn er die Aussicht auf einen ernst zu nehmenden Gegner hatte.
„Das war's dann auch schon von mir. Jedes weitere Detail werden wir mit unserer Managerin besprechen und dann an euch weitergeben. Ihr könnt gehen!", endete Coach Saitou.
„Jawohl!", riefen wir synchron und lösten die Aufstellung auf.
Ich blieb bei den Coaches und sah meinen murmelnden Mitspielern nach.
Semi diskutierte angeregt mit Shirabu, während Goshiki und Ōhira merkwürdig aussehende Posen zur Schau stellten.
Satori hatte sich mit Wakatoshi und Soekawa etwas zurückgezogen.
Es herrschte eine merkwürdig angespannte Stimmung.
Verwirrt sah ich zu den Coaches.
„Was ist denn auf einmal los?"
Coach Washijo schloss die Augen.
„Früher hat sich die Shiratorizawa harte Kämpfe um die Teilnahme an der Nationalen Meisterschaft mit der Karasuno geliefert. Doch ihr Team ist schwach geworden und niemand dachte, dass sie je wieder zu ursprünglicher Stärke zurückfinden würden. Doch vor nur wenigen Wochen, kurz vor Beginn des Schuljahres, haben wir nur knapp gegen das neue Team der Karasuno gewinnen können. Das ist für sie alle ernüchternd. Sie wissen wie stark sie sind und wollen auf gar keinen Fall gegen sie verlieren.", erzählte mir der ältere Coach.
Meine Augen wurden immer größer.
Die Karasuno war wieder stark geworden?
So stark, dass sie mit der Shiratorizawa mithalten konnte?
Jetzt packte auch mich eine gewisse Aufregung.
„Was muss alles organisiert werden? Sie sagten, eine Halle wäre schon in Aussicht. Ich werde umgehend die Managerin der Karasuno kontaktieren und versuchen einen Termin zu finden! Und ich werde auf jeden Fall eine Mail an die andern Schulen in der Umgebung schicken!", sagte ich überschwänglich.
Coach Saitou lächelte.
„Wir können von Glück reden, eine solch engagierte Managerin zu haben. Ich habe vollstes Vertrauen in dich, dass du das alles hinbekommst. Aber geh jetzt erstmal wieder zum Training zurück."
Ich nickte eifrig. Verbeugte mich vor den Coaches und rannte freudestrahlend zu Wakatoshi, Suekawa und Satori.
„Was ist denn passiert? Du siehst echt gruselig aus!", sagte Satori und sah mich prüfend an.
„Was meinst du?", fragte ich ihn. Bei den Dreien angekommen, wippte ich auf den Fußsohlen auf und ab und sah sie breit grinsend an.
„Hast du was ausgefressen?", fragte Satori weiter.
Ich schüttelte energisch den Kopf.
Satori packte mich sanft an den Schultern, um mich zum Stillstehen zu zwingen.
„Könntest du bitte aufhören wie ein gestörter Psychopath zu Grinsen? Da bekommt man ja Angst!", kicherte der Rothaarige.
Mein Grinsen verschwand und ich sah ihn todernst an. Mit leicht schräg gelegten Kopf und aufgerissen Augen.
„Pass auf, dass der Psychopath dich nicht verschwinden lässt."
„Du bist echt gruselig.", stellte Satori fest und ließ meine Schultern los.
Ich kicherte.
„Ich freu mich einfach die Karasuno wieder spielen zu sehen. Ich hab schon lange kein gutes Spiel von ihnen mehr gesehen."
Satori nickte.
„Sie sind wirklich stark geworden. Ich muss ehrlich sagen, ich habe großen Respekt vor ihnen. Besonders ihre Nummer 10 ist...besonders.", erzählte der Rothaarige gedankenverloren.
Wakatoshi nickte leicht zustimmend.
In seinen Augen konnte ich ein Funken Bewunderung erkennen.
Diese Nummer 10 musste wirklich etwas besonderes sein, wenn selbst Wakatoshi beeindruckt war.
Ob er wohl besonders groß war? Größer als Satori?
Oder vielleicht waren seine Angriffe stärkere als Wakatoshi's.
Oder seine Intuition besser als Satori's.
Das musste ein Topspieler sein!
Jetzt freute ich mich noch mehr auf das Trainingsspiel. Ich konnte es kaum erwarten!
Nach dem Training würde ich sofort alles Nötige erledigen!
DU LIEST GERADE
Der etwas andere Liebhaber
FanfictionGemeinsam mit Takara Suzuki taucht ihr in das Leben als Schülerin an der Shiratorizawa ein. Ihre Leidenschaft zum Volleyball führt sie zum Jungen-Volleyballteam. Sie ist total fasziniert von dem Talent der Jungs. Und auch ganz besonders von einem de...